Vom viel gehypten Top-Unternehmen, zum Unternehmen des Teufels. Intransparent und unseriös sind die ersten Adjektive die einem zu Wirecard einfallen.
Vermutlich sind die meisten Vorwürfe begründet, vorallem im Bezug auf fehlende Organisationsstruktur und unsauberer Verwaltung. Das Wirecard ein "Betrüger-Verein" ist, davon gehe ich ehrlich gesagt nicht aus, da diese Vorwürfe in der Vergangenheit mehrmals widerlegt wurden und das uneingeschränkte Testat von Ernst & Young erteilt wurde.
Also wieso fiel der KPMG Bericht so katastrophal aus? Man sollte sich zunächst einmal die Struktur und Präsenz von Wirecard ansehen.
Wirecard hat insgesamt nur 5300 Mitarbeiter, diese sind weltweit auf 26 Standorten verteilt. Auf allen Kontinenten ist Wirecard also vertreten. Alleine aus der Anzahl an Mitarbeitern lässt sich erahnen wie überfordert Wirecard mit dieser KPMG Prüfung gewesen sein muss. Deshalb finde ich diese Kommentare von KPMG mehr als überflüssig, wo darauf verwiesen wird, das Wirecard Interviews verschoben hat bzw. ewig dazu gebraucht hat Dokumente zu liefern. Das in Zeiten von Corona und hart arbeitenden Wirecard-Mitarbeitern diese Interviews nicht auf Knopfdruck zur Verfügung stehen sollte klar sein. Man stelle sich vor KPMG verlangt gewisse Dokumente, diese sind an einem Standort in Asien mit wenig Mitarbeitern, welche schon am Limit arbeiten und dann wundert man sich wieso bestimmte Dokumente aus dem Jahr 2016 nicht sofort griffbereit sind? Bei einem jungen Wachstumsunternehmen sind 4 Jahre eine halbe Ewigkeit. Das ist ungefähr so als würde man von VW Dokumente aus den 90er Jahren verlangen, diese würden wohl auch erst verzögert Zugriff auf diese Daten haben bzw. in Archiven stöbern müssen. Man hat bei einem 5300 Mitarbeiter Unternehmen, welches auf der ganzen Welt "zersplittert" ist nicht die Möglichkeit eine teure und massive Verwaltung aufzubauen. Ein Großkonzern wie VW hat mit über 650 000 Mitarbeitern mehr Leute in der Verwaltung beschäftigt, als die gesamte Belegschaft von Wirecard zusammen. Da sind wir schon beim nächsten Problem, Wirecard ist für ein relativ kleines Unternehmen einfach zu global aufgestellt. Normalerweise wachsen Unternehmen von einem kleinen Standort. (Deutschland, Europa, Welt) Meiner Meinung nach fand die Expansion Wirecards einfach zu schnell statt, sodass die Verwaltung und Organisation des Unternehmens auf der Strecke blieben. Auch kann man vermutlich von einer "Zersplitterung der Verwaltung" sprechen, was meiner Meinung nach aus den vielen unterschiedlichen Standorten resultiert. Diese chaotische und katastrophale Verwaltung ist das Ergebnis dieses schnellen Wachstums. Die Hauptfrage ist: "Wieso sollte man überhaupt noch investiert sein?" Nun ja, die hohen Gewinne kommen meiner Meinung nach nicht von ungefähr. Ich sage es ganz ehrlich, mir sind eine schlampige Verwaltung und steigende Gewinne lieber, als eine Topverwaltung die nur Verluste generiert. Auch "Wirecards-Verwaltungsproblem" wird sich bei steigender Unternehmensgröße von selbst erübrigen.
Mir ist 10x lieber Wirecard investiert das Geld in Forschung und Technologie als in irgendwelche Verwaltungsjobs. Ein Schlusswort: Was mich wirklich ärgert ist wie sich Wirecard ständig öffentlich vorführen lässt und zum Spielball der Finanzspekulanten/Medien geworden ist. Für diesen Beschuss von allen Seiten (Finanzspekulanten/Hedgefonds, Presse, Medienleute, selbsternannte Anlegerschützer, Wirtschaftsanwälte, usw.) hält sich Wirecard "noch" relativ gut. Auch wirkt der KPMG Bericht sehr "negativ" verfasst, jetzt unabhängig von den Fakten. So Sachen wie "Dokumente verzögert geliefert" suggerieren doch den Eindruck, das Wirecard etwas zu verbergen hat. Ich habe zu dieser negativen Verfassung des Berichts 2 Begründungen: 1.) Da Markus Braun selbst einmal bei KPMG gearbeitet hat, wollte man besonders streng sein, um nicht in den Verdacht zu kommen den ehemaligen Kollegen bevorzugt behandelt zu haben. [Es war ein großer Fehler Wirecards KPMG, den ehemaligen Arbeitgeber von Markus Braun zu engagieren] 2.) Solche Aussagen sind eine Art "Platzhalter", um das nichtvorhandene Ergebnis zu kaschieren und trotzdem Millionen Euro für diesen miesen Bericht verlangen zu können. Meiner Meinung nach hat das "Verwaltungschaos" von Wirecard diesen Bericht so negativ ausfallen lassen. Der KPMG Bericht wirkt etwas "trotzig" formuliert, so nach dem Motto: "Wir von KPMG kennen uns bei diesem Sauhaufen nicht mehr aus und schreiben daraufhin nur Negatives". Es war ein schwerer Fehler diese Sonderprüfung in Auftrag zu geben, denn man hat versucht sich unter anderem von Vorwürfen aus dem Jahre 2016 freizusprechen. Das wäre ungefähr so wie wenn ein "anonymer Insider" behauptet man hätte im Jahre 2016 jemandem umgebracht und nun muss man beweisen, dass man es 2016 nicht getan hat. Eine völlige Umkehr der Schuldfeststellung und bei genauerer Überlegung ist sowas faktisch unmöglich. Man kann nicht etwas beweisen was man vor 4 Jahren NICHT getan hat! Deshalb hätte sich Wirecard auf diesen "Millionen teuren Kuhhandel" nie einlassen dürfen. Man hätte einfach über den Dingen stehen müssen und sagen: "Wir haben einen testierten Jahresabschluss, weiters haben wir zig Erklärungen zu den Vorwürfen herausgegeben, also take it or leave it"
Die Vergangenheit aufzuarbeiten ist nicht Aufgabe eines Wachstumsunternehmens, meiner Meinung nach war das eine der schlechtesten Entscheidungen Wirecards, denn man hat sich von einem Journalisten der FT vorführen lassen, ohne jemals Beweise von diesem gesehen zu haben. Man stellt Vorwürfe in den Raum, bei Nachfrage von Beweisen bezieht man sich auf einen unbekannten "Whistleblower" der vermutlich gar nicht existent ist und versteckt sich hinter dem Quellenschutz. (Wovor hat dieser Whistleblower eigentlich Angst?) Der "Fall Wirecard" ist ohne Zweifel ein Fall für die Justiz, allerdings nicht im Bezug auf das Unternehmen, sondern im Bezug auf das Umfeld der Spekulanten und Journalisten die daran beteiligt sind. Viele Anleger haben insgesamt Milliarden von Euro verloren, vorallem jene welche Limits gesetzt bzw. Knock Outs und andere Zertifikate besessen haben. Weshalb? Weil die TPA-Partner von Wirecard ihre Umsätze nicht preisgeben wollten? Wieso sollten diese Partner auch diesen Mehraufwand leisten?
Wieso gab es keine Vollständigkeitserklärung des Vorstandes? Weil der Vorstand bestimmt nicht auf etwas Vollständigkeit garantiert was 2016 passiert ist? Mir fehlen beim KPMG-Bericht die Aussagen der jeweiligen Betroffenen. Es wird klar suggeriert das "Umsätze" nicht nachgewiesen werden konnten, weil sich diverse Drittpartner geweigert haben diese preiszugeben.
Wie wäre es mit einer Begründung gewesen? "Drittpartner "x" wollte die Umsätze nicht preisgeben, da....." ? KPMG wird doch beim Drittpartner irgendeine Antwort bekommen haben, wieso wurde diese nicht erfasst und niedergeschrieben? Diese Zeile suggeriert schon wieder das Wirecard nur mit "Gaunern" zusammenarbeitet die nicht kooperieren wollen. (Wenn man dies ohne Begründung so stehenlässt) Zusammengefasst: Ich habe meine Aktien noch, allerdings tun mir die armen Schw.... leid die aufgrund von Limits und KOs eine Menge Geld verloren haben. Mittlerweile sollte aber landläufig bekannt sein, dass der Aktienkurs von Wirecard manipuliert wird. Alleine diese regelmäßigen "Drops" sprechen Bände und eine Aufsichtsbehörde ist in Deutschland faktisch nicht existent.
Vermutlich hätte es wohl auch mit lupenreinen KPMG Bericht einen Kurssturz gegeben, allerdings wäre dieser wohl nicht so massiv ausgefallen.
Warten wir einmal die Shortzahlen von Ihor ab, also nicht jene die gestern veröffentlicht wurden, sondern die zukünftigen welche die zwei "Mega-Drops" von heute und gestern enthalten.
PS: Wann wird endlich die Bilanzfälschung nachgewiesen, denn da warte ich schon Monate drauf, aber weder Ernst&Young noch KPMG haben etwas gefunden, Wirecard muss wohl wirklich ein genialer "Gauner-Verein" sein. Eine abschließende Frage werfe ich noch in den Raum: Wie soll man Täter des perfekten "Bilanzverbrechens" sein, wenn man nicht einmal in der Lage ist seine eigene Verwaltung im Griff zu haben ..... ? Sehr widersprüchlich das Ganze, aber an der Börse zählt keine Logik, sondern nur Emotionen. |