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Senat einig - Kongressvotum steht aus
Nach wochenlangem Tauziehen haben sich Demokraten und Republikaner im US-Senat im Fiskalstreit geeinigt. Der Senat stimmte in der Nacht auf Dienstag (Ortszeit) einem Kompromiss zu. Doch die Sache hat einen nicht unwesentlichen Schönheitsfehler: Es ist nur eine Teillösung, die entscheidende Abstimmung im Kongress ist noch ausständig und wird frühestens Dienstagabend (MEZ) stattfinden. Der gefürchtete Sturz von der Fiskalklippe konnte nicht abgewendet werden - auch wenn der Senat die Umschiffung der drohenden Steuererhöhungen und Ausgabenkürzungen mit einem klarem Votum beschlossen hat.
Endgültiges Votum ausständig
Demokraten und Republikaner haben im Budgetstreit ein wichtiges Etappenziel eingefahren. So handelte der von Demokraten dominierte Senat einen Kompromiss aus und verabschiedete mit 89 zu acht Stimmen ein Papier zur Umschiffung der Fiskalklippe. Der Kongress muss aber noch zustimmen.
Die erzielte Einigung zwischen Demokraten und Republikanern sieht nach Angaben aus informierten Kreisen vor, dass die Steuern für Paare mit einem Jahreseinkommen von mehr als 450.000 Dollar (341.000 Euro) auf 39,6 Prozent erhöht werden. Die Ausgabenkürzungen von 109 Milliarden Dollar, die laut dem Haushaltskontrollgesetz am 1. Jänner automatisch eintreten sollten, sollen nun zunächst um zwei Monate verschoben werden.
Präsident Barack Obama wollte die Grenze ursprünglich schon bei 250.000 Dollar ansetzen, die Republikaner wollten hingegen jegliche Steuererhöhungen vermeiden. Sollte die Einigung Bestand haben, würden unter anderem auch die Zuschüsse für Langzeitarbeitslose ein Jahr weiterlaufen.
Abstimmung im Kongress noch ausständig
Allerdings schaffte es der Kongress nicht mehr, vor dem neuen Jahr über die Vereinbarung abzustimmen. Das republikanisch kontrollierte Abgeordnetenhaus wird aber frühestens am Dienstag um 18.00 Uhr (MEZ) zusammentreten, auch eine Abstimmung erst am 2. oder 3. Jänner wurde nicht ausgeschlossen. Das bedeutet, dass Obama ein Kompromissgesetz keinesfalls am 1. Jänner unterschreiben könnte.
Präsident Obama rief die Abgeordneten auf, die Einigung möglichst rasch zu verabschieden. „Während weder Demokraten noch Republikaner alles bekommen haben, was sie wollten, ist diese Übereinkunft das Richtige für unser Land - und das Repräsentantenhaus sollte sie ohne Aufschub verabschieden“, erklärte Obama nach der positiven Abstimmung im Senat. Er räumte ein, es gebe noch mehr zu tun, um das Defizit zu senken, und sagte seine Bereitschaft zu.
Sturz von Fiskalklippe
Damit werden die USA zumindest kurzfristig von der sogenannten Fiskalklippe stürzen. Das heißt, zum Jahresbeginn treten zunächst drastische Steuererhöhungen für alle und Ausgabenkürzungen nach dem Rasenmäherprinzip in einem Gesamtumfang von 600 Milliarden Dollar zum Defizitabbau in Kraft - jedoch nur theoretisch, denn sie könnten durch rasches grünes Licht durch den Kongress frühzeitig genug rückgängig gemacht werden, um befürchtete negative Auswirkungen auf die US- und die globale Wirtschaft zu verhindern.
Als ersten Schritt verabschiedete der US-Senat am Dienstag das Kompromisspapier zur Umschiffung der Fiskalklippe. Die Frist für eine Lösung war allerdings bereits am 31. Dezember 2012 zum Jahreswechsel abgelaufen, also rund zwei Stunden vor der Abstimmung (um 2.00 Uhr Ortszeit bzw. 8.00 Uhr MEZ, Anm.). Die Gesetzesvorlage sieht vor, dass die sogenannte Fiskalklippe umschifft wird durch einen Stopp für die meisten Steuererhöhungen sowie Ausgabenkürzungen, die ohne eine Lösung automatisch in Kraft treten. Das von den Republikanern beherrschte Repräsentantenhaus muss die Vorlage ebenfalls absegnen.
Republikaner stören sich an Steuern für Reiche
Und diese noch anstehende Abstimmung könnte um einiges enger als jene im Senat werden: Viele Republikaner haben nach Medienberichten weiter Probleme damit, dass die Steuern für die Reichen erhöht werden sollen. Das gilt besonders für das Repräsentantenhaus mit einer lautstarken Fraktion von fundamentalistisch-republikanischen „Tea-Party“-Vertretern. Erst vor wenigen Tagen hatte der Präsident der Kammer, John Boehner, eine Abstimmung über einen Vorschlag abblasen müssen, Steuern für Haushalte mit mehr als einer Million Dollar Jahreseinkommen anzuheben: Er hätte keine Mehrheit dafür bekommen.
Sogar liberale Demokraten im Senat äußerten vor der dortigen Abstimmung Bedenken gegen den Kompromiss, weil ihrer Ansicht nach gut betuchte Amerikaner mit dem Steuerkompromiss zu gut davonkommen. Wie es hieß, schaltete Vizepräsident Joe Biden als demokratischer Verhandlungsführer am Montagabend Obama noch einmal per Telefon direkt ein, um die eigenen Reihen für den Deal zu gewinnen.
Medienberichten zufolge sieht der Deal auch eine Verlängerung von Leistungen für mehr als zwei Millionen Arbeitslose vor. Im Gegenzug hätten sich die Demokraten als Zugeständnis an die Republikaner mit einer nur relativ geringfügigen Erhöhung der Erbschaftssteuer begnügt. Für alle auslaufen werden zweiprozentige Ermäßigungen bei den Sozialabgaben, wie es weiter hieß. Allerdings zeichnet sich schon jetzt ein neues heftiges Tauziehen um die vorläufig vertagten umfassenden Sparmaßnahmen ab.
Geithner warnt: Schuldenobergrenze erreicht
Wie US-Finanzminister Timothy Geithner den Kongress bereits vorab warnte, haben die USA zum Jahresende ihre Schuldenobergrenze von 16,4 Billionen Dollar erreicht. Damit beginnen Geithner zufolge nun Haushaltsumschichtungen, damit die USA noch zumindest zwei Monate lang zahlungsfähig bleiben. Das bedeutet, dass der Kongress die Schuldengrenze spätestens Ende Februar oder Anfang März erhöhen muss - genau dann, wenn auch dem Kompromiss zufolge das erst einmal vertagte umfassende Sparprogramm zum Defizitabbau neu festgezurrt werden soll. |