Quelle: Wirtschaftswoche
Hochzeit aus purer Not
von Jürgen Berke Das Interesse war schon länger da, am Ende konnte United-Internet-Chef Dommermuth nicht länger mit der Übernahme warten. Die Gefahr war groß, dass andere Web-Konzerne den Mobilfunk-Discounter Drillisch wegschnappen.
Wer Ralph Dommermuth schon länger kennt, der weiß, dass der Gründer und Vorstandsvorsitzende von United Internet vor allem eines hasst: Abhängigkeit. Das gilt vor allem für die mobilen und festen Infrastrukturen, die United Internet für den Verkauf ihrer Produkte benötigt. Die Netzbetreiber gegeneinander ausspielen und mit seiner Vertriebsmaschine die besten Einkaufskonditionen herauszuholen – auf dieser Klaviatur spielt Dommermuth so perfekt wie kein anderer deutscher Internet-Unternehmer.
Zuletzt klappte das nicht mehr so virtuos. Trotz mehrerer Anläufe wollten Dommermuths langjährige Mobilfunk-Partner Vodafone und Telefónica keine weitergehenden Zugriffsrechte und Kapazitäten auf ihre neuen superschnellen LTE-Mobilfunknetze einräumen. Da sitzt Dommermuth in einem Boot mit dem Web-Riesen Amazon, der ebenfalls als virtueller Mobilfunkbetreiber auf dem deutschen Mobilfunkmarkt durchstarten will und mit diesem Projekt nicht mit offenen Armen von den Mobilfunkbetreibern empfangen wird.
Zur Not muss man halt die Braut heiraten, die solch eine Mitgift besitzt: den Mobilfunk-Discounter Drillisch. Das Unternehmen hat alles, was Dommermuth braucht. Bis 2030 besitzt Drillisch alle vertraglichen Garantien, um bis zu 30 Prozent aller Netzkapazitäten von Telefónica nutzen zu können. Dieser Vertrag gilt auch für die noch zu bauenden Mobilfunknetze der fünften Generation (5G) und war Teil der Zugeständnisse, die die Wettbewerbshüter in Brüssel vor der Freigabe der Fusion zwischen Telefónica und E-Plus im Herbst 2014 durchsetzten.
Auch Dommermuth hatte 2014 mit harten Bandagen um diesen Vertrag gekämpft – und gegen Drillisch verloren. Es war einer der bittersten Niederlagen in Dommermuths steiler Karriere auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt. Mit der Übernahme von Drillisch kommt er jetzt – drei Jahre später - doch noch zum Ziel.
Das Gute ist: Wenn nicht Dommermuth den Heiratsantrag gestellt hätte, hätte es jemand anders – vielleicht sogar Amazon – getan. So bleibt das Unternehmen auch in der neuen Konstellation unter deutscher Kontrolle. Und Dommermuth kommt seinem Ziel, eine Miniatur-Ausgabe der Deutsche Telekom aufzubauen, ein großes Stück näher. Mit Kai-Uwe Ricke als Aufsichtsrat und René Obermann als Investor arbeiten bereits zwei ehemalige Vorstandsvorsitzende der Deutschen Telekom an seiner Seite.
Die schlechte Nachricht ist: Neue Preiskämpfe auf dem deutschen Mobilfunkmarkt wird es wohl nicht geben. Die Entwicklung sei schwer vorherzusagen, sagte Dommermuth in einer Telefonkonferenz. Aber er erwarte „keine weiter sinkenden Preise“. Nur zwölf Euro zahlen Drillisch-Kunden durchschnittlich derzeit pro Monat. Aus Sicht von United Internet lässt sich deutlich mehr Umsatz aus den über drei Millionen Kunden herausholen.
Gruß
Nednett |