ROUNDUP: US-Justiz setzt für Anleger Rekordzahlungen von Banken durch 13:15 08.08.08
NEW YORK (dpa-AFX) - Zehntausende durch die Kreditkrise geschädigte Anleger sollen auf Druck der US-Justiz bislang beispiellose Ausgleichszahlungen in Milliardenhöhe erhalten. Angesichts massiver Ermittlungen der US-Behörden erklärten sich der Finanzkonzern Citigroup (Profil) und die Investmentbank Merrill Lynch (Profil) zum Rückkauf spezieller Anleihen (ARS) vor allem von Privatanlegern für fast 20 Milliarden Dollar (13 Mrd Euro) bereit. Der Markt für solche Papiere war im Februar wegen der Finanzkrise zusammengebrochen, Banken konnten ihre Zusagen nicht einhalten.
Auch bei weiteren Häusern wie der Schweizer UBS (Profil) stehen Medienberichten zufolge enorme Zahlungen bevor. Eine Sprecherin der Schweizer Großbank wollte sich am Freitag nicht zu den Einzelheiten äußern. "Wir arbeiten nach wie vor eng mit den Behörden zusammen, um Lösungen zu finden", sagte sie in Zürich. Zu einem Zeitungsbericht, demzufolge die Bank ARS-Anleihen für bis zu 3,5 Milliarden Dollar zurückkaufen wolle, um das Klagerisiko zu vermindern, lehnte sie einen Kommentar ab.
CITIGROUP MACHT DEN ANFANG
Als erste Bank stimmte die Citigroup im Fall der sogenannten auktionsbasierten Anleihen einem Vergleich zu. Die Einigung komme fast 40.000 privaten Anlegern sowie 2.600 professionellen Investoren zugute, teilten die SEC und der New Yorker Generalstaatsanwalt Andrew Cuomo am Donnerstag (Ortszeit) in Washington und New York mit. Die Bank verpflichtete sich zum Rückkauf von Kleinanleger-Papieren für mehr als sieben Milliarden Dollar. Bei institutionellen Kunden will sie nach Möglichkeit Anleihen für zwölf Milliarden Dollar wieder zu Geld machen. Die Bank zahlt zudem 100 Millionen Dollar an Zivilstrafen.
Merrill Lynch sagte Kleinanlegern ohne einen Rechtsvergleich die Rücknahme von Papieren für zehn Milliarden Dollar zu. Die von der Kreditkrise schwer getroffene Schweizer Großbank führe mit den Behörden Gespräche über ein Volumen von sogar 25 Milliarden Dollar, berichtete die Finanznachrichten-Agentur Bloomberg unter Berufung auf Insider. Banken hatten Anlegern fälschlich versprochen, sie könnten die speziellen Papiere jederzeit wieder verkaufen.
DROHENDE KLAGEN ABWENDEN
Mit den Zahlungen wollen die Banken drohende Klagen abwenden. Die SEC nimmt derzeit Berichten zufolge rund 20 Finanzhäuser in der Sache unter die Lupe. Cuomo und die Justizbehörden weiterer US- Bundesstaaten führen demnach zudem in mehr als einem Dutzend Fällen Ermittlungen und werfen den Banken schweres Fehlverhalten vor.
Das Problem der speziellen Anleihen betreffe keineswegs nur die Experten der Wall Street, sondern zahlreiche Kleinanleger, sagte Cuomo auf einer Pressekonferenz. "Ich wollte, dass die Leute ihr Geld zurück bekommen. Und jetzt bekommen sie es zurück."
Insgesamt sitzen Investoren weltweit laut groben Schätzungen auf auktionsbasierten US-Anleihen im Wert von rund 200 Milliarden Dollar, davon könnten etwa 50 Milliarden auf Privatanleger entfallen. Die Spezialanleihen wurden insbesondere von Städten, Kommunen und Organisationen in den USA für ihre Finanzierung ausgegeben. Nach dem Zusammenbruch des Marktes haben nun landesweit viele von ihnen massive Haushaltsprobleme, weil sie nicht mehr an Geld kommen
ZWITTER-ANLEIHEN
Die Auction-Rate-Securities (ARS) sind Anleihen, deren Zinsen regelmäßig bei Auktionen festgesetzt wurden. Anleger konnten früher bei diesen Terminen ihre Papiere ohne Probleme verkaufen, bis der im Februar noch 330 Milliarden Dollar schwere Markt durch die Krise komplett einfror.
Die Banken schufen mit dem Instrument in den 80er Jahren eine Art Zwitter-Anleihe: Trotz langer Laufzeiten mussten die Emittenten vergleichsweise niedrige Zinsen bezahlen, weil die Anleger durch die Auktionen die Papiere wie kurzfristige Anleihen stets wieder zu Geld machen konnten - zumindest bis zur Kreditkrise. /fd/DP/sb
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