Ganz so einfach und simpel ist das alles mittlerweile nicht mehr in der globalen Solarwelt, denn die Zeiten wo es nur um €/Wp geht ist zumindest im Aufdachanlagengeschäft und auch in den reifen Solarmärkten wie Deutschland fast vorbei oder sie ist schon vorbei. Nicht mehr die Einspeisevergütungen werden für die Rendite einer Solaranlage sorgen, sondern der Eigenverbauch. Es wird jetzt vornehmlich um €/kWh gehen !! Das ist ein Paradigmenwechsel für die Branche und den muss man verstehen wollen/können.
In Deutschland, Italien und auch in Spanien, die drei wohl reifsten Solarmärkte überhaupt, sind wir jetzt in einer Übergangsphase, wo die Forderung für Dachanlagen und Freiflächenprojekte nicht mehr attraktiv sind. In Spanien und Italien gibt es ohnehin keine Solarsubventionen mehr. Es müssen sich also neue Geschäftsmodelle entwickelt werden, die auf Eigenverbrauch inkl. Speicher bzw. direktem Verkauf von Solarstrom basieren. Hier wird die Zukunft für die Solarunternehmen gemacht. Im 1.Schritt wird das in Europa der Fall sein.
Für das "normale" Aufdachanlagengeschäft bedeutet das, dass erklärungsbedürftige, komplexe Komplettsysteme angeboten werden müssen. Das heißt nicht mehr das Modul bzw. der Modulpreis wird alleine entscheidend sein beim Verkauf, sondern es wird der Preis inkl. der Qualität des Solarkomplettsystems entscheidend sind (Module, Batteriespeichersystem, Energiemanager, Installation). Mit solchen Komplettpaketen haben die Solarunternehmen die große Chance sich vollständig zu differenzieren. Mit den Modulen geht das ohnehin so gut wie nicht mehr, weil sie bis auf Sunpower und Panasonic eh fast die gleichen Werte haben. Das wird der Knackpunkt sein um zukunftsfähig zu bleiben oder wieder zukunftsfähig zu werden.
Die deutschen Solarunternehmen müssen meiner Meinung nach deshalb wieder ein ganz großes Hauptaugenmerk auf die Qualität ihrer Vertriebswege legen, denn das wird wohl der Schlüssel zum Erfolg sein. Zumal ja Solarworld, Centrosolar oder auch eine Solarwatt mittlerweile durch ihre eigenen Komplettsysteme den Großhändler große Konkurrenz machen (werden). Um gutes Geld zu verdienen müssen meiner Meinung nach die produzierenden Solarunternehmen wieder den direkten Vertriebsweg an die Installateure aufleben lassen. Weg vom Händlervertrieb. Nur so wird es wohl gehen können um gegenüber dem Kunden einen höheren Systempreis mit aufeinander bestens abgestimmten Komponenten (Module, Speicher, Energiemanager) rechtfertigen zu können. Teilweise müssen sich die Solarunternehmen wieder neu erfinden und wer das schafft der ist gewappnet für die Zukunft. Der reine Modulverkauf ist Out im europäischen Aufdachanlagengeschäft. Alles aus einer Hand wird wohl das erfolgreiche Geschäftsmodell im kleinen und mittleren Aufdachanlagengeschäft werden.
Ob Solarworld es schaffen wird, ich weiß es nicht, aber nur immer zu sagen, dass Solarworld nicht konkurrenz- oder wettbewerbsfähig ist, ist mir schon ein wenig zu naiv bzw. billig und bringt niemanden einen Zentimeter weiter. Zumal ja komplett außer Acht gelassen wird, dass die Zeiten der krassen Fertigungsüberkapazitäten wohl bald vorbei sind. Für das nächste Jahr werden von einige Analysten ein Zubau von 45 GW erwartet (Deutsche Bank, Lazard Capital, Maxim Group) und dann wird es zu Engpässen bei Wafern und Zellen kommen und Ruck Zuck könnte das Solarworld-Geschäftsmodell als vertikal integriertes Solarunternehmen wieder sehr konkurrenzfähig sein. Laut IHS iSuppli gibt es mittlerweile nur noch 49 GW an Wafer- bzw. Zellfertigungskapazitäten !! Man muss deshalb meiner Meinung nach schon etwas weiter vorausschauen und nicht nur nach dem Hier und Heute eine Beurteilung vornehmen. Das wäre dann schon viel zu einfach.
Außerdem ferb ich sehe das mit den Ölscheichs komplett anders wie du. Die haben meiner Meinung nach ein großes strategisches Interesse an Solarworld und wollen in Katar ein vertikal integriertes Solarunternehmen aufbauen. Ohne Solarworld geht das halt nicht, vor allem müssen halt alle Fertigungsprozesse inkl. Massenproduktion beherrscht werden und das ist halt mal gar nicht so einfach. Ob die Kataris 100 oder 300 Mio. € in Solarworld rein pumpen ist aufgrund der langfristig gedachten Strategie für die mehr als finanzstarken Ölscheichs wohl relativ egal. Immer daran denken bei all seinen Überlegungen, Solar ist eine Zukunftstechnologie, die global gesehen eigentlich immer noch in den Kinderschuhen steckt. In Afrika, in Lateinamerika oder im Mittleren Osten gibt es doch bis jetzt kaum installierte Solaranlagen, aber das wird sich ganz schnell ändern in den nächsten 12/24 Monaten. Der Katareinstieg bei Solarworld ist nach meinem Dafürhalten eine Win Win-Situation für beide und das ist doch mal gar nicht so übel für eine sehr effektive und erfolgreiche Zusammenarbeit.
Ohne die Kataris hätte ich auch niemals die Solarworld-Anleihe gekauft, denn aus eigener Kraft heraus würde es Solarworld sehr schwierig haben substanzstark aus den nächsten 12/18 Monaten, die sicherlich noch sehr schwierig werden, heraus zu kommen. Es wurden halt doch recht viele Fehler in den letzten 3 Jahren von Solarworld gemacht (z.B. ganz schwache operative Aufstellung in Asien, internationales Projektgeschäft kaum vorhanden, US-Produktion wurde viel zu groß gebaut, Leasinggeschäft wurde in den USA verpennt), die alle nicht so schnell reparabel sind.
In Punkto finanziell aufgestellt bin auch anderer Meinung wie du ferb. Solarworld hat dem Debt Equity Deal noch eine Finanzverschuldung von um die 450 Mio. €. Dazu kommt eine Liquidität von rd. 160 Mio. € und damit hat Solarworld dann noch eine Nettofinanzverschuldung von um die 300 Mio. € und eine Eigenkapitalquote von > 30%. Damit kann man gut leben um die nächsten 1 bis 2 Jahre über die Runden zu kommen und ab 2015 gehe ich mal davon aus. dass viele Solarunternehmen wieder gute Gewinne erzielen werden. Vor allem die vertikal integrierten.
Meiner Meinung nach entsteht durch den Debt Equity Swap und dem Einstieg der Kataris eine "neue" Solarworld. Ob die "neue" Solarworld erfolgreich werden wird, kann ich selbstverständlich nicht zu 100% Stand heute beurteilen, aber die Voraussetzungen sind meiner Einschätzung nach jedenfalls gut. Vor allem, weil die Kataris bei der Projektfinanzierung helfen können/werden, Überkapazitäten werden sich wohl in den nächsten 12/15 Monate so gut wie auflösen (sehr großer Vorteil für die wenigen vertikal integrierten Solarunternehmen), Solarmarkt wird wesentlich globaler (2014 kommen als neue, signifikante Märkte der Mittlere Osten, Afrika, Lateinamerika, Zentralamerika und Südost-Asien dazu), Wandel im europäischen Aufdachanlagengenschäft durch den Verkauf von Komplettsystemen.
Meine Anleihenrechnung sieht ganz anders aus wie deine ferb:
- 65 Mio. € bleiben als Schulden stehen (pro Anleihe also 439,39 €) - 8,7 Mio. € an direkter Cashauszahlung (pro Anleihe also 57,84 Mio. €) - 11 Mio. Solarworldaktien (nach PwC-Analyse hat eine Solarworld-Aktie nach den Finanzmaßnahmen einen Wert von 16,44 € und für die 2016er Anleihe wäre das ein Gegenwert von 111,30 € - nach dem Solarworldszenario sogar 163,57 €)
Nach meiner Rechnung wäre also die 2016er Anleihe 60,8% wert. So hoch wird sie sicher nicht gehen bis Ende August (so lange ist meine derzeitige Zeitrechnung für die Anleihe), aber so an die 40% könnte sie schon gehen (dann wäre der Abschlag immer noch bei 34%), wenn im August auf den beiden Anleihengläubigerversammlungen und auf der Hauptversammlung der Finanzrestrukturierungsplan durch gewunken wird.
Ein wenig optimistisch darf man doch sein oder nicht ferb ? |