Dienstag, 13. Januar 2009 18:51
Allein im ersten Quartal des Jahres 2008 zerstörte die israelische Armee in Gaza 289 Häuser und tötete 247 Menschen – darunter 42 Kinder und 15 Frauen. Von Dr. Obeidullah El-Mogaddedi, Praktischer Arzt und Chirurg, Springe.
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Der Gazastreifen ist ein riesiges Freiluftgefängnis.
(kreuz.net) Diejenigen, die heute die israelische Regierung für den Tod von über 630 und die Verstümmelung von über 2700 Menschen – Tendenz steigend – bei dem seit über sechs Monaten geplanten Angriff auf Gaza, das „größte Freiluftgefängnis der Welt“ – Bischof Desmond Tutu –, verantwortlich machen, haben längst erkannt, daß der Konflikt in Palästina nicht auf ein paar primitive von der Hamas auf die Städte Sderot und Ashkelon abgefeuerten Geschosse zurückzuführen ist.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden: Der Tod von israelischen Zivilisten durch Kassam-Projektile ist durch nichts zu rechtfertigen.
Aber der mittlerweile zweite Krieg, den die Regierung Olmert in Gaza seit 2006 durchführt, wie auch die Schaffung eines seit über zwei Jahren real existierenden „Ghetto Gaza“, dessen Bevölkerung man einer umfassenden Belagerung aussetzt, ist ebenfalls durch nichts zu entschuldigen.
Die westliche Wertegemeinschaft kann sich nicht mit vorwurfsvollem Verweis auf die Hamas stillschweigend auf ein unterschiedliches Richtmaß verständigen, ohne ihre Glaubwürdigkeit in der muslimischen Welt nachhaltig und grundsätzlich zu verlieren.
Die explosive Situation, die in Gaza existiert, ist nicht „ausschließlich und eindeutig“ – Zitat Angela Merkel – das Produkt der Hamas-Regierung.
Achtzig Prozent der Menschen, die in Gaza leben, sind Personen und deren Nachkommen, die im Jahr 1948 bei der Staatsgründung Israels in den Gazastreifen geflohen sind, auch aus ehemals arabischen Städten wie Ashkelon – auf arabisch Askalaan genannt.
Die Mehrheit der Menschen in Gaza stammt nicht aus Gaza, sondern sie sind Opfer von Vertreibung.
Die Menschen von Gaza leben seit 1967 gemäß internationalem Recht unter israelischer Besatzung.
Harte Tatsachen:
In Gaza leben in einem Gebiet so groß wie Bremen Opfer einer historisch belegbaren ethnischen Säuberungspolitik seitens Israels.
Daran hat auch der Rückzug der Siedler und der israelischen Armee effektiv nichts geändert.
Das Bild, das uns westliche Medien über Gaza zu vermitteln suchen, entspricht nicht den historischen Gegebenheiten und Folgen.
Gaza ist nicht ein Slum, in dem eine Gruppe von bärtigen, angeblich antisemitischen, muslimischen Extremisten von heute auf morgen verrückt geworden sind, die jetzt zu Recht seitens des angeblich friedliebenden und rechtsstaatlichen Israel zu Staub zerbombt werden dürfen, während die Hüter der Menschenrechte im Westen das „Recht Israels auf Selbstverteidigung“ zitieren und zuschauen – als ob dieses ein absolutes, nur dem Staat Israel zustehendes Recht sei.
In Gaza leben in einem Gebiet so groß wie die deutsche Hansestadt Bremen Opfer einer historisch belegbaren „ethnischen Säuberungspolitik“ seitens Israels – so der israelische Historiker Dr. Ilan Pappe.
Nach Aussage des deutschen Nahostexperten Dr. Michael Lüders leben die Menschen in Gaza nicht in der „dritten, der vierten, sondern in der fünften Welt“.
Allein im ersten Quartal des Jahres 2008 zerstörte die Armee Israels in Gaza 289 Häuser und tötete 247 Menschen, darunter 42 Kinder und 15 Frauen.
Die Ursachen des gegenwärtigen Konfliktes dürfen daher nicht in der Situation des Gaza-Streifens von heute und der palästinensischen Wahlen von 2006 gesucht werden.
Gaza ist Symptom einer seit über sechzig Jahren andauernden katastrophalen und verfehlten Nahostpolitik und Regionalpolitik des Westens respektive Israels.
Diese Politik hat die Palästinenser zur Geisel genommen und läßt die Palästinenser für das vergangene Unrecht, das Europa den Menschen jüdischen Glaubens angetan hat, rücksichtslos bluten.
Die vom deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier angekündigte Erhöhung der humanitären Hilfe für die Menschen in Gaza ist zu begrüßen. Aber sie ist dennoch Ausdruck einer fehlgeleiteten Nahost-Politik.
Diese vermittelt den Eindruck, man könne einem Volk von mittlerweile mehr als neun Millionen Palästinensern dauerhaft das natürliche und unveräußerbare Recht auf Menschenwürde und sichere Heimstätte nehmen und durch eine permanente humanitäre Hilfe ersetzen.
Ist dieser Zustand nicht erniedrigend?
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