Die Shortseller scheinen die extreme Unsicherheit in Immobilienaktien heute für ein Schlachtfest zu nutzen. Wird die FED die Zinsen weiter erhöhen? Wenn ja um 25 oder 50 Basispunkte? Wird die FED ein baldiges Ende des Zinserhöhungszyklus oder zumindest eine Zinspause verkünden?
Hinzu kommen die unternehmensspezifischen Unsicherheiten.
Nach der Dividendenstreichung bei GCP, die explizit mit der Liquiditätssicherung und Weiterführung der perpetual notes begründet wurde, wäre alles andere als eine Dividendenstreichung bei der Mutter Aroundtown eine riesengroße Überraschung.
Aroundtown ist ein Black Box und die Marktkommunikation ist eratisch und vollkommen intransparent. Zudem berichtet man traditionell sehr spät.
Die Adhoc-Publizitätspflichten scheint man obendrein nicht allzu genau zu nehmen. Anders kann ich es nicht deuten, warum man die Unsicherheit in Sachen Dividendenvorschlag nicht spätestens mit Publikation des GCP-Geschäftsberichts via Adhoc-Mitteilung aus dem Markt genommen hat. Es muss mir niemand erzählen, dass das Management über dieses für die kurz-, mittel- und langfristige Unternehmensfinanzierung überragend wichtige Thema erst am Tag der Publikation des Geschäftsberichts entscheidet. Wenn dem so wäre, wäre der heutige Kursabsturz mehr als gerechtfertigt. Es macht schon den Eindruck, dass den börsennotierten Immo-Konzernen das Geschäftsmodell zusammenbricht. Es war sicher kein Zufall, dass in der Nullzinsphase plötzlich reihenweise Immo-Konzerne in Dax und MDAX hochgepült wurden... und nun vermutlich in Kürze wieder aus besagten Indizes absteigen.
Wer privat eine Immobilie zur Vermietung kauft, käme - solange das Immo-Darlehen nicht restlos getilgt ist - nie auf die Idee, die nach Zinszahlungen und laufenden Kosten verbleibenden Mieteinnahmen für Konsumzwecke (Ausschüttungen) zu verwenden, statt für die Darlehenstilgung und Zinszahlung.
Wenn ich richtig gerechnet habe, erzielt Aroundtown aktuell ca. 5% jährliche Mieteinnahmen auf den Buchwert des Immobilienportfolios. Bei einem Zinssatz von 5% auf aktuell über 20 MRD EUR Schulden würde das EBITDA 2022 von ca. 875 Mio € nicht einmal zur Deckung des Zinsaufwands ausreichen.
Eine signifikante Schuldentilgung ist m.E. nur durch den Verkauf eines wesentlichen Teils der Immobilien und / oder durch massive Steigerung der Mieten möglich.
Nachdem alle großen Immobiliengesellschaften vor dem gleichen Dilemma stehen, dürfte die Zinssteigerung der EZB in Kürze deutlich steigende Mietzinsen nach sich ziehen, was die Inflation weiter anheizen würde. Mit steigenden Mietzinsen kommt wiederum die Politik unter Druck, den schönen Worten in Sachen Mietzinsbegrenzung endlich Einhalt zu gebieten.
Wenn die Politik das Thema "Sozialwohnungen" ernsthaft angehen will, muss sie m.E. einen staatlichen Fonds auflegen und den verkaufswilligen Immobiliengesellschaften signifikante Teile des Immobilienbestands sowie der unrealisierten Bauvorhaben abkaufen.
Die Gelegenheit hierfür war m.E. nie günstiger als heute. Für die Immobiliengesellschaften wäre eine Verstaatlichung des Immobilienbesitzes eine perfekte Gelegenheit zur Schuldentilgung. Was nach Abzug der Veräußerungskosten an schuldenfreier Substanz für die Aktionäre übrig bleibt, muss man sehen. Ein weiter so mit dem bisherigen Geschäftsmodell der Immokonzerne ist unter der Annahme eines dauerhaft "normalisierten" Leitzinsniveaus zwischen 3 und 4% m.E. ausgeschlossen! |