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Börse 2013: der holprige Weg nach oben !
Rund 25 Prozent Plus in zwölf Monaten
Die Krise war auch 2012 das große Thema, aber einige Börsenindizes haben sich davon kaum beeindruckt gezeigt - insbesondere der ATX nicht. Der Wiener Leitindex legte rund 25 Prozent zu. Die Panik habe sich gelegt, das Vertrauen in die Euro-Zone sei wiedergekehrt, so die Chefanalysten von Erste Group und Raiffeisen Centrobank, Friedrich Mostböck und Stefan Maxian, im Gespräch mit ORF.at. Im kommenden Jahr bestehe - trotz des steilen Anstiegs - durchaus noch Potenzial nach oben. Fundamental sei „alles okay“, betonen beide. Ganz so glatt wie bisher dürfte es aber nicht weitergehen.
Es wird kein stilles nächstes Jahr“
Gemeinsam mit dem deutschen DAX hat der ATX in den vergangenen zwölf Monaten das Gros der europäischen Aktienindizes in den Schatten gestellt. Der Wiener Leitindex stieg um knapp 25 Prozent. Für 2013 rechnen die Chefanalysten von Erste Group und Raiffeisen Centrobank (RCB), Friedrich Mostböck und Stefan Maxian, damit, dass es weiter aufwärts geht - allerdings nicht mehr im gleichen Tempo.
Rückschläge hatte es im letzten Jahr gegeben - und es werde sie zwischendurch auch im kommenden geben, betonten beide Analysten im Interview mit ORF.at. Dabei hätte man zuletzt beinahe den Eindruck haben können, alle redeten über die Krise, nur die Börsen interessiere sie nicht mehr.
Ganz so sei es nicht gewesen, so Maxian. An der positiven Wende der Stimmung sei die Europäische Zentralbank (EZB) „nicht ganz unbeteiligt gewesen“. Die Ankündigung etwa, im Notfall Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder aufzukaufen, habe Ruhe in die Märkte gebracht. Die EZB habe Glaubwürdigkeit bewiesen. „Ab da ist das Vertrauen zurückgekommen.“
Stimmung wieder „sehr normal“
Die derzeit „sehr normale“ Stimmung komme daher, dass das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Währungsunion zurückgekehrt sei, antwortete auch Mostböck ähnlich auf eine entsprechende Frage. Es sei der Wille da, die Krise zu durchtauchen und es habe sich gezeigt, „dass man an einem Strang zieht“.
Grundsätzlich müsse man mit Blick auf die Entwicklung der Indizes auch zwischen Ländern mit besserer und schlechterer Staatsschuldensituation unterscheiden, so Mostböck. Im Vergleich zu den Problemkandidaten der Euro-Zone sei Österreich „hier noch in einer vergleichsweise besseren Lage“ und ein „relativ sicherer Hafen“.
Nicht ganz einig beim „Osteuropa-Bonus“
Außerdem sei der ATX in einer Weise auch „anders“ als andere Indizes, da 80 Prozent der in Wien notierten Unternehmen im Ausland, nämlich in Zentral- und Osteuropa (CEE), aktiv seien. Deshalb hänge auch die Entwicklung des Wiener Leitindex nicht eins zu eins an der konjunkturellen Lage in Österreich. Und: In CEE sei die Staatsschuldensituation (mit Ausnahmen) besser als in Österreich, viele Länder lägen unter dem Maastricht-Limit von 60 Prozent.
Dazu komme, dass die Region schneller wachse als die schwächelnde Euro-Zone. „Das sind die zwei entscheidenden Treiber für den ATX“, so Mostböck. Maxian misst diesem „Osteuropa-Bonus“ weniger Bedeutung zu. Man müsse die Situation in CEE differenziert von Land zu Land betrachten, nicht in allen Ländern sehe es mittlerweile noch so rosig aus wie vor ein paar Jahren. „Diese Osteuropafantasie von damals werden wir nicht mehr sehen.“
„Haben globales Verschuldungsproblem“
Bei allem Optimismus werde die Verschuldungssituation auch 2013 dominierendes Thema bleiben, schätzt Mostböck, und zwar nicht nur in Europa. „Wir haben ein globales Verschuldungsproblem“, wobei oft vergessen werde, dass die Lage in den USA und Japan noch kritischer sei als in der Euro-Zone. Nur sei diese „mit 17 Anleihenmärkten mit 17 unterschiedlichen Liquiditäten angreifbarer als die USA“.
Außerdem lauerten noch andere Risiken, welche die eine oder andere Prognose kurzfristig durcheinanderbringen könnten. „Die allererste mit dem Fiscal Cliff gleich zu Jahresbeginn“, so Maxian. Kommt es tatsächlich zu einem Auslaufen der Steuererleichterungen für US-Bürger, würde das auf die US-Wirtschaft und am Ende auch die Aktienmärkte durchschlagen. Außerdem verweist der RCB-Chefanalyst auf Wahlen in mehreren europäischen Ländern, etwa Deutschland und Italien, die wirtschaftspolitische Weichen umstellen könnten. „Das sind einige Unsicherheitsfaktoren.“
Mostböck sieht ein weiteres Risiko darin, „dass erneut Panikstimmung aufkommt, wenn es dem einen oder anderen Land wieder schlechter gehen sollte“. Das könnte die Volatilität der Märkte wieder erhöhen, genauso wie eine weitere Eskalation von Konflikten im Nahen Osten (Stichwort: Erdölpreis).
Kaum ein Weg am Aktienmarkt vorbei
Weiter positiv auf die Entwicklung der Indizes sollte sich dagegen die Niedrigzinspolitik der Notenbanken auswirken. Das niedrige Zinsniveau habe wahrscheinlich zur Folge, so Maxian, dass mehr Geld in den Aktienmarkt fließe. „Es ist sogar einer der Haupttreiber, weil die Renditen zahlreicher Anlagealternativen weniger werden.“ Unternehmensanleihen im Investmentgrade“-Bereich lieferten mittlerweile einen Ertrag von vielleicht zwei Prozent - „und da trage ich noch ein Kreditrisiko (einer Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens, Anm.)“.
Auf der anderen Seite stehe der Aktienmarkt mit einer Dividendenrendite von rund drei Prozent und guten Bewertungen. Ähnlich Erste-Analyst Mostböck: Abgesehen davon, dass nach wie vor viel Geld „aus Sicherheitsgründen“ in Anleihen geparkt werde, „bleibt einem nichts anderes übrig, als in Aktien zu investieren“.
Zehn bis zwölf Prozent plus erwartet
Den ATX sehen beide Analysten gegen Ende 2013 mit einem niedrigen zweistelligen Plus. Auf jeden Fall werde der Anstieg nicht so deutlich ausfallen wie 2012, so Mostböck, und bei zehn bis zwölf Prozent liegen, Rückschläge zwischendurch einkalkuliert. „Ein stilles nächstes Jahr wird es nicht werden. Es gibt einfach noch zu viele Fragezeichen globaler Natur.“ Maxian sieht den ATX in einem Jahr bei rund 2.650 Punkten - was einem Plus von um die zehn Prozent entspricht.
Überkauft sei der Markt noch nicht, auch wenn Unternehmen (gemessen an ihren Gewinnaussichten) teils nicht mehr ganz so günstig bewertet sind. Das Niveau sei „durchwegs noch fair“, bei einem erwarteten Gewinnwachstum der ATX-Unternehmen (im Durchschnitt) von zehn bis elf Prozent sei „es fundamental nicht ungerechtfertigt“, von einem Plus in ähnlicher Größenordnung für das nächste Börsenjahr auszugehen, so der RCB-Analyst. Auch Mostböck beantwortet die Frage nach einer eventuellen Überhitzungsgefahr derzeit mit einem klaren Nein. Der ATX sei trotz seines starken Anstiegs seit dem Sommer nicht überkauft. Das Gewinnwachstum der Unternehmen entwickle sich gut, Überbewertungen gebe es keine. „Fundamental ist alles okay.“ |