Schriftgröße: AAA Kommunale Energieversorgung Stadtwerke investieren in Windkraft Seit zweieinhalb Jahren setzten kommunale Versorger verstärkt auf Windenergie. Für sie ist es der einfachste und effizienteste Weg, in die Erneuerbaren einzusteigen und sich von den Erzeugern unabhängig zu machen. von Ralf Köpke Es war eine Premiere, die Ende Juni auf dem Windtestfeld in Grevenbroich stattfand. Die Stadtwerke Duisburg nahmen ihre erste Windturbine in Betrieb, ein Prototyp mit einer Leistung von zwei Kilowatt aus der kleinen Duisburger Windschmiede Eviag. "Das ist eine Win-win-Situation für beide Unternehmen, wir unterstützen uns gegenseitig", sagte Hermann Janning, Chef des Kommunalversorgers, und stellte weitere Kooperationen in Aussicht. Zur Freude von Eviag-Vorstandschef Wilhelm Hecking: "Für uns sind Stadtwerke wichtige Kunden, weshalb wir sehr froh über dieses Referenzprojekt sind." Hecking setzt auf einen Trend, der sich seit zweieinhalb Jahren abzeichnet: Kommunalversorger investieren verstärkt in Windkraft. Stephan Werthschulte überrascht die Entwicklung nicht. "In einem Land, das bei seiner Energieversorgung grün werden will, sind auch die Stadtwerke gefordert", sagt der Energieexperte der Unternehmensberatung Accenture. Und da es die Windkraft jedem Stadtwerk ermöglicht, je nach Kassenlage in maßgeschneiderte Lösungen zu investieren, bietet sich ein grünes Engagement hier besonders an. Doch die Konkurrenz ist groß. "Bei der Offshore-Windnutzung ist es wichtig, dass die Stadtwerke das Geschäft nicht nur den großen Konzernen überlassen", sagt Werthschulte. Genau das ist der Ansatz von Stadtwerke-Netzwerken wie Südweststrom und Trianel, die in der Nordsee rein kommunale Offshore-Windparks bauen: Um das Risiko der Milliardeninvestition zu minimieren, haben sie eine Betreibergesellschaft aus zahlreichen lokalen Energieversorgern formiert. An gleich drei Offshore-Parks sind die Stadtwerke München beteiligt - und sind damit hierzulande die größten kommunalen Betreiber von Windparks. Bis 2015 wollen sie alle Münchner Haushalte mit Ökostrom aus eigenen Kraftwerken versorgen. Experten erwarten daher weitere Offshore-Deals von der Isar. Beim Windgeschäft mischen Kommunalversorger aller Größenordnungen mit. Vor gut zwei Jahren erwarben die Stadtwerke aus Rhede im Münsterland drei Windenergieanlagen in Thüringen. Die Stadtwerke Bochum machten vor einem Jahr Schlagzeilen, als sie gleich vier Brummer der Fünf-Megawatt-Klasse in Bremerhaven kauften. In Osnabrück hat der lokale Energieversorger jüngst 15 Jahre alte Mühlen gegen hocheffiziente Maschinen ausgetauscht und investierte 10 Mio. Euro. Teil 2: Wirtschaftliche Vorteile durch WindkraftIn den meisten Fällen kauften die Stadtwerke fertig entwickelte Windparks. Daran wird sich nicht viel ändern, meint Gernot Blanke, Vorstand des Windparkprojektierers WPD. "Die meisten Energieversorger werden nicht das Know-how aufbauen, weshalb sich für Planungsbüros weiterhin gute Geschäfte mit den Stadtwerken ergeben", sagt er. Lange Zeit haben die Energieversorger die Windkraft eher gemieden. Nun hat sich der Wind endgültig gedreht. "Kommunalversorger sehen heute in der Windkraft eine wirtschaftlich geeignete Plattform, sich mit eigenen Erzeugungskapazitäten unabhängiger von den Großen und dem Börseneinkauf zu machen", sagt Joachim Binotsch, Geschäftsführer der BBB Umwelttechnik aus Gelsenkirchen. Er hat letzthin mehrere Stadtwerke bei der technischen Due Diligence beraten: "Für die Kommunalversorger, von klein bis groß, sind vor allem die Bestandsparks interessant, da ihre Erträge schon seit Jahren bekannt sind und die Wirtschaftlichkeit gut berechenbar ist." Die Stadtwerke wollten mit der Windkraft auch eigene Klimaziele erfüllen: "Um die Kunden zu halten, stehen die Stadtwerke heute unter ökologischem Druck", sagt Binotsch. Albert Filbert, Chef der HEAG Südhessischen Energie (HSE), weist darüber hinaus auf die wirtschaftlichen Vorteile hin: "Gemessen am eingesetzten Kapital bietet die Windenergie die größte Effizienz." Der HSE-Vorstandschef hält es angesichts des finanziellen Engagements der Stadtwerke durchaus für angemessen, bei der anstehenden EEG-Novelle die Einspeisepreise für Windkraft zu erhöhen: "Im Vergleich zu den Atomkonzernen, die sich dank der geplanten Laufzeitverlängerung über zusätzliche Milliardengewinne freuen dürfen, erhalten Windkraftbetreiber eine viel zu niedrige Vergütung." Das hört Hermann Albers, Präsident des Bundesverbands Windenergie, gern. Längst sieht der Windverband in den Stadtwerken "Verbündete". "Wir haben mit den Kommunalversorgern nicht nur bei den Beratungen für das nächste EEG einen Partner mit Gewicht gewonnen, sondern auch bei unserer Forderung nach zusätzlichen Flächenausweisungen", sagt Albers. Denn am liebsten möchten die Stadtwerke ihre Windparks vor der eigenen Haustür errichten und nicht jenseits der Stadt- und Landesgrenzen. Die Chancen dafür stehen gut: In ihrem Koalitionsvertrag einigte sich die neue rot-grüne Regierung von Nordrhein-Westfalen darauf, künftig zwei Prozent der Landesfläche für die Windkraftnutzung auszuweisen. |