Hälfte der Anleger erwartet Irlands Pleite Geht Irland pleite?: Regierungsgebäude in Dublin.
13.11.2010 08:00
Eine Mehrheit internationaler Investoren geht davon aus, dass Irland letzlich einen Zahlungsausfall auf seine Staatsanleihen anmelden wird.
Was ist der Unterschied zwischen Irland und Island? Ein Buchstabe und sechs Monate. So lautete der Witz, als die isländischen Banken 2008 zahlungsunfähig wurden.In der Zwischenzeit hat sich gezeigt, dass die Zeitschätzung ziemlich daneben lag, denn die durchschnittlichen Kosten für Kreditausfallswaps auf die drei grössten irischen Banken erreichen erst jetzt Werte wie bei den grössten Banken Islands vor ihrem Zusammenbruch.
Die Investoren spekulieren darauf, dass Irland den gleichen Weg einschlagen muss wie Island und seine Banken zahlungsunfähig werden lässt, um seine eigenen Schulden bedienen zu können. Die Kosten für den irischen Staat, um seine von faulen Hypothekenkrediten belasteten Banken zu retten, dürften auf 70 Milliarden Euro anschwellen, befürchtet Morgan Kelly, Volkswirtschaftsprofessor in Dublin.
Zahl der pessimistischen Anleger seit Juni verdreifacht
Der einstige «keltische Tiger» ist trotz seit Wochen andauernder Bemühungen der Regierung in Dublin nicht in der Lage, die Sorgen der Anleger zur Kreditwürdigkeit des Landes zu zerstreuen. In der jüngsten vierteljährlichen Bloomberg-Umfrage unter 1030 Investoren und Analysten weltweit gaben 51 Prozent der Befragten an, einen Zahlungsausfalls Irlands als wahrscheinlich zu betrachten. Seit Juni hat sich der Anteil der Experten, die diese Befürchtung hegen, damit verdreifacht. 42 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass Irland die Pleite abwenden kann.
Mit einem Zahlungsausfall Griechenlands rechnen 71 Prozent der Befragten, Portugal gilt bei 38 Prozent als Pleitekandidat. Die Risikoprämie irischer Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen hatte am Donnerstag den Rekordwert von 652 Basispunkten erreicht. Dies verdeutlicht die Zweifel an der Fähigkeit des irischen Staates, die Banken im Lande weiter stützen zu können.
Notenbankgouverneur von Rückkehr irlands überzeugt
«Irland wird in den nächsten 18 Monaten einen Zahlungsausfall anmelden», prognostiziert Umfrageteilnehmer Ned Lott, Senior Vice President von MF Global in Chicago. Nach zehn Jahren eines vornehmlich kreditfinanzierten Immobilienbooms kämpft Irland sowohl mit einer schweren Bankenkrise als auch der tiefsten Rezession seit mindestens 1947.
Irlands Notenbankgouverneur Patrick Honohan ist von einer Rückkehr Irlands an den Anleihemarkt im nächsten Jahr überzeugt. «Es gibt keinen Grund, warum Irland im kommenden Jahr nicht in der Lage sein sollte, an den Bondmarkt zurückzukehren», sagte Honohan in einem Interview mit Bloomberg-TV am Mittwoch in Dublin. «Märkte brauchen Zeit, um wieder Vertrauen zu fassen. Dazu sind mehr als beruhigende Worte von mir oder anderen nötig», fügte der Notenbanker hinzu, der auch Mitglied im EZB- Rat ist.
Wahrnehmung und Psychologie der Anleger entscheidend
Die Massnahmen der Regierung in Dublin, darunter Einsparungen und Steuererhöhungen im Umfang von sechs Milliarden Euro, sollten dazu beitragen, «die Zuversicht zu steigern», so Honohan. «Bei der Frage des Zahlungsausfalls geht es vornehmlich um die Wahrnehmung und die Psychologie der Anleger. Ich glaube, wir haben da eine Schwelle überschritten», sagte Umfrageteilnehmer Nicolas Lenoir, Leiter Marktstrategie beim Broker ICAP Futures in New York.
Die Bloomberg-Umfrage zeigte, dass bei den Anlegern rund um den Globus in der Frage der irischen Zahlungsfähigkeit weitgehende Übereinstimmung herrscht. Während in den USA und in Europa Mehrheiten von einer drohenden Pleite Irlands ausgehen, lag der Vergleichswert bei Umfrageteilnehmern aus Asien bei 48 Prozent.
Die Umfrage wurde am 8. November vom Marktforschungsinstitut Selzer & Co. in Des Moines im US- Bundesstaat Iowa durchgeführt. Die Fehlermarge liegt bei plus/minus 3,1 Prozentpunkten.
(Bloomberg) |