FTD, 11.3.06 Da steckt noch viel mehr drin von Lars Reppesgaard
Mehrkern-Prozessoren machen Computer noch schneller, sofern die Software mitkommt. Viele Kunden, die einen neuen Dual-Core-Rechner kaufen, merken deshalb zunächst wenig vom versprochenen Leistungszuwachs.
Es gibt kaum etwas, bei dem die ewigen Konkurrenten Intel und AMD so einig sind wie bei der Frage nach den Mehrkern-Prozessoren. Beide Chiphersteller sind überzeugt davon, dass dieser Technik die Zukunft gehört.
Bis vor wenigen Monaten fand sie sich fast nur in den Servern mächtiger Unternehmenssysteme. Inzwischen haben die Hersteller Mehrkernchips auch in Desktopcomputern und Laptops verbaut.
Das Rennen um den höchsten Hertzwert löst nun auch am Heim-PC das Wettrüsten der Computerkerne mit zwei oder mehr parallel arbeitenden Rechenwerken ab.
Ein Weg aus der Sackgasse
Für die Hersteller ist die Technologie ein Segen. Schließlich nutzen die Heimanwender ihre Rechner intensiver denn je. „Wenn mehrere Anwendungen auf einem Rechner gleichzeitig laufen, kann es vorkommen, dass dies manche Systeme in die Knie zwingt“, sagt Jörg Hartmann, Marketingchef bei Fujitsu Siemens Computers Deutschland.
Zugleich planen die Hersteller, Computer und Laptops serienmäßig mit noch mehr Arbeit einzudecken – etwa durch das Übertragen von Daten via UMTS oder W-Lan oder durch die Aufgabe, als Mediencenter das Unterhaltungsprogramm im Wohnzimmer zu steuern.
Die Mehrkernprozessoren weisen den Chipherstellern den Weg aus einer Sackgasse. Mittlerweile lassen sich über eine höhere Taktfrequenz nämlich nur noch minimale Leistungsgewinne für den einzelnen Computer herausholen.
Zugleich steigen Stromverbrauch und Abwärme. „Jetzt können wir mehr Leistung anbieten, ohne dass wir die Taktraten nach oben treiben müssen“, erklärt Hartmann.
Das Potenzial voll ausschöpfen
In Zukunft wird entscheidend sein, wie schnell eine Maschine die Aufgaben, die eine Software zuweist, über die verfügbaren Rechenwerke abarbeitet.
Dieses neue Konzept ist aber auch der Grund dafür, dass viele Kunden, die einen neuen Dual-Core-Rechner kaufen, zunächst wenig vom versprochenen Leistungszuwachs merken werden.
Das Potenzial der Mehrkernsysteme lässt sich nur ausschöpfen, wenn die Software ihre Arbeit auf mehrere parallel laufende Rechenwerke verteilt.
Microsoft hat bereits angekündigt, in Zukunft voll auf die Multi-Core-Technologie zu setzen. Das neue Betriebssystem Windows Vista etwa soll die Mehrkernprozessoren besonders gut unterstützen. Doch die meiste Software, die heute auf Computern läuft, ist für Prozessoren mit nur einem Kern geschrieben.
Klassische Computerspiele etwa errechnen zunächst, welche Veränderungen eine Aktion der Spieler zur Folge hatte, und machen sich dann daran, das Geschehen auf dem Bildschirm darzustellen.
An die Mehrkernchips anpassen
Anders bei Multi-Core-Prozessoren: Damit die neuen Rechner schneller arbeiten, brauchen sie Programme, bei denen sich die Funktionen auf mehrere parallel ablaufende Aktionen verteilen lassen.
„Das ist eine große Umstellung“, sagt Carsten Orthbandt, Development Director beim Softwarehersteller Spieleentwicklungskombinat (SEK) in Berlin. „Bevor man ein Spiel oder eine Datenbank programmiert, muss man sich Gedanken machen, wie man die Aufgaben parallelisieren kann.“
SEK arbeitet derzeit an einem Abenteuerspiel namens Paraworld. Dabei haben die Programmierer den Spielecode so zerlegt, dass die Spielelogik von einem Prozessor bearbeitet wird, während der andere Prozessor die Grafik übernimmt.
Auch die Hersteller von Animations- und Videobearbeitungssoftware werden ihre Produkte an die Mehrkernchips anpassen. Das sei er „zu 100 Prozent sicher“, sagt Hartmann.
FTD-Dossier 18.1.2006 Intel kämpft mit neuen Produkten um Vorherrschaft
von Andreas Albert, Hamburg
Der weltgrößte Prozessorhersteller Intel hat im Kampf um Marktanteile gegenüber seinem Konkurrenten AMD an Boden verloren. Mit neuen Produkten will der Konzern den Vormarsch des Verfolgers stoppen.
"Enttäuschend", kommentiert Norbert Kretlow, Analyst bei Independent Research, am Mittwoch die Zahlen von Intel. Der Konzern habe vor allem bei Desktop-Computern und Servern Probleme. Dagegen sei der Konkurrent AMD deutlich erstarkt. "Auch für 2006 haben wir bessere Perspektiven erwartet", sagte Kretlow.
Intel hat im vierten Quartal den Umsatz zwar um sechs Prozent gesteigert, blieb damit jedoch wie beim Gewinn, der um etwa 20 Prozent anzog, hinter den Erwartungen der Analysten zurück. Zudem hat AMD nach Angaben von Intel rund einen Prozentpunkt Marktanteil zugewonnen.
Starker Preisdruck lastet auf Intel
"Wir haben vor allem bei Desktop-Prozessoren im niedrigen Preisbereich Anteile abgegeben", sagte der Deutschland-Chef von Intel, Hannes Schwaderer. Bei Desktop-PC sei vor allem der starke Preisdruck verantwortlich für Intels schwache Performance, sagte Kretlow. Er erwartet auch in diesem Jahr Marktanteilsgewinne für AMD. "Dieser Trend ist kaum noch anzuhalten", sagte er.
Mit einer neuen Produktpalette will Intel jedoch seinen Marktanteil verteidigen. Dazu zählen vor allem die neuen Prozessoren mit zwei Kernen, die die bisher üblichen Einkern-Prozessoren ablösen sollen. Sie versprechen bei geringerem Stromverbrauch einen Leistungszuwachs von rund 70 Prozent. Damit will der Konzern vor allem in der Unterhaltungselektronik wachsen. Vergangene Woche kündigte der Computerhersteller Apple mehrere Produkte mit dem neuen Intel Dual-Core-Prozessor an.
"Investitionen von Zuversicht geprägt"
Aber auch in anderen Marktsegmenten wie dem Gesundheitswesen oder in der Autoelektronik gebe es Fortschritte. Hier sei vor allem Deutschland Vorreiter, sagte Schwaderer. Er verwies dabei auf die Zusammenarbeit mit BMW, die neue Märkte für Intel erschließen soll.
"Mit der Fertigungstechnik von 65-Nanometer-Chips sind wir der Konkurrenz eine Generation voraus", sagte er weiter. Mit dieser Technik könne Intel Prozessoren mit zwei Kernen zum Preis von Einkern-Prozessoren profitabel herstellen.
"Die Investitionen in Forschung und Entwicklung sind von Zuversicht geprägt", sagte Schwaderer weiter. Der Konzern will in diesem Jahr rund 6,5 Mrd. $ investieren und mit 6,9 Mrd. $ seine Produktionskapazitäten ausbauen.
Deutschland-Geschäft zufriedenstellend
Über den Jahresverlauf im Konzern zeigte sich Schwaderer "nicht ganz so unglücklich". "Wir haben im Gesamtjahr Rekordzahlen erreicht, die Tendenz ist richtig", sagte er. Besonders das Deutschland-Geschäft sei sehr zufrieden stellend verlaufen. "Bei der Centrino-Plattform für Notebooks war Deutschland das erfolgreichste Land für Intel", sagte er. Auch bei Prozessoren für Server wie dem Itanium und dem Xeon lag Deutschland im Konzernvergleich weltweit vorn.
Schwaderer nannte drei Faktoren, warum konzernweit die eigenen Umsatzziele verfehlt wurden. Zum einen konnten die Nachfrage nach Chipsätzen nicht befriedigt werden. "Die Produktionskapazitäten sind unter der starken Nachfrage geblieben", sagte Schwaderer. Auch Dritthersteller konnten den Engpass nicht ausgleichen und bremsten den Prozessor-Absatz. Zum anderen bekam Intel einen rückläufigen Bedarf an Desktop-Rechnern zu spüren. "Hier hatten wir uns mehr erhofft", sagte er. Als dritter Effekt habe der aggressive Preiskampf im Niedrigpreis-Segment auf den Umsatz gedrückt. Von dem resultierenden Rückgang beim Marktanteil profitierte vor allem Hauptkonkurrent AMD.
Wie stark AMD bei Intel wildern kann, sei jedoch schwer zu beantworten, sagte Analyst Kretlow. "Intel ist ja quasi Monopolist bei Prozessoren", allerdings habe AMD bei den großen Computerherstellern jetzt die kritische Masse erreicht, um als Zulieferer akzeptiert zu werden. Für Intel werde es nicht so leicht, hier verlorenes Terrain zurückzugewinnen. Der Konzern müsse seine Produktstrategie vermehrt gegen AMD richten.
ftd.de, 18.01.2006 Kommentar: Intel bleibt einen Sprung voraus
von Andreas Albert, Hamburg
Der Quartalsbericht und der Ausblick von Intel haben die Investoren enttäuscht. Dennoch wird der weltgrößte Prozessorhersteller seine Vormachtstellung auf absehbare Zeit behaupten können.
Intel hat mit einem Gewinnsprung von 21 Prozent je Aktie und einem Umsatzanstieg von sechs Prozent im vierten Quartal die Erwartungen der Börsen verfehlt. Beim Umsatz konnte sogar die eigene, reduzierte Prognose nicht gehalten werden.
Der ewige Konkurrent AMD hat dagegen seinen Marktanteil bei niedrigpreisigen Desktop-Prozessoren ausgebaut. Das alles sollten Alarmsignale für Intel sein. Dass der Konzern dennoch zuversichtlich in die Zukunft blicken kann, liegt nicht nur an der quasi-Monopolstellung, die ein Marktanteil von rund 80 Prozent mit sich bringt.
Auf dem Weg ins Wohnzimmer
Mit seinen neuen Produkten wie dem Dual-Core-Prozessor und der Viiv-Technik drängt das Unternehmen in die Wohnzimmer. Und dort ist für den Chiphersteller noch einiges zu holen. Das Verwalten und Bearbeiten von Filmen, Musik und Bildern wird künftig immer stärker an Bedeutung gewinnen. Dafür braucht es leistungsfähige Prozessoren und Plattformen, die einfach zu bedienen und vor allem leise sind.
Ein geschickter Schachzug war auch die Vermarktung der Zusammenarbeit mit Apple. Die liefert Intel einen Imagegewinn und durch den Einsatz in den schicken Macintosh-Rechnern wird gleichzeitig ein neuer Absatzkanal eröffnet. Selbst wenn Intel-Partner Dell seine Rechner für den Konkurrenten AMD öffnet, wird der Konzern aus Santa Clara seine Vorherrschaft trotz schrumpfender Marktanteile verteidigen können. Auf absehbare Zeit bleibt Intel der Konkurrenz einen Sprung voraus.
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