Alstom Krise scheint überwunden - Umstrittene Rettungsaktion des französischen Staates Auftragsbücher füllen sich wieder Dank Milliarden-Aufträgen kommt der französische Energie- und Transportkonzern Alstom langsam wieder auf Touren, nachdem er unlängst noch vor dem Konkurs gestanden hatte. Stefan Brändle, Paris Patrick Kron ist «zufrieden». Mit diesem Wort kommentierte der Alstom-Chef am Montag die Halbjahreszahlen des Konzerns - und wohl auch seine eigene Befindlichkeit. Vor wenigen Tagen noch hatte ihn die französische Presse als «schlechten Verlierer» mit «jähzornigen» und «brutalen» Manieren geschildert. Der Grund war, dass Alstom ein Riesenauftrag der Pariser Verkehrsbetriebe durch den kanadischen Rivalen Bombardier vor der eigenen Haustür weggeschnappt wurde. Gegen diesen in Frankreich unerhörten Einbruch eines ausländischen Konkurrenten reichte Kron wutentbrannt Gerichtsklage ein. Doch am Samstag einigte er sich mit Bombardier auf einen Vergleich: Alstom verzichtet auf Rechtsschritte und darf dafür ein Drittel der 172 bestellten Vorortszüge für 900 Millionen Euro beisteuern. Grosses Umsatzplus erwartet Am Montag konnte Kron nachdoppeln: Alstom kündigte bei seinem Semesterabschluss einen Auftragszuwachs auf Rekordniveau an. Die Bestellungen des ganzen Konzerns übersteigen nun 30 Milliarden Euro. Im laufenden Geschäftsjahr, das im März 2007 zu Ende gehen wird, rechnet Alstom mit einer Zunahme des Umsatzes von über 10 Prozent. Diese Auftragssteigerung ist vor allem im Energiebereich fühlbar und wirkt angesichts der Ebbe früherer Jahre geradezu spektakulär. Alstom scheint damit über den Berg, nachdem der Konzern vor drei Jahren noch am Rande des Ruins gestanden hatte. Die neusten Geschäftszahlen widerspiegeln diese Gesundung: Der Reingewinn hat sich von März bis am 30. September auf 227 Millionen Euro verdoppelt, der Umsatz hat um 500 Millionen auf 6,6 Milliarden Euro zugenommen, wenn man die gleichen Geschäftsbereiche wie im Halbjahr zuvor miteinander vergleicht. Besonders bemerkenswert ist laut Kron, dass alle Konzernsparten zur Zunahme des Betriebsresultates von 413 Millionen Euro beigetragen haben. Möglich wurde dies durch den Verkauf der defizitären Schiffswerften an die norwegische Anker Yards. Kron nannte auch die «fruchtbare Kooperation» mit dem französischen Bau- und Medienkonzern Bouygues als Grund für die guten Aussichten. Der neue Hauptaktionär von Alstom bildet ein gemeinsames Unternehmen im Bereich Wasserkraft. Doch die Kooperation geht darüber hinaus. Bouygues hält heute 24,4 Prozent des Alstom-Kapitals. Übernommen hatte er diesen Anteil im April vom Staat, als der Energiekonzern bereits aus den roten Zahlen gekommen war. Debatte über Rolle des Staates Deshalb ist in Frankreich auch eine Debatte über die Rettungsaktion des Staates entbrannt: Linksstehende Kreise bemängeln, dass der französische Staat seit 2003 fast eine Milliarde Euro eingespeist habe, um den Konkurs zu verhindern; jetzt heimse ein Privatkonzern wie Bouygues die Resultate dieser teuren Sanierung ein. Andere Ökonomen bezeichnen Alstom hingegen als ein gelungenes Beispiel einer Staatsintervention: Diese habe Tausende von Arbeitsplätzen gerettet und trotzdem nicht zu einer Verstaatlichung geführt, da die Regierung ihre Anteile wieder an die Privatwirtschaft verkauft habe. © «Der Zürcher Oberländer» / «Anzeiger von Uster»
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