Schule für alle

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neuester Beitrag: 14.10.04 11:51
eröffnet am: 15.09.04 13:44 von: Zambano Anzahl Beiträge: 59
neuester Beitrag: 14.10.04 11:51 von: Talisker Leser gesamt: 3587
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17.09.04 13:34

129861 Postings, 7544 Tage kiiwiiMach Dir keine falschen Gedanken...

..wegen "Nazizeit". Dieses System bestand schon davor und auch noch danach !
Und es hat funktioniert.
Auch ich hatte in der Nachkriegszeit noch Samstags Unterricht und mindestens einmal pro Woche auch nachmittags.
Mit "Nazi" hat das alles gar nix zu tun.
Und leichte Schläge auf den Hinterkopf gabs in den 50 igern und auch in den 60 igern durchaus noch.  

17.09.04 13:40

107 Postings, 7250 Tage MinirmaxRonMiller/ Kant

RM:  Gegenüber deiner Schulzeit hat sich die Welt seither gewaltig verändert. Früher musste man zuweilen in der Schule still dasitzen und eine Hand auf den Rücken legen, die andere Hand vor den Mund halten und um damit seine Aufmerksamkeit zu demonstrieren. Wer das nicht tat, galt u. U. als verhaltensgestört. Heutzutage wäre  ein Schüler, der so etwas macht, verhaltensgestört. Ansonsten stimme dir aber in vollem Umfang zu.

Kant: Die Kultusministerinn von BW heißt Dr. Annette Schavan und ist weder verheiratet geschweige denn  hat sie Kinder. Das eine schließt das andere zwar nicht aus, aber in diesem Fall liegt hier offenbar eine Verwechslung vor.  
 

17.09.04 15:37

473 Postings, 7965 Tage kantRon Miller / Minirmax

Ron: Schule am Samstag - soweit ich mich erinnere, gab's das in den frühen 60igern noch bei uns in Rheinland-Pfalz. Ach ja, und eine Aufnahmeprüfung gab's für's Gymnasium. Und der Pfarrer hat in Reli Ohrfeigen verteilt. Und meinen Notendurchschnitt vom Abi weiß ich heute noch nicht, wozu denn auch, es gab ja keinen N.C.

Minirmax: Ich weiß wohl, wie unsere Annette mit Nachnahmen heißt, beim Rest bin ich wohl einer Propagandalüge aufgesessen, tut mir leid. Aber ich hoffe, das Problem das die Waldis mit ihrer Selbstidentifikation haben, ist rübergekommen.

Falls einer der Mitlesenden Arivaner sein Kind zur Waldorfschule schicken will: Aus dem Interesse an der Waldorfschule ist mittlerweile ein veritabler Ansturm geworden! Die Schule hier in der Stadt hat nun auf 2-zügig umstellen müssen. Vielleicht sollte man das Kind am Abend vor der Zeugung im Kindergarten anmelden, oder spätestens mit dem Ultraschallphoto vom Gynäkologen...

 

17.09.04 16:04

69033 Postings, 7557 Tage BarCodeEinigen von Euch würde ich Islam-Schulen

ans Herz legen. Dort herrschen noch die guten alten Bräuche, die ihr so vermisst.

Gruß BarCode  

17.09.04 16:14

129861 Postings, 7544 Tage kiiwiiB.C., eines mußt Du aber schon zugeben:

Die Rechtschreibung bei uns "Alten" ist in Ordnung, oder?
Zumindest das haben wir gelernt.  

19.09.04 17:41

36845 Postings, 7605 Tage TaliskerKleine Meldung aus der Provinz

Ist klar, ist ein extremer Einzelfall, aber schon heftig...

Gebrüder-Grimm-Schule: Unterrichtsversorgung bei nur 50 Prozent
                    §
(htz) Das ganze Ausmaß des Lehrer-Engpasses an der Gebrüder-Grimm-Schule durch die hohe Zahl an Krankheitsfällen (AZ berichtete exklusiv) wird jetzt deutlich: „Wir haben im Moment eine Unterrichtsversorgung von 50,5 Prozent“, sagte gestern Schulleiterin Dörte Gollin der AZ. Inzwischen habe sie aber die Zusage der Bezirksregierung, dass von Montag an eine weitere Lehrkraft an die Schule abgeordnet wird.
Gollin hatte am Donnerstag ein Schreiben an die Eltern verteilt, das besagt, jeweils zwei Klassen müssten ab der kommenden Woche je einen Tag zu Hause bleiben und die Verlässlichkeit sei aufgehoben. „Es blieb mir nichts anderes übrig.“

Vergeblich bemüht

Bereits in den Sommerferien habe sie eine Feuerwehrkraft beantragt, sagt Gollin. Dann hätten sich die Krankheitsfälle gehäuft. Vergeblich habe sie sich in den vergangenen Wochen um eine weitere Aushilfe bemüht. Zusammen mit der Verstärkung von Montag an sei nun aber Ersatz für drei fehlende Lehrer geschaffen. „Es fehlen dann noch drei“, so Gollin weiter.

Doppelte Arbeit leisten

Überbrückt wurde die Situation mit pädagogischen Mitarbeitern, die keinen Unterricht geben, sondern lediglich Aufsicht führen dürfen. Die verbliebenen Lehrer hätten den doppelten Unterricht vorbereiten müssen – auf Dauer unzumutbar. „Die Lehrer gehen alle am Krückstock“, formuliert es Gollin.
Schüler oder ganze Schulklassen mussten auf andere Klassen verteilt werden. In den Räumen sei teilweise kein Platz für genügend Tische und Stühle gewesen. „Wir versuchen ein hohes Niveau zu halten und so weit es geht zu verhindern, dass jemand ins Hintertreffen gerät“, verspricht Gollin, die jetzt froh über die neue Lehrkraft ist.

Gifhorn
                    
           §
Veröffentlicht 17.09.2004 22:09 Uhr
Zuletzt aktualisiert 17.09.2004 22:12 Uhr  

22.09.04 12:05

36845 Postings, 7605 Tage TaliskerMal wieder: Schule für alle!

Ein - wie ich finde - unaufgeregter, guter Artikel.


Schule für alle!
22. Sep 07:12

http://www.netzeitung.de/voiceofgermany/305957.html

Pisa-Studie und OECD-Bildungsbericht zeigen auf, an welchen Schrauben im Bildungssystem gedreht werden muss. Fällig ist ein Systemwechsel hin zu einer Schule für alle, bestehend aus sechs Jahren Grund- und sechs Jahren Oberschule.




Von Joachim Helfer

Vor zwei Jahren legte die Pisa-Studie den im internationalen Vergleich nicht einmal mehr mittelmäßigen Lehrerfolg deutscher Schulen bloß. Der Schock über das miserable Abschneiden deutscher Mittelschüler bei standardisierten Tests solcher Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen, des muttersprachlichen, mathematischen und naturwissenschaftlichen Verständnisses, hat eine neue Debatte über Bildungs- und Schulpolitik ausgelöst. Mit der Bundesinitiative zur Förderung der Ganztagsschule, die nach Willen und Überzeugung der Bundesbildungsministerin Buhlman binnen zehn Jahren von der Ausnahme zur Regel werden wird, ist sogar bereits eine erste politische Konsequenz gezogen worden.


Die Ganztagsschule allerdings ist vor allem für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen von Bedeutung, und folglich für die Steigerung unserer viel zu niedrigen Geburtenrate. Dieses einzige Problem, das unseren zukünftigen Wohlstand noch grundsätzlicher in Frage stellt, ist mit der Bildungskatastrophe zwar verzahnt, aber nicht identisch. Schlechter Unterricht wird nicht dadurch besser, dass es davon mehr gibt.

Eine Bildungsreform ist nötig

Der Vergleich mit Industrienationen, die bei der Pisa-Studie erfolgreicher abgeschnitten haben, zeigt zwar, dass die Schüler dort deutlich mehr Unterrichtsstunden erhalten, und zwar oft bei weniger Schuljahren, was durch eine höhere Quote ganztägiger Schulen zu erklären ist. Doch handelt es sich dabei eben nur um einen von einer ganzen Reihe auffälliger Unterschiede, die sich in ihrer Gesamtheit erst aus dem dieser Tage vorgelegten Bildungsbericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) herauslesen lassen.

Beide Studien im Zusammenhang legen dringlich eine Bildungsreform nahe, die über die Ausweitung der Ganztagsschule weit hinausgeht, und von der Gesamtschule bis zur Studiengebühr alle Reizthemen der zumal in den siebziger Jahren mit der Verbohrtheit eines Glaubenskriegs geführten Debatte neu aufreißt. Entsprechend schnell waren die Parteien und beteiligten gesellschaftlichen Gruppen nach Vorlage des OECD-Berichts in den alten Gräben verschwunden. Genau das aber, ein kompromisslerisches Weiterwurschteln in den eingefrorenen Positionen des ideologischen Stellungskriegs von anno dazumal, können wir uns nicht leisten: die OECD versteht unter Bildung ja kein humanistisches Ideal, sondern allein marktgängige, für die Wertschöpfung unmittelbar relevante Kenntnisse und Fertigkeiten. Ihre nüchternen Statistiken belegen nichts weniger, als dass Deutschland binnen weniger weiterer vergeudeter Legislaturperioden unter dem akuten Mangel gut ausgebildeter junger Leute wirtschaftlich kollabieren wird.

Die Dynamik der Implosion

Die Dynamik dieser Implosion entsteht erst durch das Zusammenspiel mehrerer je für sich langsamerer Entwicklungen: die Geburtenrate sinkt, die Schulbildung für die selbst bei steigender Quote mittelfristig weniger werdenden Schüler wird (zumindest im Verhältnis zu anderen Ländern) schlechter, während gleichzeitig der Konkurrenzdruck eben dieser Länder mehr und besser ausgebildete Abiturienten und Absolventen erfordert. Soweit die Tartarenmeldung, von der man kaum zu hoffen wagt, dass sie eine Gesellschaft zum praktischen Denken und Handeln bewegen möge, die dazu gewöhnlich erst willens ist, wenn die Katastrophe bereits eingetreten ist.

Als sachliche – also nicht idealistisch, sondern volkswirtschaftlich interessante – Bestandsaufnahme eines Problems legen die Untersuchungen zur Bildung in Deutschland aber auch nahe, was getan werden könnte, um wenigstens das Schlimmste zu verhindern. Was sind denn die wichtigsten Befunde aus beiden Studien?

Was die Studie feststellt

Im Vergleich zu den konkurrierenden Industrienationen schneiden deutsche Mittelschüler beim Lesen und Schreiben, in Mathematik und Naturwissenschaften deutlich schlechter ab als der Durchschnitt ihrer Altersgenossen. Dabei hängt der Schulerfolg deutscher Kinder viel stärker vom Schulabschluss der Eltern ab, ist der soziale Aufstieg durch Begabung und Bildung also nirgendwo schwerer als bei uns – soviel zum Erfolg des sozialdemokratischen Reformziels der Chancengleichheit. Bis heute werden deutsche Schüler früher als anderswo nach ihrer vermuteten Begabung gesiebt, im Ergebnis über die Hälfte eines Jahrgangs schon vor der Pubertät vom direkten Zugang zum Studium ausgeschlossen. Im Ergebnis ist der Anteil der Abiturienten, noch mehr der Hochschulabsolventen an jedem Jahrgang deutlich niedriger als im Länderdurchschnitt (und der Zugewinn an Einkommen und Arbeitsplatzsicherheit für diese Gruppen entsprechend höher!).

Obwohl sie viel weniger Stunden als im Durchschnitt erhalten, gehen deutsche Schüler länger zur Schule, erreichen deutsche Abiturienten die Universität später, studieren dann länger, und brechen das Studium häufiger ab. Deutsche Lehrer leisten nicht mehr Unterrichtsstunden als der Durchschnitt ihrer Kollegen, werden dafür aber (gemessen am Lehrergehalt im Vergleich zum Inlandsprodukt pro Kopf) deutlich besser und obendrein ohne Bezug zu einer kontrollierten Leistung bezahlt. Zum Ausgleich sind deutsche Schulklassen im Durchschnitt größer und obendrein schlechter mit Sachmitteln ausgestattet. Die einzelne Schule ist bei uns weniger frei, über den Einsatz von Personal und Sachmitteln vor Ort selbst zu entscheiden.

Insgesamt liegen die gesellschaftlichen (staatlichen und privaten) Aufwendungen für Bildung gemessen am Anteil des Sozialprodukts unter dem Durchschnitt, und sie steigen auch deutlich langsamer an als anderswo. Im Einzelnen sind insbesondere die staatlichen Aufwendungen für Kindergarten und Grundschule stark unterdurchschnittlich, während andererseits die privaten Aufwendungen für das Studium niedriger ausfallen als im Länderdurchschnitt.

Schlüsse aus der Studie

Aus all dem folgt, dass es mit der phantasie- und, nach Lage der öffentlichen Haushalte, eben auch folgenlosesten aller politischen Forderungen, nämlich der nach mehr Geld, keineswegs getan sein kann. Zwar sind und steigen auch die Bildungsausgaben in Deutschland unterdurchschnittlich, Strukturprobleme aber, das eben lehren auch Gesundheits- und Arbeitsmarktreform, müssen mit Eingriffen in die Struktur behoben werden, nicht durch Nachschießen neuer Mittel in ein veraltetes System.

Auch handelt es sich um kein Problem des Föderalismus, also der eifersüchtig gehüteten Kulturhoheit der für Schulpolitik eigentlich allein zuständigen Länder. So wirkungsvoll es war, sie zur Durchsetzung der Ganztagsschule durch den Einsatz von Geld aus dem Bundeshaushalt auszuhebeln: Für die einzelne Schule ist es egal, ob sie von Landes- oder Bundesministern gegängelt wird. Entscheidend ist die Schaffung schulischer Selbstverwaltung einerseits und zentraler Leistungskontrolle für Schüler wie Lehrer andererseits.

Schließlich wird man um eine Neuauflage des einst so erbittert geführten Streits um die richtige Schulform nicht herumkommen: Mit dem lapidaren Hinweis, dass am Ende nur die Qualität der einzelnen Lehrkraft oder Schule zähle, lassen sich die überwältigenden statistischen Evidenzen der OECD nicht vom Tisch wischen. Trotz der zahllosen engagierten Lehrer, die es in Deutschland zweifellos gibt, sind unsere Schulen im Schnitt ihrer Leistung, soweit diese messbar und volkswirtschaftlich relevant ist, dramatisch schlechter als anderswo.

Der nötige Systemwechsel

Die Einführung der Ganztagsschule als Regelschule wird da kaum reichen: diese ist zwar allein schon zur Hebung der Geburtenrate geboten, wird am Bildungsnotstand in Deutschland aber nur dann etwas ändern, wenn auch am Nachmittag der Bildungs- und nicht der Verwahrauftrag der Schule im Mittelpunkt steht. Dabei kann zum einen mehr Unterricht in den klassischen Schulfächern, durchaus auch mit dem Ziel einer Verkürzung der Schulzeit erteilt werden. Zum anderen muss hier, neben Sport und Spiel, die musisch-kulturelle und soziale Förderung ihren Platz finden. Das kostet Geld, kann teilweise aber durch Kooperation mit Vereinen und Einsparungen anderer derartiger Angebote außerhalb der Schule bezahlt werden. Welchen Sinn macht es, das Schulhaus nachmittags zu, das Jugendzentrum aber nachmittags aufzusperren?

Die tiefer greifende Bildungsreform, die der OECD-Bericht nahe legt, ist allerdings der Systemwechsel hin zu einer Schule für alle, bestehend aus sechs Jahren Grund- und sechs Jahren Oberschule, die zumindest versucht, möglichst jeden bis zur Schwelle der tertiären Bildung zu fördern. Diese kann dann akademischer oder berufspraktischer Art sein, wie sie ja bereits heute viele Abiturienten wählen, während Hauptschulabgänger oft ohne Lehrstelle bleiben. An die Stelle des Zeugnisses der allgemeinen Hochschulreife träte also das Abgangszeugnis der Oberschule als Voraussetzung für ein Studium, über dessen Aufnahme aber die Hochschulen mit eigenen Eingangsprüfungen für jeden Studiengang entschieden.

Das Ende der Ständegesellschaft

Wer auf das Wort Gesamtschule nach den Erfahrungen der siebziger Jahre allergisch reagiert (auch der Schreiber dieser Zeilen hat sie erlitten), kann auf das aus dem DDR-System bewährte Wort Oberschule zurückgreifen. In der Sache ist die Gesamtschule, neben der modernistischen Neigung zu unmenschlicher Übergröße und mancher Verwirrung der 68er in Gestalt von Kuschelpädagogik und Kulturskepsis, an der ausblutenden Konkurrenz der Gymnasien gescheitert, auf die Eltern mit Klassendünkel ihre Kinder schicken konnten.

Die Grundüberlegungen der sechziger Jahre waren richtig: die ständische Struktur, nach der in Deutschland, wider alle pädagogische und entwicklungspsychologische Einsicht, über die Bildungs- und mithin Lebenschancen von Zehnjährigen entschieden wird, passte schon nicht mehr in eine Republik des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Statistiken der OECD belegen die ja keineswegs nur volkswirtschaftlich aberwitzige, sondern auch unter humanistischen und demokratischen Gesichtspunkten unerträgliche Realität unserer so unbeweglichen wie undurchlässigen Ständegesellschaft, dass Lehrer, die in ihrer eigenen Leistung von niemandem beurteilt werden, Lehrerkinder aufs Gymnasium schicken, Arbeiterkinder in die Realschule und Einwandererkinder in die Hauptschule.

Beispiel USA

Wer, wie jüngst der CDU-Chef in NRW, Rüttgers, Überlegungen zu einer neuen Einheitsschule als Gleichmacherei brandmarkt, möge in die für Gleichmacherei nicht eben berüchtigten USA blicken: Dort gehen zunächst alle Kinder auf die gleiche High-School. Zu den ständischen Relikten hierzulande gehört ferner, dass die für den einzelnen besonders ertragreiche Hochschulbildung, die dank viel zu früher Auswahl ohnehin bevorzugt den Kindern des akademisch gebildeten Mittelstands offen steht, von der Allgemeinheit bezahlt wird, dagegen die für die Gesellschaft (durch die Ermöglichung von Geburten und Frauenarbeit) besonders ertragreiche Kleinkinderbetreuung den einzelnen Familien aufgebürdet wird. Eine wirkliche Bildungsreform würde dieses Missverhältnis vom Kopf auf die Füße stellen, also einerseits nach Abschluss rückzahlbare Studiengebühren einführen und andererseits die Kindergärten mit einem Bildungsauftrag ausstatten und zum Teil des allgemein finanzierten Bildungssystems machen.

Kurz: die dringend anstehende Reform des Bildungswesens wird mindestens so einschneidend ausfallen müssen wie jene des Arbeitsmarkts. Dass unsere überalterte Lehrerschaft, als gern feinsinnig idealistisch argumentierender Stand ökonomischer Hauptnutznießer des jetzigen Systems, Ruhe wünscht, ist kein Argument: Die junge Generation hat ein Recht auf eine nachhaltige, das heutige Wohlstandsniveau auch für ihre Zukunft sichernde Schulbildung.
 

29.09.04 10:09

36845 Postings, 7605 Tage TaliskerHat hier jemand nen Abo des Bayernkurier

(keine falsche Scham beim Outing) und kurz Zeit, nen Artikel abzutippen? Er ist nämlich leider nicht verlinkt.
Darum über Umwege: Frau Hohlmeier und die "Schule für alle":

Hohlmeiers ganz private Einheitsschule

Bayerns Kultusministerin Monika Hohlmeier (CSU) wandte sich im "Bayernkurier" scharf gegen die Idee einer Schule für alle. Wir dokumentieren:

"Bayernkurier": Bringt die Diskussion um die OECD-Studie eine Wiederbelebung der Gesamtschule?
Monika Hohlmeier: Die Forderung von SPD und Grünen nach einer deutschen Einheitsschule ist absurd. Sie entdecken die alten Ladenhüter aus den Siebzigerjahren wieder […] Vor nicht einmal zwei Jahren hat Pisa die deutsche Gesamtschule als das Verlierer-Modell schlechthin entlarvt.
Was halten Sie von dem Vorwurf, die dreigliedrige Schule benachteilige schwächere Kinder?
Das ist schlichtweg falsch. Der beste Beweis dafür ist die Pisa-Studie. Hier haben Länder […] mit einem gegliederten Schulwesen am besten abgeschnitten.

Die taz schob bei Frau Hohlmeier eine vom "Bayernkurier" offenbar vergessene Frage nach.
taz: Warum schicken Sie Ihre eigenen Kinder auf eine Waldorfschule - eine Einheitsschule, in der alle Kinder bis zur 12. Klasse zusammenbleiben?
Meine Tochter besucht die Waldorfschule, mein Sohn [inzwischen; d. Red.] ein staatliches Gymnasium. Die Entscheidung für die Waldorfschule wurde aus einem ganz persönlichen Lebenszusammenhang heraus getroffen. Wir hatten in unserer Gemeinde Kindergartenprobleme und haben einen Platz im Waldorfkindergarten bekommen. Als dann der Schulübertritt anstand, wollte meine Tochter zusammen mit ihrer besten Freundin in die Schule gehen - und bei ihr stand fest, dass sie auf eine Waldorfschule geht. Hinzu kam, dass ich in meiner eigenen Jugend erfahren musste, dass einige Lehrer und Eltern dazu neigen, Kinder von Politikern zu instrumentalisieren. An der Waldorfschule habe ich gute Erfahrungen gemacht. Weil zum einen die Eltern untereinander und Lehrer einen engen Kontakt haben. Bei meinem Sohn läuft es an seinem staatlichen Gymnasium ebenfalls sehr gut.

taz Nr. 7474 vom 29.9.2004, Seite 18, 63 Zeilen (Dokumentation)

Hm, wie die zu ihren Erkenntnissen kommt, würde mich tatsächlich interessieren.
Gruß
Talisker  

14.10.04 11:51

36845 Postings, 7605 Tage TaliskerDas Thema scheint nicht mehr aktuell zu sein.

Aber dennoch, weil es so schön ist, unterschiedliche Meinungen zum selben Sachverhalt zu hören:


[Bayern] Kultusministerium lehnt bildungspolitische Vorschläge der SPD ab

München, Die SPD geht mit bildungspolitischen Vorschlägen hausieren, die sich nirgends in Deutschland bewährt haben. Während Bayern mit seinem differenzierten Schulsystem eindeutig zu den PISA-Siegern gehörte, haben SPD-regierte Bundesländer mit Orientierungsstufen-Modellen und Gesamtschul-Experimenten bei PISA denkbar schlechte Zeugnisse erhalten.

Ungeachtet dessen will die SPD nun durch die Hintertür wieder eine Form von Orientierungsstufe einführen und ganze Schularten zusammenlegen. Eine Verbesserung der Bildungschancen des Einzelnen wird aber nicht durch Gleichmacherei eintreten, sondern durch eine gezielte, begabungsgerechte Förderung und die gleichzeitige Erhöhung der Durchlässigkeit des Schulsystems. Hier hat Bayern beispielsweise mit der Einführung der M-Züge an den Hauptschulen, mit der R6 und dem FOS13-Schulversuch, der auch Schülern mit einem mittleren Schulabschluss den Weg zur Hochschulreife ermöglicht, Maßstäbe gesetzt.
Offensichtlich will die SPD wesentliche bildungspolitische Initiativen der letzten Jahre nicht zur Kenntnis nehmen. So wurden die Angebote einer stärker individuellen Förderung nachhaltig ausgebaut. Die Sprachlernklassen und Praxisklassen an den Hauptschulen oder die Intensivierungsstunden am neuen achtjährigen Gymnasium sind nur Beispiele dafür. Der Prozess der Inneren Schulentwicklung hat inzwischen dazu geführt, dass die Schulen in vielen Bereichen selbstständiger entscheiden und arbeiten. Bereits seit dem letzten Schuljahr können sie z.B. eine Flexibilisierung der Stundentafeln vornehmen, jahrgangs- oder klassengemischte Gruppen einrichten oder externe Partner in den Unterricht mit einbeziehen. Der Anteil der Schüler, die eine Fachhochschulreife, fachgebundene oder allgemeine Hochschulreife erreichen, ist in den letzten Jahren auf 31,24% angestiegen.
Mit ihrer Forderung nach dem Verzicht auf Noten liegt die SPD völlig konträr zur überwältigenden Mehrheit der Eltern und Lehrkräfte.
Pressestelle
Salvatorstr. 2
80333 München
Tel. 089/2186-2106
Fax: 089/2186-2881
pressekm@stmuk.bayern.de
Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus

Monika Hohlmeier (CSU)
Staatsministerin

Salvatorstraße 2
80333 München
Tel: 089/2186-0 (Vermittlung)
Fax: 089/2186-2800
www.km.bayern.de/km/index.shtml



Äh - SPD will Noten abschaffen? Für welche Schulform/Klassenstufen? Kann hier vielleicht mal ein informierter Bayer kurz Nachhilfe geben?
Ansonsten die alten Schlagworte: Gleichmacherei, angestrebte höhere "Durchlässigkeit" usw.

Ein anderer Artikel zum "gegliederten Schulsystem" findet sich hier und kommt zu einem anderen Schluss:

www.zeit.de/2004/43/C-Schulstreit

 

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