Ich sehe es ganz ähnlich wie du und halte den genauen Wert des KGV auch nicht für relevant, mich interessiert für den Vergleich mit anderen Unternehmen derselben Branche (und nur insoweit erscheint mir ein KGV als Kennzahl überhaupt sinnvoll) eher die Größenordnung.
Ob man insoweit für die Berechnung des KGV das EBT (Gewinn vor Steuern) oder das Jahresergebnis heranzieht, ist Geschmackssache. Ich bevorzuge das EBT, da es m.E. die für die Unternehmensbewertung zuverlässigere Kenngröße ist. Das Jahresergebnis hängt von zu vielen Variablen ab, die mit dem langfristigen Unternehmenserfolg nichts zu tun haben.
Beispielsweise hat ThyssenKrupp im letzten Geschäftsjahr ein positives Jahresergebnis von rund 9,58 Mrd. € erzielt, woraus sich ein KGV von deutlich < 1 errechnen würde. Aber ist diese Zahl wirklich aussagekräftig, wenn man weiß, dass das EBT im gleichen Jahr deutlich negativ war und – 5,59 Mrd. € betrug? Das positive Jahresergebnis war allein dem Elevator-Verkauf geschuldet und TKA hat konsequenterweise – trotz des gigantischen Jahresergebnisses – keine Dividende bezahlt.
Selbst die Berücksichtigung der Steuerlast macht für mich bei der Unternehmensbewertung nur begrenzt Sinn, da diese durch Verlust-Vorträge und steuerliche Gestaltungsoptionen in der Jahresbetrachtung verzerrt werden (und sich nur längerfristig ausgleicht).
Insofern ist ein KGV von 3,5 (bezogen auf das mutmaßliche Jahresergebnis) genauso richtig wie ein KGV von 2 (bezogen auf das prognostizierte EBT).
Hinsichtlich der Pensionsrückstellungen sehe ich es selbstverständlich genau wie du, dass diese als Verbindlichkeiten (abgezinst) berücksichtigt werden müssen. Ich sehe aktuell allerdings kein Problem (mehr) darin. Der Tiefpunkt der Zinskurve ist durchschritten und die Pensionsrückstellung verringern sich damit jedes Jahr bilanziell. Anders würde ich es sehen, wenn die Eigenkapitaldecke bereits sehr dünn wäre und wir am Anfang eines Zinssenkungszyklus stehen würden; dann könnte das Unternehmen sehr schnell in eine Schieflage geraten.
Ein erhebliches Risiko (das sich in der Bilanz nicht widerspiegelt) sehe ich dagegen im anstehenden Umbau auf „Grünen Stahl“. Ob SZG (und die anderen europäischen Stahlunternehmen) das tatsächlich stemmen können, weiß ich nicht. Ich rechne hier allerdings mit staatlicher Unterstützung, da niemand ein Interesse daran hat, wenn Europa keine eigene Stahlindustrie mehr besitzt. Wasser, Lebensmittel, Energie, Stahl und Zement sind die unverzichtbaren Grundlagen jeder Volkswirtschaft. Europa kann und wird sich hier niemals allein von Importen abhängig machen. |