Letzte Änderung: Dienstag, 20.09.2011 09:26 Uhr
http://www.blickpunkt-euskirchen.de/rag-ewi/docs/437744/nettersheim Ohne Windkraft keine Energiewende Experten diskutierten das Für und Wider von Windenergieanlagen in der Eifel
Foto: TGE/Eifeler Presse Agentur Johannes Pinn (v.l.) von der eegon, Hedwig Esser Schruff von REA, Heinz Jürgen Schütz von der EnergieAgentur NRW, Moderator Franz-Josef Hilger von der UNA, Josef Tumbrinck, Vorsitzender NABU NRW, Wilfried Pracht, Bürgermeister Gemeinde Nettersheim, Hermann Josef Poensgen, stellvertretender Kirchenvorstandsvorsitzender, und Markus Mertgens, Prokurist "ene", stellten sich den Fragen der Zuhörer. Foto: TGE/Eifeler Presse Agentur Markus Mertgens, Prokurist der "ene", erläuterte das neue "ene"-Unternehmen "KEVER", bei dem sich Kommunen, Energiegenossenschaften und Bürger an regenerativer Energiegewinnung beteiligen können.
Marmagen (epa). Um die gewollte Energiewende in Deutschland erfolgreich zu meistern, wird in Zukunft noch weitaus mehr als bisher auf Windenergie gesetzt werden müssen. Dieses Fazit muss man nach einer Veranstaltung in Marmagen ziehen, bei der auf Einladung der UNA (Unabhängige Nettersheimer Alternative) unter Moderation von Franz-Josef Hilger Experten das Für und Wider der regenerativen Energieerzeugung durch Windräder diskutierten.
Heinz-Jürgen Schütz von der EnergieAgentur NRW betonte, dass die Windenergie seit Verabschiedung des neuen Windenergieerlasses einen neuen Boom erlebe. Bis 2020 sei geplant, den derzeitigen Stromanteil durch Windenergie von vier Prozent auf 15 Prozent anzuheben. Der Windenergieerlass 2011 habe die Höhenbegrenzungen bei den Windenergieanlagen ebenso außer Kraft gesetzt wie die pauschalen Abstandsregelungen. Zudem sei es von nun an auch zulässig, Windräder in Waldgebieten zu errichten. Schütz rechnete vor, dass Windräder für das Gewerbesteueraufkommen der Kommunen ein reiner Segen sind.
Der Vorsitzende des NABU-Landesverbands NRW, Josef Tumbrinck, sprach diesbezüglich geradezu von einer "Goldgräberstimmung", in der viele Kommunen derzeit verfallen seien. Er machte deutlich, dass der NABU sich zwar grundsätzlich für erneuerbare Energien und für Windkraft ausspreche, dass dabei aber immer der jeweilige Standort genau untersucht werden müsse. Schutzgebiete für die Tierwelt seien auch weiterhin tabu. Beim Wald habe jedoch ein Umdenken stattgefunden. "Es gibt beispielsweise Fichtenwälder, die man durchaus für das Aufstellen von Windrädern in den Blick nehmen kann", so Tumbrinck.
Viel wichtiger könne es hier und da sein, offene Landschaften, die aus naturschutzfachlicher Sicht weitaus bedeutender seien, nicht zu bebauen. "Es kann Standorte geben, die für bestimmte Vogelarten gefährlich wären. Es kann aber auch Standorte geben, an denen seltene Moosarten wachsen, die wiederum durch Windkraft nicht gefährdet sind", so Tumbrinck. Es müsse daher auf jeden Fall stets eine genaue Untersuchung der vorgeschlagenen Standorte erfolgen.
Vor allem sei es wichtig, dass nicht jede Kommune jetzt ihre Vorranggebiete ausweise, sondern, dass es zunächst einer zentralen Planung bedürfe, die von der Bezirksregierung ausgehe. Danach solle man eine kreisweite Vorrangplanung in Angriff nehmen und zuletzt erst die kommunale, wie dies im Regierungsbezirk Münster bereits erfolgreich praktiziert werde.
Dass in der Eifel neue Windräder gebaut werden, steht außer Frage. Fraglich ist nur noch, wer daran partizipiert. Johannes Pinn, der Vorsitzende der Eifel Energiegenossenschaft "eegon", hielt ein flammendes Plädoyer für die regionale Wertschöpfung. "Wenn schon Windenergieanlagen aufgestellt werden, dann sollte man dabei auch auf die bestmögliche Wertschöpfung für die Region achten", sagte er. Angesichts der Investoren, die zum Teil aus dem Ausland kommen, um in der Eifel Windräder aufzustellen, frage er sich allen Ernstes, ob man in der Eifel vielleicht zu dumm sei, um selber Geld mit Windenergie zu verdienen.
Er rechnete den gut 80 Besuchern des "Eifeler Hof" vor, dass die Pachteinnahmen, die vielen bereits als lukrativ erscheinen, verglichen mit den Erlösen aus der Stromproduktion geradezu lächerlich sind.
Mit einer Investition von fünf Millionen Euro könne man ein Drei-Megawatt-Windrad bauen, das im Jahr gut 632.000 Euro abwerfe. "Nur die Pacht ist zu wenig, wenn der Rest irgendwo in Europa verdient wird", so Pinn, der den Zuhörern daher auch eine Zusammenarbeit mit den regionalen Energieversorgern wie der Energie Nordeifel ("ene") ans Herz legte. Die "eegon" erlaube es ihren Mitgliedern, mit Anteilsscheinen an diesen Gewinnen zu partizipieren und dafür zu sorgen, dass auch der Großteil der Planungskosten, die Pinn mit 350.000 Euro pro Windkraftanlage veranschlagte, in der Region verbleibe, weil man damit ein regionales Ingenieurbüro beauftragen könne.
Die regionale Wertschöpfung war auch das Hauptthema von Markus Mertgens, Technischer Leiter bei der Energie Nordeifel ("ene"). Denn der regionale Energieversorger mit Sitz in Kall hat sich strategisch neu aufgestellt: Die "ene" öffnet sich für kommunale Beteiligung. Dadurch könnten die Kommunen und damit letztendlich jeder Bürger direkt von den Gewinnen profitieren.
Darüber hinaus hat die "ene" gemeinsam mit dem regionalen, in Kall ansässigen Planungsbüro PE Becker das neue Unternehmen "KEVER" gegründet. Mit diesem strategischen Zusammenschluss zweier regionaler Unternehmen soll das erforderliche Know-how, um groß angelegte regenerative Projekte zu entwickeln, zu planen und zu bauen, gebündelt werden. Auch diese regenerativen Projekte möchte der Energiedienstleister für Kommunen aber auch Energiegenossenschaften wie "eegon" und Bürger sowie interessierte Investoren öffnen.
Mit den großen Solarparks in Schleiden-Herhahn und Mechernich-Kalenberg habe die "ene" bereits zwei Riesenschritte in Sachen regenerative Stromversorgung unternommen. Da man bis 2030 aber das gesamte Versorgungsgebiet einzig und allein mit regenerativer Energie beliefern möchte, will die "ene" jetzt auch auf Windenergie setzen. Dabei verfügt die "ene" über große Erfahrungen im Betrieb von elektrischen Anlagen und von Windpark-Versorgungsnetzen sowie im Bereich der Überwachungstechnik und Einspeiseanlagen. Markus Mertgens: "Wichtig ist uns, dass Kommunen und Bürger von Anfang an in die Planungen einbezogen werden."
"Mit diesem Konzept wollen wir nicht zuletzt unsere Arbeitsplätze in der Region erhalten, sondern auch neue schaffen und unsere Jugendlichen an neue Berufe wie vielleicht den Windenergiemechatroniker heranführen, ihnen die Region für die Berufswahl interessanter gestalten und damit der Abwanderung entgegenwirken", berichtete Mertgens. Bereits bei der Planung von Windenergieanlagen will die "ene" mit allen Entscheidungsträgern vor Ort aber auch mit den betroffenen Bürgern in engem Kontakt bleiben und als Ansprechpartner über die gesamte Anlagenbetriebszeit fungieren.
Gemeinsam mit der katholischen Pfarrgemeinde St. Laurentius aus Marmagen plant die "ene" derzeit auf einer Fläche, die der Pfarrgemeinde gehört, vier Windräder zu bauen, mit denen man 7000 Haushalte versorgen könnte. "Wir setzen auf die Windenergie, um die Schöpfung zu bewahren aber auch um unsere kirchlichen Gebäude dauerhaft erhalten zu können", berichtete Hermann-Josef Poensgen, der stellvertretende Kirchenvorstand. Eine repräsentative Umfrage in Marmagen habe ergeben, dass das Projekt bei der Bevölkerung auf 94 Prozent Befürworter und lediglich sechs Prozent Gegner stoße. Die Distanz zur Wohnbebauung betrage über 1000 Meter. "Wenn wir nicht aktiv werden, dann werden es andere", so Poensgen.
Hedwig Esser-Schruff von der REA (Regenerative Energie Anlagen Management) aus Düren berichtete über einen weiteren Windpark, der an der A 1 entstehen soll. Auch hier ist eine Bürgerbeteiligung vorgesehen. Der Nettersheimer Bürgermeister Wilfried Pracht betonte, dass man in beiden Fällen noch ganz am Anfang der Planung stehe. Auch er befürwortete eine Kommunikation über die Kommunen- und Landesgrenzen hinweg.
In einem waren sich die Teilnehmer der Versammlung allerdings einig, nämlich dass das Landschaftsbild der Eifel durch den Bau von Windenergieanlagen stark verändert werde. Ekkehard Fiebrich von den Grünen in Kall war sich allerdings sicher, dass nachfolgende Generationen nicht Klage wegen des veränderten Landschaftsbildes erheben würden, sondern weitaus stolzer darauf wären, dass die jetzige Generation den Umschwung geschafft und von der Atom- und der fossilen Energie auf eine saubere Energieproduktion umgestiegen sei. Foto: TGE/Eifeler Presse Agentur Rund 80 Zuhörer ließen sich in Marmagen von verschiedenen Experten über Windkraft informieren. Letzte Änderung: Dienstag, 20.09.2011 09:26 Uh |