AIG-Chef Edward Liddy stimmt den US-Kongress auf einen langen Weg zur Sanierung seines Versicherungskonzerns ein
New York - Keine zwei Monate ist es her, da schlug den Angestellten des Versicherers AIG Hass entgegen, allen voran Konzernchef Edward Liddy. Er hatte Bonuszahlungen genehmigt, obwohl das Unternehmen nur durch einen gigantischen Staatskredit am Leben gehalten wurde. Seither ist die Wut ein wenig abgeklungen. Die US-Wirtschaft zeigt erste Anzeichen einer Stabilisierung. So durfte Liddy bei seinem Auftritt vor dem Kongress am Mittwoch auf Milde hoffen. Doch der scharfe Ton der Abgeordneten erinnerte ihn daran, dass AIG ein Reizwort bleibt in Amerika. Dabei hatte Liddy eine gute Nachricht im Gepäck. Weitere Hilfen brauche AIG vorerst nicht, sagte er.
Bemerkenswert für ein Unternehmen, das im vierten Quartal 2008 den höchsten Verlust der Wirtschaftsgeschichte angehäuft hatte.
Allerdings schränkte Liddy seine Zuversicht ein: Ob AIG künftig doch noch Staatskredite benötige, hänge von der konjunkturellen Entwicklung ab. Bislang summieren sich die Finanzhilfen von Finanzministerium und Notenbank auf 180 Milliarden Dollar. Im Gegenzug erhielt der Staat knapp 80 Prozent der AIG-Anteile. Liddy appellierte an die Abgeordneten, sich als "Partner" zu betrachten: "Zügellose, ungerechtfertigte Kritik an AIG führt nur dazu, den Wert unseres Geschäfts in aller Welt zu verringern." Doch die Politiker blieben hart. Immer übten sie Kritik an Liddys Informationspolitik. Auch den drei Kontrolleuren, die die Notenbank berufen hat, um dem Unternehmen auf die Finger zu schauen, misstrauen sie.
AIG steht vor einer doppelten Herausforderung. So gilt es, die riskanten Transaktionen der konzerneigenen Finanzsparte zu entschärfen, die den Konzern in den Abgrund gestürzt hatten. Dafür braucht der Konzern das Spezialwissen von hochbezahlten Angestellten, die in den vergangenen Monaten angefeindet wurden. Auch muss Liddy Firmenteile abstoßen, um Einnahmen zu schöpfen, mit denen er die Schulden bei den US-Steuerzahlern begleichen kann. Dabei erzielte Liddy zu Wochenbeginn einen wichtigen Erfolg. AIG verkaufte ein Hochhaus in Tokyo, das bisher als Japan-Hauptquartier diente, an die Nippon Life Insurance für 1,2 Milliarden Dollar in bar.
Bei weiteren Verkäufen will Liddy sich Zeit lassen, um Dumpingpreise zu vermeiden. Sein Umbauplan trägt den Namen "Projekt Schicksal", "drei bis fünf" Jahre wird er in Anspruch nehmen. Details wollte der AIG-Chef öffentlich nicht nennen. Das sei geschäftsschädigend, sagte er, sicherte den Abgeordneten aber vertrauliche Informationen zu. |