ROUNDUP 2: Inflation in Deutschland erreicht Nullpunkt
18:37 27.05.09
WIESBADEN (dpa-AFX) - Die Inflation in Deutschland hat den Nullpunkt erreicht. Erstmals seit mehr als 20 Jahren ist das Leben in Deutschland innerhalb eines Jahres nicht teurer geworden. Die Inflationsrate liege im Mai bei voraussichtlich 0,0 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt am Mittwoch aufgrund vorläufiger Daten mit. Im direkten Vergleich zum Vormonat April sanken die Preise um 0,1 Prozent. Im April war noch eine Jahresrate von 0,7 Prozent ermittelt worden. Eine Teuerungsrate von 0,0 war seit der Wiedervereinigung 1990 noch nie und im früheren Bundesgebiet zuletzt im Mai 1987 gemessen worden.
Hauptgrund für den Rückgang der Jahresrate: Heizöl und Benzin wurden deutlich billiger. Autofahrer mussten an den Tankstellen 16,1 bis 18,4 Prozent weniger zahlen als vor einem Jahr. Bei Heizöl gab es sogar einen Rückgang um 33,9 bis 43,9 Prozent. Gas war dagegen 0,9 bis 6,2 Prozent teurer. Die Preise für Nahrungsmittel lagen je nach Bundesland um 0,4 bis 2,1 Prozent unter dem Niveau des Vorjahres.
NEGATIVER BEREICH IM SOMMER
Experten gehen davon aus, dass die Jahresteuerungsrate im Laufe des Sommers sogar in den negativen Bereich sinkt und erst zum Ende des Jahres hin wieder anzieht. Volkswirte sprechen bei vorübergehend negativen Raten allerdings noch nicht von einer Deflation. Diese liegt erst vor, wenn die Verbraucher wegen immer stärker sinkenden Preise ihre Käufe in der Hoffnung auf noch günstigere Produkte verzögern und damit eine Preisspirale nach unten in Gang setzen.
Solange dieser Effekt nicht eintritt, sind niedrige Teuerungsraten für Verbraucher von Vorteil, da sie die Kaufkraft stärken. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat als Ziel eine Jahresrate von knapp unter zwei Prozent. Im Sommer vergangenen Jahres war die Inflation auf bis zu 3,3 Prozent geklettert.
KEIN HANDLUNGSDRUCK FÜR EZB
Hintergrund der derzeit stabilen Preise ist vor allem der extreme, aber vorübergehende Anstieg der Ölpreise auf fast 150 Dollar pro Fass Mitte vergangenen Jahres. Dieser Effekt aus dem Vorjahr schlägt sich nun auf die Inflationsrate nieder.
Nach Einschätzung der NordLB ergibt sich durch die jüngsten Daten kein Handlungsdruck für die EZB. "Angesichts der bloßen Preisentwicklung hätte sie zwar Luft für weitere Zinssenkungen Gebrauch wird sie davon aber wohl nicht machen", hieß es in einer Kurzanalyse. Die EZB hatte zuletzt den Leitzins auf das historische Tief von 1,0 Prozent gesenkt. Die NordLB geht wie die EZB davon aus, dass negative Inflationsraten ein vorübergehendes Phänomen bleiben dürften. Spätestens im Spätsommer sei wieder mit einem Anziehen der Teuerung zu rechnen.
PREISRÜCKGÄNGE IN HESSEN
Preisrückgänge verzeichnete im Mai das Bundesland Hessen: Dort wurde eine Jahresrate von minus 0,4 Prozent ermittelt. Hier wäre aber ohne Heizöl und Kraftstoffe eine Preissteigerung von 1,0 Prozent herausgekommen. In Bayern stiegen die Preise dagegen binnen eines Jahres um 0,3 Prozent. Hier hatte die Teuerungsrate im April aber noch bei 1,0 gelegen./rg/DP/jha/ Quelle: dpa-AFX |