Ja, das stimmt, die waren eine der erfolgreichsten Mittelständler. Da geb ich Dir absolut recht. Aber warum? Weil die nie zeigen mußten, was sie wirklich verdienen. Die waren nie ein billiger Laden, aber die Qualität hat immer gepasst. Die waren immer gut im "fire-fighting" und man konnte sich immer auch "last minute" auf Schaeffler verlassen. Technisch waren die immer top, wir wurden immer gut bedient. Und das meine ich nicht im Sinne von "dienen", sondern das war alles solide, vor allem die technischen Lösungen.
Nur meine Sicht: Eine Fehlentscheidung war das Conti-Ding, und da würde ich nicht sagen, daß es ein richtiger Fehler war, sondern da hatte man in der Tat taggenau Pech gehabt. Ein Übernahmeangebot platziert zu haben und drei Tage später alle Anteile über den Zaun geworfen zu bekommen, war echt Pech. Das hat man aber gut durchgestanden und da kam auch die große Stunde des jetzigen CEO. Diese große Stunde konnte er aber auch nur feiern, weil Substanz vorhanden war, heute würde er das nicht mehr hinbekommen, ohne 30% der Belegschaft zu entlassen. Das hat der richtig gut hinbekommen, aber hier begann man den Pakt mit dem Teufel. Ich habe damals auch erschrocken zur Kenntnis genommen, daß die tatsächlich mit einem ebit von deutlich über 15 um die Ecke gekommen sind (die mußten dann ja Zahlen zeigen). Ich habe mich noch gefragt, wie man so wahnsinnig sein kann und das seinen Kunden zeigt. Ich war überrascht, wie naiv da jemand, der sich angeblich in der Börsenszene auskennt, sein kann. Und dann habe ich für mich festgehalten, daß ein Bankmann nur bedingt ein Börsenmann ist. Auch wenn es nicht gerechtfertigt ist, war klar, daß die Kunden (insbesondere der große Betrüger) allergisch reagieren. Hier war ich sehr skeptisch und schon damals, zu Kurszeiten um 14 hatte ich den zu erwartenden Kurs für mich auf 7 Euro geschätzt. Erst dann würde das ein Ende finden, dieses Balancespiel von ebit und Kurs. Und ab dann würde man die Karten aufdecken müssen. Ab dann wäre man im Spielgebiet des "Marktes".
Der richtig große Fehler für diese Familie war eigentlich der Börsengang an sich, die Beteiligung am Blutsaugersystem und dann kam auch noch etwas Pech dazu, der Abgasskandal. Klar, dafür kann Schaeffler erstmal nichts, weil deren Produkte damit wenig zu tun hatten, aber die Lieferanten leiden halt auch mit. Trotzdem hätte Schaeffler wesentlich mehr Luft zum Tauchen gehabt, wenn man die Zahlen nicht hätte zeigen müssen und wenn man nun nicht im Licht der Öffentlichkeit stünde.
Schuldgeld, die sind meiner Meinung nach jetzt in der Börsenrealität angekommen, jetzt würde ich auch mit Kürzungen der Dividende rechnen. Ich kann das natürlich nicht vorhersagen, aber wenn, dann nicht ab jetzt oder eben nächstes Jahr? Was wäre denn passiert, wenn man die letzte Dividende ausgesetzt hätte. Ein senkrechter Strich wäre das geworden, senkrecht um 15 Uhr drei Euro nach unten. Und da alle nur gebannt auf diese Zahl schauen, hat sich der CEO mit der Dividende bis jetzt auch an seinen Stuhl geschnallt.
Irgendwie schlagen da zwei Herzen in meiner Brust. Als Industriemann und Nachbar drücke ich denen die Daumen und wünsche viel Glück, als privater Kleinanleger sehe ich, daß es momentan einen kleinen Trendbruch mit Tendenz nach oben gegeben hat. Wir sind aber immer noch im großen Trendkanal abwärts.
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