Hallo, ganz interessanter Artikel....VG Melody
Erschienen in FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND Seite 4 Erscheinungsdatum 06.10.2009
Zuwachs in Deutschland über Prognosen · Neue Argumente für Subventionskritiker
Berlin - Der Bau von Solaranlagen in Deutschland hat im Laufe des ersten Halbjahrs massiv zugelegt. Allein zwischen Juni und Juli hat sich der Zubau um über 50 Prozent beschleunigt. Hält der Zuwachs in dieser Dynamik an, würden 2009 alle bisherigen Branchenprognosen weit übertroffen. Allein im Juli wurden bei der Bundesnetzagentur 14 218 neue Anlagen mit einer Kapazität von 308 Megawatt (MW) gemeldet. Analysten der Bank Merck Finck gehen inzwischen von einem Zubau von 2300 MW für 2009 aus.
Umweltpolitiker und Branchenverbände rechnen derzeit mit deutlich geringeren Solarinvestitionen. Noch im Frühjahr schätzte der Europäische Solarverband EPIA den Zubau in Deutschland in diesem Jahr auf 2000 Megawatt, nach 1500 im Jahr 2008. Die neuesten Zahlen der Bundesnetzagentur deuten darauf hin, dass diese Prognose deutlich übertroffen werden dürfte. Möglicherweise fällt der Zubau in diesem Jahr bis zu doppelt so hoch aus wie 2008. Damit dürfte der Druck bei den anstehenden Koalitionsverhandlungen steigen, die garantierten Einspeisevergütungen deutlich zu senken.
Der Grund für die dramatische Zunahme des Neubaus liegt in den eingebrochenen Preisen für Photovoltaikanlagen, wie sie Häuslebauer und Betreiber von Solarparks derzeit bezahlen müssen. Die Preise für Solarmodule sind seit vergangenem Sommer um rund ein Drittel gesunken.
Der ungebrochene Boom der Photovoltaik kommt auch für Experten der Branche überraschend. Noch im Frühjahr hatten sich Analysten besorgt gezeigt, dass sich Banken bei der Finanzierung zurückhalten könnten. Vor allem größere Solarparks waren mit hohem Anteil fremdfinanziert worden. Tatsächlich ist aber die befürchtete Kreditklemme in der Solarwirtschaft offenbar ausgeblieben. So ist die Finanzierung von Solaranlagen und -parks eine extrem sichere Investition. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) garantiert die Stromabnahme für 20 Jahre zum anfangs festgelegten Preis von derzeit 43 Cent je Kilowattstunde, bei großen Anlagen immerhin noch 33 Cent. Damit zahlen alle Stromkunden 20 Jahre lang diesen höheren Strompreis mit.
Bei der Revision des EEG lagen die konservativen Schätzungen des Bundesverbands Solarwirtschaft auf dem Tisch. Nach Berechnungen des Forschungsinstituts RWI hätte ein Zubau um 680 MW über die nächsten 20 Jahre Zusatzkosten für den Stromverbraucher von 3,1 Mrd.Euro verursacht. Sollte der Zubau bei 2000 MW liegen, wären damit zusätzliche Kosten von 9,1 Mrd.Euro verbunden, bei 3000 MW wären es 13,7 Mrd. Euro.
Deutsche Hersteller der Solarmodule dürften vom gegenwärtigen Boom immer weniger profitieren. Chinesische Hersteller haben zweistellige Kostenvorteile und bauen derzeit ihre Produktionskapazitäten aus. Auch deutsche Firmen verlegen die Produktion zunehmend ins Ausland.
Autorenangabe: Hubert Beyerle |