Der Windenergiesektor leidet nach wie vor unter den Folgen der Krise. Antizyklisch orientierte Anleger könnten deshalb zu Zertifikaten greifen - doch es gibt einige Fallen.
Schockiert reagierten die Börsianer am 18. August auf die Gewinnwarnung des dänischen Windkraftanlagenbauers Vestas : Die Aktie verlor an einem Tag in der Spitze mehr als ein Viertel ihres Werts. Erst knapp oberhalb der Marke von 230 dänischen Kronen (rund 30 Euro) endete der Kurssturz. So tief stand die Vestas-Aktie seit eineinhalb Jahren nicht mehr. Bei den Aktien der übrigen Branchenvertreter sieht es derzeit nicht viel besser aus. Antizyklisch orientierte Anleger stellen sich nun die Frage, ob sie erste Engagements im Windsektor eingehen sollen. Mit Zertifikaten hätten sie dazu die passenden Instrumente zur Hand, doch gilt es, einige Fallstricke zu beachten. Denn der Windenergiesektor hat die Folgen der Finanzkrise noch längst nicht verdaut. Wie die vollen Auftragsbücher von Vestas und anderen Windradbauern zeigen, bestellen die Kunden zwar reichlich. Wenn sie von ihren Banken jedoch keine Finanzierung bekommen, legen sie die Großprojekte auf Eis. Zudem fallen viele hoch verschuldete Staaten derzeit als Abnehmer aus. Die Regierungen ziehen die Haushaltskonsolidierung gegenüber Investitionen in Windparks vor.Hinzu kommt ein weiteres Problem: "Das größte Hemmnis für den weiteren Ausbau der Windenergie auf den Hauptmärkten sind die ungenügenden Kapazitäten der Netze, um den Strom zu den Verbrauchern in die Ballungsräume zu transportieren", bemängeln der Bundesverband Windenergie (BWE) und der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA Power Systems). Auf der "Grids 2010"-Konferenz, die vom 23. bis 24. November in Berlin stattfindet, wollen die Branchenvertreter nach Lösungen suchen. Die Chancen, dass sich der Investitionsstau früher oder später auflöst, stehen gut. Etliche Staaten haben umfassende Programme zur Förderung erneuerbarer Energien aufgelegt. Dabei ist die Windkraft als wichtiger Bestandteil nicht mehr wegzudenken. In Deutschland war die Windenergie mit einem Anteil von 6,5 Prozent am Stromverbrauch 2009 die Nummer eins unter den erneuerbaren Energien. Neben Dänemark gilt die Bundesrepublik hier als Pionier. Doch auch dem globalen Markt steht eine dynamische Entwicklung bevor, wie einer Umfrage des Deutschen Windenergie-Instituts (DEWI) zeigt: Danach wird sich die Zahl der weltweit installierten Gesamtleistung bis 2017 gegenüber 2007 auf rund 718.000 Megawatt erhöhen und damit mehr als versiebenfachen. Angesichts dessen erstaunt es schon, dass nur drei Emittenten Zertifikate im Angebot haben, die sich ausschließlich dem Boomthema Wind widmen. Das Papier der österreichischen Raiffeisen Centrobank (RCB) auf den Kursindex Solactive Alternative Energien Sektor Wind bezieht sich auf die Aktien von Gamesa , Iberdrola , Repower und Vestas. Das sind zwar die wichtigsten Player der Branche. Doch mit nur vier Aktien ist der Basiswert zu wenig diversifiziert. Zudem rechnet der Index keine Dividenden an - langfristig ist das ein großer Nachteil. Da nützt es auch wenig, dass bei dem Zertifikat keine Managementgebühren anfallen. Indexzertifikate auf Aktien aus dem Windenergiesektor Das Papier auf den Solactive Global Wind TR Index von der Deutschen Bank berücksichtigt immerhin Aktien von zehn Windenergieanbietern. Neben den Big Playern der Branche sind auch kleinere, eher unbekannte Anbieter wie Terna Energy und Infigen Energy in der Auswahl vertreten. Die Indexmitglieder sind nach Marktkapitalisierung gewichtet, wobei ein Mindestwert von zwei Prozent und eine Obergrenze von 20 Prozent gelten. Das Auswahlbarometer wird halbjährlich angepasst. Da Dividenden reinvestiert werden, fällt die Managementgebühr von 1,5 Prozent pro Jahr nicht so stark ins Gewicht. Ähnlich konzipiert ist der RBS Wind TR Index, auf den die Royal Bank of Scotland (RBS) ein Zertifikat begeben hat. Der Basiswert wurde bereits im Jahr 2007 gemeinsam mit dem Indexanbieter S&P entwickelt und besteht ebenfalls aus zehn Windaktien. Der Gleichlauf mit dem Solactive-Index ist verblüffend. Kein Wunder: Bei den beiden Basiswerten überschneiden sich fünf der zehn Aktien mit einem Indexgewicht von rund 75 Prozent. Kursbewegungen der Schwergewichte wie Vestas und Gamesa beeinflussen beide Underlyings gleichermaßen. Bei den großen Positionen gibt es allerdings eine Abweichung: Der französische Konzern EDF Energies Nouvelles ist mit einem Anteil von 14,4 Prozent in dem RBS-Index vertreten. Dafür setzt der Solactive Global Wind Index auf Repower Systems. Die Aktie des deutschen Windkraftanbieters hat jüngst binnen wenigen Tagen mehr als 20 Prozent eingebüßt. Der Grund waren Gerüchte, wonach der indische Großaktionär Suzlon Energy sich mit einem Notverkauf eines Teils seiner Repower-Aktien finanziell Luft verschaffen muss. Der Kurssturz hat dazu geführt, dass der Solactive Global Wind Index gegenüber seinem Konkurrenten zuletzt etwas an Boden verloren hat. Dieser Performanceunterschied sowie die etwas niedrigere Managementgebühr verschaffen dem Zertifikat von der RBS im Moment einen hauchdünnen Vorteil. Unterschiedlich ist das Angebot an Zertifikaten, die sich auf Einzelaktien beziehen. Während Anleger bei Repower in die Röhre schauen, sind auf die Papiere des Weltmarktführers Vestas derzeit lediglich Turbozertifikate erhältlich. Hingegen bieten einige Emittenten auf Gamesa auch Discountzertifikate an. Bei Iberdrola und Nordex können Anleger neben Discountern auch auf Bonuszertifikate zurückgreifen. |