26.03.2009 16:43 Warum steigt die Commerzbank-Aktie? von Bettina Seidl Bei der Commerzbank-Aktie reibt man sich die Augen: Der Kurs ist in den letzten zwei Wochen um satte 92 Prozent gestiegen. Besonders dynamisch ging es in den letzten drei Tagen aufwärts. Was ist da los? In einer Spiegelung verwaschen anmutende Logos an der Zentrale der Commerzbank in Frankfurt (Quelle: dpa)
Am 6. März ging die wundersame Kursexplosion bei 2,22 Euro los. Heute schoss die Aktie bis auf 4,27 Euro. In den letzten Tagen liest man auf dem Dax-Kurszettel häufiger mal prozentual zweistellige Kursgewinne bei der Commerzbank-Aktie. Klar bekamen Bankaktien generell Auftrieb durch den Bankenrettungsplan, den der amerikanische Finanzminister Timothy Geithner am Montag präsentierte. Geithners Programm soll den Banken helfen, ihre Bilanzen von faulen Papieren zu befreien. Bankaktien profitierten auch von der aufkeimenden Hoffnung auf eine Normalisierung des Kreditmarkts. Mehr zum Top-Thema
* Umfrage: Steigt die Cobank zu Recht?
Aber die Commerzbank-Aktie fällt mit ihren Kursgewinnen schon aus dem Rahmen. Allein in dieser Woche lag der Kursgewinn bei mehr als 50 Prozent. Die Erklärungen der Experten zu der wundersamen Kurserhöhung wirken bisweilen ein wenig zurechtgezimmert bis unbefriedigend.
Treibt der Restrukturierungsplan? So wurde ein Medienbericht als Kurstreiber bemüht, demzufolge die Commerzbank der EU-Kommission noch vor ihrer Hauptversammlung am 15. Mai einen umfassenden Restrukturierungsplan vorlegen will. Eigentlich hat die Bank nach der noch ausstehenden vorläufigen Genehmigung der Staatshilfen dafür sechs Monate Zeit. Doch auf der Hauptversammlung sollen die Aktionäre den Einstieg des Bundes absegnen. Bis dahin will man Gewissheit über mögliche EU-Auflagen. Die sind nämlich keineswegs klar, Bundesregierung und Kommission verhandeln über die genaue Ausgestaltung des für den Staatseinstieg notwendigen Restrukturierungsplans. Die Kommission fordert offenbar harte Einschnitte, der Verkauf von Teilen der Dresdner Bank reicht ihr angeblich nicht. Doch Commerzbank-Chef Martin Blessing wehrt sich gegen Auflagen, die die künftige Ertragskraft seines Instituts deutlich schmälern könnten.
Warum hat also ein baldiger Restrukturierungsplan nun kurstreibende Wirkung? "Das schafft Sicherheit", kommentierte ein Börsianer. Achso.
Oder geht es um Nachholpotenzial? Manche erklären die Kursgewinne der letzten Zeit mit dem Nachholbedarf der Aktie. Im Vergleich zu Konkurrenten habe die Commerzbank-Aktie ein größeres Erholungspotenzial als die Titel vieler Konkurrenten. Ein Analyst verweist auf die Frühindikatoren, die halbwegs ermutigend ausgefallen sind – die am schlechtesten performenden Aktien liefen dann wieder. Zudem habe es gute Kommentare zum Investmentbanking im ersten Quartal gegeben. Zu hören ist von manchen Experten gar, die Commerzbank-Aktie sei gegenüber ihren Branchenkollegen unterbewertet, und Anleger hätten die Schwäche nun zum Kauf genutzt.
Ob die Aktie tatsächlich unterbewertet ist, scheint angesichts der vielen Baustellen und Probleme des Instituts fraglich: Die Integration der übernommenen Dresdner Bank birgt ein unüberschaubares Risiko. Niemand kann ausschließen, ob die vor fast 140 Jahren gegründete Traditionsbank noch einmal den Staat anpumpen muss - selbst Bankchef Martin Blessing nicht. Außerdem muss die Bank jedes Jahr etwa 700 Millionen Euro allein an Zinsen an den Bund zahlen, für die Hilfen, die der Bank als Stille Einlage zuflossen. Das dürfte ein Wettbewerbsnachteil gegenüber Rivalen wie etwa der Deutschen Bank sein. Es schmälert jedenfalls die Gewinne der Commerzbank, wenn denn welche gemacht werden. Schließlich gibt es noch die Großbaustelle Eurohypo. Der zur Commerzbank gehörende Immobilienfinanzierer rechnet für dieses Jahr mit weiteren Verlusten. Da fragt man sich, wie mancher darüber spekulieren kann, dass die Eurohypo bei der Hypo Real Estate andocken könnte. Aus zwei Lahmen wird doch kein Sprinter. Zu allem Überfluss macht das Osteuropa-Engagement der Commerzbank Sorgen.
Oder werden die Shorties aus dem Markt gesqueezt? Angesichts der vielen Unsicherheiten in der Commerzbank scheinen die Kursgewinne der letzten zwei Wochen ziemlich irreal. Viel plausibler klingt eine andere Erklärung. Es gibt vielleicht einen Short Squeeze, sagt ein Börsianer.
Short Squeeze? Das Wort zählt seit dem Anstieg der VW-Aktie auf 1.000 Euro nicht mehr zum Börsenlatein. Bei diesem Szenario werden Spekulanten, die auf einen fallenden Aktienkurs gesetzt haben, so genannte Shorties, auf dem falschen Fuß erwischt. Der Aktienkurs steigt – und sie müssen ihre spekulativen Geschäfte auflösen. Das machen sie, indem sie Aktien kaufen. Auf diese Weise treiben sie den Kurs weiter in die Höhe, was immer mehr Shorties in Bedrängnis bringt. Doch Short Squeeze hin oder her – ganz so viel spekulatives Potenzial wie VW wird die Commerzbank-Aktie nicht haben. |