Bereitschaft einer Zusammenarbeit zwischen Nordafrika und Europa ist (seit dem Arabischen Frühling) deutlich gestiegen" 3. Teil: "Strom aus der Wüste - oder massiv Energie einsparen" mm: Wie haben die Rebellionen in den arabischen Ländern die Ausgangssituation für Desertec verändert? Schön: Die Bereitschaft einer Zusammenarbeit zwischen Nordafrika und Europa ist deutlich gestiegen. Waren es früher vor allem persönliche Interessen, wurden diese inzwischen aber durch demokratische Prozesse ersetzt. Das verlangsamt Entscheidungen, demokratisiert sie aber auch. Das kennen wir ja auch aus Deutschland gut (lacht). mm: Trotz Demokratie war es in Deutschlands möglich, von heute auf morgen aus der Atomkraft auszusteigen. Inwieweit hat dies Desertec beeinflusst? Schön: Vor dem Ausstieg gab es ja zunächst sogar die Verlängerung. Was dazu führte, dass einige Beteiligte in der Politik gesagt haben, jetzt könne das Thema Desertec ja ganz in Ruhe angegangen werden. Dann kam jedoch der Ausstieg - und es mussten schnell Alternativen her. Und meiner Ansicht gibt es da zurzeit nur zwei halbwegs schnell umsetzbare Strategien: die eine ist Desertec, weil es technisch machbar, bereits bekannt und schon gestartet ist. Die zweite Strategie ist massive Energieeinsparung. Ich glaube, dass die Fantasie der Politik diesbezüglich noch überschaubar ist. mm: Wie haben Sie denn die Fantasie der Unternehmen für Desertec geweckt? Schön: Wichtig war uns, dass wir der Öffentlichkeit und den Unternehmen ein gemeinsames Label bieten konnten, das Wiedererkennung ermöglicht. In einem zweiten Schritt haben wir überlegt, mit welcher politischen Botschaft wir die Initiative verbinden könnten. Und da haben wir es als interessant empfunden, jene Konzerne mit ins Boot zu holen, die zu den Profiteuren einer neuen Energiewirtschaft gehören könnten. mm: Und wie profitieren die Teilnehmer der Desertec-Industrieinitiative wie Siemens, Eon oder die Munich Re? Schön: Die Motive der einzelnen Unternehmen unterscheiden sich sehr. Einem Versicherer geht es darum, den Klimaschutz zu fördern, damit Überschwemmungen und Wirbelstürme nicht vom Ausnahmefall zum Regelereignis werden, denn bei der Zunahme solcher Ereignisse können viele Projekte nicht mehr vernünftig versichert oder finanziert werden. Bei den Energiekonzernen ist inzwischen zu spüren, dass es Druck von der Kapitalseite gibt, denn Geldanleger erwarten Alternativen zu der bisherigen fossilen Energiegewinnung. Andere Mitglieder der Industrieinitiative Dii profitieren zum Teil von sehr konkreten Anforderungen, die das Projekt mit sich bringt. Nehmen Sie die IT-Branche: Diese Unternehmen erhoffen sich Geschäfte aus dem Bau von intelligenten Stromnetzen, den Smart Grids und der Steuerung neuer Super Grids. Andere hingegen bauen Komponenten für Kraftwerke oder Hochspannungsnetze, wie sie bereits in der Ostsee verlegt wurden. In Brasilien und China sind diese Hersteller ebenfalls im Geschäft. Warum dann nicht auch im Mittelmeer zwischen Nordafrika und Europa? mm: Auch Solar Millennium gehört zu den Gründungsmitgliedern der Dii GmbH. Vor wenigen Tagen musste der Solarthermieanbieter Insolvenz anmelden. Was bedeutet das für Ihr Projekt? Schön: Ich glaube, dass es nicht viel bedeuten wird. Ich gehe davon aus, dass der Kern des Unternehmens sehr schnell gekauft wird. Denn die Technologie ist wertvoll. Dass junge Unternehmen, die schnell wachsen, auch schneller einmal Insolvent gehen können, trifft im Übrigen auch auf andere Branchen zu. Nehmen wir nur die Internetblase zur Jahrtausendwende. Diese hat ja auch nicht dazu geführt, dass das Internet sich nicht durchgesetzt hat. |