Außerordentliche Hauptversammlung, 4./5. September 2013 Statement Dominik Müser,Vorstand der Balda AG S E N D E S P E R R F R I S T: 10.00 Uhr!
Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, auch ich begrüße Sie herzlich zur heutigen außerordentlichen Hauptversammlung der Balda AG. Begrüßen möchte ich auch die anwesenden Geschäftspartner und die Vertreter der Medien, denen unsere Gesellschaft in den vergangenen Wochen zweifellos viel Anlass zu Berichterstattung gegeben hat. Erst vor wenigen Wochen hatten wir uns aus gleichem Anlass in Berlin zusammengefunden, und ich hatte Ihnen seinerzeit berichtet, welche Fortschritte Balda in den vergangenen gut eineinhalb Jahren gemacht hat – Fortschritte, die auf einer neuen, auf Wachstum und Wertsteigerung angelegten Unternehmensstrategie basieren, die im vergangenen Jahr mit großer Mehrheit verabschiedet wurde. Keine Angst: Ich werde mich heute nicht wiederholen, sondern ich möchte gleich zum Kern der Debatte kommen, die wir heute hier zu führen haben – und zwar aus meiner Sicht, aus Sicht des Vorstands. Fakt ist erstens: Vorstand und Aufsichtsrat von Balda haben sich 2012 dazu entschlossen, das lange Zeit vernachlässigte operative Kerngeschäft, den hochwertigen Kunststoffspritzguss, wieder deutlich zu stärken und schnellstmöglich in die Profitabilität zurückzuführen. Eine wesentliche Rolle spielt dabei unser Segment Balda Medical, das sich in den vergangenen 11 Jahren einen exzellenten Ruf in der Healthcare-Branche erarbeitet hat. Balda Medical soll mittelfristig weltweit ein „first choice system supplier“ für anspruchsvolle Kunststoffprodukte werden. Das bedeutet konkret: Wir wollen bei den wichtigsten Healthcare-Unternehmen als strategischer Lieferant gelistet sein. Dazu ist es wichtig, die internationale Präsenz zu erhöhen, die Kundenbasis zu verbreitern und eigene Produktentwicklungen zu fördern. Über das Medical-Geschäft hinaus wollen wir unsere Kunststoff-Kompetenz auch in anderen Zielbranchen anwenden, so wie wir es in dem neu geschaffenen Segment Balda Technical in den Bereichen Optics und Electronics für Premiumanwendungen tun. 2 Wir haben diese Strategie auch mit klaren wirtschaftlichen Zielen unterlegt: Der Balda-Konzern soll mittelfristig einen Umsatz von mindestens 150 bis 200 Mio. Euro und eine operative Umsatzrendite – bezogen auf das EBITDA - von mindestens 15 % erzielen. Ich habe von vornherein klar gemacht, dass dies ohne Akquisitionen nicht möglich sein wird. Fakt ist zweitens: Wir haben alle Altlasten im Konzern beseitigt und damit eine exzellente Basis für die soeben ausgeführte Strategie geschaffen. Wir haben die sehr werthaltige Restbeteiligung an der taiwanesischen TPK Holding veräußert und dadurch fast 500 Mio. Euro erlöst. Davon sind Ihnen, verehrte Aktionärinnen und Aktionäre, bereits rund 194 Mio. Euro über zwei Sonderdividenden zugeflossen. Eine dritte Sonderdividende wollen Vorstand und Aufsichtsrat bekanntlich der kommenden ordentlichen Hauptversammlung vorschlagen. Damit würden fast 60 % der Verkaufserlöse an der TPK innerhalb von nur eineinhalb Jahren ausgeschüttet. Wir haben die finanziellen Risiken aus dem bereits 2011 erfolgten Verkauf des Segments MobileCom durch einen Vergleich mit dem Käufer eliminiert und dadurch das Kapitel „Handyschalengeschäft“ bei Balda endgültig beendet. Wir haben mit der Veräußerung des Standortes Malaysia den letzten Verlustbringer bei Balda beseitigt. Aus dem Verkauf werden wir einen Liquiditätszufluss von rund 7,5 Mio. Euro erzielen. Das Closing der Transaktion hat übrigens am gestrigen Tag stattgefunden. Und wir haben den Konzern deutlich verschlankt, so manchen Wildwuchs in den Strukturen abgebaut und damit die Kostenbasis signifikant gesenkt. Fakt ist drittens: Balda hat bei der laufenden Umsetzung der Strategie für Wachstum und Wertsteigerung gute Fortschritte erzielt. Durch den Erwerb der beiden US-Kunststoffspezialisten Balda C. Brewer und Balda HK Plastics ist Balda wieder internationaler geworden und hat an Wettbewerbsstärke gewonnen. Die aktuelle Auftragslage in den USA zeigt dies 3 ebenso wie die Tatsache, dass erste europäische Kunden prüfen, ob sie an unseren neuen Standorten in Kalifornien produzieren lassen wollen. Beide US-Firmen sind im Übrigen erfolgreich in die Balda-Organisation integriert worden. Sie entwickeln sich plangemäß und haben bereits im abgelaufenen Geschäftsjahr einen positiven Beitrag zum Konzernergebnis geleistet. Die operative Ertragswende im Balda-Konzern ist gelungen. Wir haben angekündigt, im Geschäftsjahr 2012/2013, das am 30. Juni endete, sowohl vor als auch nach Sondereffekten ein positives operatives Ergebnis auf Ebene des EBITDA auszuweisen. Und auch wenn der Jahresabschluss noch nicht fertig aufgestellt und verabschiedet wurde, so gibt es für mich heute keinen Grund, von dieser Prognose abzurücken. Der Kapitalmarkt, an dem unsere Gesellschaft in der Vergangenheit viel Vertrauen verloren hatte, glaubt an die neue Balda-Story. Das zeigen positive Analystenmeinungen ebenso wie die Entwicklung unseres Aktienkurses. So betrug die Wertsteigerung der Balda-Aktie vom 1. Januar 2012 bis Ende August dieses Jahres rund 73 %, wenn man die erfolgten Dividendenzahlungen in Abzug bringt. Das, meine Damen und Herren, sind die Fakten. Das ist der „Ist-Zustand von Balda“. Doch wie soll es nun weitergehen? Soll dieser Weg fortgesetzt werden oder wird es Änderungen geben? Für diese Frage ist die Besetzung des Aufsichtsrates von entscheidender Bedeutung. Ich betone: Sie, nicht ich als Vorstand, haben heute über die Besetzung des Aufsichtsrats zu befinden. Aber gestatten mir dennoch ein paar grundsätzliche Worte zu der heutigen Tagesordnung und zu der Auseinandersetzung, die unsere Gesellschaft seit mittlerweile mehr als acht Monaten belastet. Eine gute Zusammenarbeit von Vorstand und Aufsichtsrat ist nach Gesetz und nach den Grundsätzen einer guten Unternehmensführung für eine Gesellschaft essenziell. Es reicht schon ein Blick in den Deutsche Corporate Governance Kodex, in dem das „Zusammenwirken von Vorstand und Aufsichtsrat“ klar definiert wird. Dort heißt es unter den Ziffern 3.1 und 3.2.: „Vorstand und Aufsichtsrat arbeiten zum Wohle des Unternehmens eng zusammen. Der Vorstand stimmt die strategische Ausrichtung des Unternehmens mit dem Aufsichtsrat ab und erörtert mit ihm in regelmäßigen Abständen den Stand der Strategieumsetzung.“ 4 Meine Damen und Herren, ich bin als Vorstand unserer Gesellschaft auf einen Aufsichtsrat angewiesen, mit dem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zum Wohl von Balda – und um das sollte es doch im Kern gehen! - möglich ist. Und ich freue mich darauf, mit jedem Aufsichtsrat zusammenzuarbeiten, der das Interesse des Unternehmens im Auge hat und nicht Partikularinteressen. Ich habe großes Verständnis für die Forderung, dass der Aufsichtsrat die wesentlichen Aktionärsgruppen eines Unternehmens angemessen repräsentieren sollte. Dies ist von mir als Vorstand der Gesellschaft auch immer so kommuniziert worden. Herr Dr. van Aubel, ich möchte hier coram publico eines ausdrücklich betonen: Es ging in der Auseinandersetzung mit Ihnen nie darum, Sie aus dem Aufsichtsrat „herauszuhalten“. Dass ein Aktionär, der knapp unter 30 % des Grundkapitals hält, legitimerweise fordern kann, im Aufsichtsrat vertreten zu sein, stellt niemand in Frage. Auch ich habe dies nicht getan. Der Streit dreht sich allein um die Tatsache, dass Sie unter einer „angemessenen Repräsentanz“ verstehen, das Gremium mehrheitlich oder ganz zu dominieren. In dieser Frage sind Vorstand und Aufsichtsrat der übereinstimmenden Auffassung, dass dies im Sinne guter Corporate Governance nicht angemessen ist. In diesem Punkt sind wir im Übrigen mit allen nationalen und internationalen Aktionärsvereinigungen und Stimmrechtsvertretern einig. Nun gibt es heute neben den drei von der Elector GmbH vorgeschlagenen Kandidaten noch einen weiteren Wahlvorschlag von zwei institutionellen Aktionären. Die beiden US-amerikanischen Investmentfonds Texas Pacific Group und Indaba Capital Fund haben der Balda AG am 20. August mitgeteilt, dass sie sich ihre Stimmrechte von zusammen 13,26 % am Balda-Kapital gegenseitig zurechnen und dass sie Herrn Klaus Rueth als gemeinsamen Kandidaten für die Wahl in den Aufsichtsrat vorschlagen. Herr Rueth ist früherer Finanzvorstand des US-Unternehmens EMD Chemicals, einer Gesellschaft, die zur Merck-Gruppe gehört. Texas Pacific Group und Indaba begründen ihren Wahlvorschlag in erster Linie mit der langjährigen Expertise von Herrn Rueth in der pharmazeutischen Industrie, einem Bereich, der für Balda zweifellos von großer Bedeutung ist. Seine Wahl solle, so die Begründung weiter, einer breiteren Aktionärsvertretung im Aufsichtsrat Rechnung tragen. Herr Rueth war mir persönlich bis zur Veröffentlichung dieses Wahlvorschlags nicht bekannt. Er ist heute hier im Saal anwesend, und ich denke, dass er sich Ihnen sicher 5 noch persönlich vorstellen wird. Nach Aktenlage – und nur auf dieser Grundlage kann ich mir ein Urteil erlauben – ist Herr Rueth ein international erfahrener Experte, dessen Kenntnisse insbesondere für unser Medical-Geschäft eine Bereicherung sein könnten. Meine Damen und Herren, das Wohl unserer Gesellschaft gebietet es, dass Vorstand und Aufsichtsrat zu einer gemeinsamen strategischen Linie finden. Nun hat jeder Aktionär das Recht, strategische Änderungen vorzuschlagen. Ich bin der Letzte, der sich neuen Ideen verschließt, wenn sie im Interesse aller Aktionäre sind. Das Problem in den vergangenen Monaten war jedoch, dass die Elector GmbH leider stets abgelehnt hat, über ihre strategischen Überlegungen Auskunft zu geben, so auch auf der Hauptversammlung am 18. Juli. Ich würde es deshalb sehr begrüßen, wenn alle Kandidaten, die sich heute für den Aufsichtsrat zur Wahl stellen, die anderen Aktionärinnen und Aktionäre an Ihren Überlegungen zu Balda teilhaben lassen würden. Mir ist bewusst, dass wir keinen rechtlichen Anspruch haben, von den Kandidaten Auskunft zu erhalten. Ich frage Sie aber: Ist es denn nach den Vorgängen der vergangenen Monate wirklich zu viel verlangt, dass die Kandidaten vor der Wahl in den Aufsichtsrat bekennen, wofür sie stehen und wofür nicht? Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, es geht heute um nicht mehr und nicht weniger als um die Zukunft von Balda. Die Besetzung des Aufsichtsrats ist maßgeblich für die künftige strategische Ausrichtung und für die weitere Entwicklung unseres Unternehmens. Es wird Sie nicht überraschen, dass die Auseinandersetzungen der vergangenen acht Monate Balda alles andere als gut getan haben. Sie haben unserer Gesellschaft geschadet. Kunden, die wieder Vertrauen gefasst hatten, sind mittlerweile verunsichert, ob sie sich auf Balda als langfristigen Lieferanten weiter verlassen können. Gerade im Medical-Bereich ist Verlässlichkeit in der Kundenbeziehung ein hohes Gut. Es ist leider eine Tatsache, dass ein großer Medical-Kunde die Entscheidung über einen Folgeauftrag aufgrund der Vorgänge um den Aufsichtsrat 6 verschoben hat. Auch Balda Technical in den USA spürt konkrete negative Einflüsse. Unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - sowohl in Bad Oeynhausen als auch an unseren Standorten in den USA – sind die fortdauernden Schlagzeilen in den Zeitungen und im Internet natürlich nicht verborgen geblieben. Auch sie machen sich zunehmend Sorgen, für was der Name Balda in Zukunft stehen soll und was dies für sie persönlich bedeuten könnte. Und dass das Vertrauen des Kapitalmarkts, das wir durch den klaren strategischen Kurs zurückgewonnen haben, angesichts der fortdauernden Gerüchte um Balda in Mitleidenschaft gezogen wird, darf wohl keiner näheren Erläuterung. Die Auseinandersetzung um die Besetzung des Aufsichtsrats hat alle Beteiligten in den vergangenen Monaten viel Zeit, Kraft und nicht zuletzt auch viel Geld gekostet. Meine persönliche Meinung ist: Wir sind – nach acht Monaten des Streits - jetzt an dem Punkt, an dem es darum gehen muss, zum Wohl und im Interesse unseres Unternehmens zu einem fairen Interessenausgleich zu kommen. Ich als Vorstand möchte an alle Beteiligten appellieren, im Interesse der Gesellschaft einen tragfähigen Kompromiss anzustreben, der den Grundsätzen einer guten Corporate Governance Rechnung trägt und der es unserem Unternehmen ermöglicht, wieder in ruhiges Fahrwasser zu gelangen. Denn das - und nichts anderes - braucht Balda derzeit am nötigsten! Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit! |