Die Busch-Trommel Friedhelm Busch, Börsenkommentator n-tv
Da hatten wir schon geglaubt, zumindest im Kopf die Finanzmarktkrise bewältigt zu haben. Selbst milliardenschwere Quartalsverluste hochkarätiger Banken wurden von den Börsianern mit erstaunlichem Gleichmut zur Kenntnis genommen. Ben Bernankes demonstrative Bereitschaft, notfalls mit 30 Milliarden US-Dollar den leckgeschlagenen Investmentriesen Bear Stearns über Wasser zu halten, hatte der Finanzwelt signalisiert, die amerikanische Notenbank werde keine Bank untergehen lassen, egal wie viel Giftmüll möglicherweise noch an Bord einzelner Finanzinstitute lagerte. Zudem hatten sich Notenbanken weltweit als großzügiger Abnehmer der im Grunde unverkäuflichen Finanzderivate angeboten und damit diesem völlig zerrütteten Markt wieder einen verlässlichen Boden eingezogen. Prompt waren die ersten Banken und institutionellen Anleger wieder bereit, akzeptable Kaufpreise für verbriefte Kreditforderungen zu nennen.
Diese Signale mögen zwar den einen oder anderen Spekulanten ermuntert haben, wie bisher mit offener Flamme im tiefsten Keller nach hochexplosiven Schätzen zu suchen, schließlich warten ja draußen die einsatzbereiten Löschzüge der Notenbanken, um im Falles eines erneuten Brandes größeren Schaden zu verhindern. Doch immerhin haben die bisherigen Einsätze von Bernanke und Co. einen drohenden Flächenbrand an den weltweiten Finanzmärkten verhindert.
Auch eine zweite Krise ist zumindest vorübergehend vom aktuellen Spielplan abgesetzt worden. Die lauthals angekündigte "amerikanische Rezession" wird offenbar nicht gegeben, stattdessen wird jetzt als Ersatzstück "die Konjunkturschwäche der amerikanischen Wirtschaft" aufgeführt. Und damit werden dann wohl auch die befürchteten Folgeschäden in Asien und Europa geringer sein als erwartet. Offensichtlich haben die dramatischen Leitzinssenkungen in den USA ihre beabsichtigte Wirkung nicht verfehlt. Nun ist es zwar durchaus möglich, dass die weltweite Wirtschaftskrise im Gefolge der Finanzmarktkrise gegen Ende des Jahres oder etwas später doch noch einmal auf dem Spielplan erscheint, für die Börsen aber waren beide Krisen innerlich schon abgehakt.
Doch nach der Krise ist vor der Krise. Urplötzlich taucht eine neue Gefahr, die Inflationskrise, die Anleger ins eisige Wasser. Explodierende Energiekosten, verteuerte Nahrungsmittel, höhere Steuerlasten, steigende Abgaben und Gebühren, das alles nimmt den Verbrauchern die Kaufkraft, die sie sich von den jüngsten Lohnerhöhungen erhofft hatten, erzwingt hohe Leitzinsen und lähmt infolgedessen die Zuversicht an den Börsen.
Wegen der statistischen Basiseffekte werden am Ende des Jahres die offiziellen Inflationsraten vermutlich ein wenig an Schrecken verlieren, weil beispielsweise das Rohöl bereits Ende vergangenen Jahres sehr teuer war, die offiziellen Inflationsraten aber nur die Preisveränderungen, also die Differenzen zu den entsprechenden Vorjahreswerten berücksichtigen, nicht das tatsächliche Preisniveau. Möglich auch, dass sich vorübergehend die Nahrungsmittelpreise wegen eines steigenden Angebotes von Weizen oder Milch ein wenig beruhigen. Die Wahrheit aber zeigt der Blick ins eigene Portemonnaie, aufs eigene Konto. Und die wird schrecklich genug sein. Vor allem, wenn man dabei als junger Berufstätiger an sein Alter denkt. Wer in Deutschland bisher weitsichtig genug war, zur gesetzlichen Rente eine eigene Altersvorsorge aufzubauen, dem nimmt nicht nur die kommende Abgeltungssteuer die Illusion, für sein Alter ausreichend vorzusorgen.
Wie Mottenfraß wird bei Rentenbeginn die jährliche Inflation einen großen Teil der erträumten Rendite vernichtet haben. Nur der Staat kann zufrieden sein, steigen doch mit den Preisen seine Steuereinnahmen. Allerdings wird er das zusätzliche Geld auch dringend benötigen, schon um all den Bundesbürgern zu helfen, die am Ende ihres Berufslebens nicht zuletzt wegen dieser Steuer- und Abgabenpolitik auf staatliche Hilfen angewiesen sein werden. Warum eigentlich dieser Umweg? Vertrauen wir doch direkt unser Erspartes dem Staat an und akzeptieren dankbar, was er uns davon im Alter zuteilt. |