Nach meinem Verständnis sind das alles nur Vorverträge. D.h., die EU hat sich gewisse Abnahmerechte zu festgelegten Preisen gesichert, hat aber keinerlei Abnahmepflicht. Eine solche wäre, bevor die jeweiligen Impfstoffe nicht in der EU zugelassen sind, ja aus EU-Sicht auch unsinnig. Diese Vertragssituation ist natürlich asymmetrisch: Die Lieferanten müssen sich festlegen, die EU nicht. Für in der EU ansässisge Lieferanten (Sanofi, J&J über ihre Tochter Janssens BV, wohl auch CureVac) gabs als Kompensation die eine oder andere Subvention (sprich: Forschungs-/ Investitionszuschuß), die dann bei Abnahme mit den Impfstoffpreisen verrechnet werden soll. M.a.W: Die haben ein noch gar nicht marktfähiges Produkt zum Teil schon auf Vorkasse verkauft, und sind entsprechend glücklich.
Wie AZ für die Asymmetrie entschädigt wird, ist mir nicht ganz klar. Ich vermute, da ist die EU etwas härtere Abnahmeverpflichtungen eingegangen, die dort letztlich als unschädlich betrachtet wurden, weil ja eh ein Teil der Impfstoffe an die 3. Welt weiterverteilt werden soll, und das AZ-Zeugs so gut wie nichts kostet. Moderna? EU-Subventionen kann es für die nicht geben (braucht es auch nicht, die kamen schon von der US-Regierung). Also letztlich reine Absichtserklärung, ohne jede Rechtssicherheit für Moderna. Schöne PR für beide Seiten, mehr aber wohl erstmal nicht. Tja, und dann ist da noch BT/Pfizer. Mit Subventionen (Vorkasse) nicht zu locken, weder von den USA noch der EU. Da wird im Stil eines hanseatischen ehrbaren Kaufmanns agiert: Wir wollen Geld erst bei Lieferung, dann aber auch gutes Geld für ein gutes Produkt - sollte das Produkt nicht gut werden, ist das unser und nicht euer Problem.
Ist dann doch aber irgendwie ein EU-Problem, und zwar ein haushaltsrechtliches: Die "Vorkasse" an alle anderen kann man gut in Forschungs- und industriepolitschen Budgets verstecken. Der viel zu knappe Ansatz für die Impfstoffbeschaffung jedoch muß vom EU-Parlament aufgestockt werden, und das ist ja generell nicht gerade glücklich über die Ergebnisse des jüngsten EU-Gipfels. Dessen Ergebnisse jetzt für höheres Impfstoffbudget wieder aufzudröseln will niemand wollen. Ein Ausweg wäre natürlich, die zentrale Impfstoffbeschaffung über die EU wieder an die Mitgliedsstaaten zurückzudelegieren, aber dies brächte einigen Gesichtsverlust für U.v.d. Leyen mit sich. Ich vermute, dass sich derzeit einige Leute in Brüssel und Berlin die Köpfe darüber zerbrechen, wie man halbwegs elegant aus der Kiste rauskommt. Ist letztlich deren, nicht mein Kopf. Klar ist, dass man sich politisch/ haushaltstechnisch in eine unglückliche Lage manövriert hat. Klar ist ebenfalls, daß sofern BT/Pfizer die Phase 3 erfolgreich absolvieren und wie geplant im Oktober Zulassungsanträge in der EU und den USA stellen, es einen enormen politischen Druck auf die Bundesregierung und letztlich auch die EU geben wird, diesen europäischen (deutschen) Impfstoff der eigenen Bevölkerung zur Verfügung zu stellen. [Ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, daß Altmaier, nach dem ganzen Alarm, den er um Trumps "Übernahmeangebot" für CureVac gemacht hat, plötzlich den Moderna-Impfstoff in Deutschland promotet. Auch der AZ-Impfstoff wird, bei derzeitiger Tendenz zu einem "harten" BREXIT am Jahresende, nicht wirklich gut ankommen (dies ist durchaus auch physisch zu verstehen!)] Am Ende wird, wenn BT/ Pfizer Erfolg haben, dieser Impfstoff in nennenswerten Mengen in die EU und v.a. nach Deutschland gehen. Tja, und wo da EU-Kommission und Ratspräsidentschaft noch diverse offene Baustellen haben, sollte es niemanden verwundern, daß es keine Nachrichten zu Vorverträgen zwischen EU und BT/Pfizer gibt. Letztere brauchen diese ja auch gar nicht - zu den Preisen gibt es klare Ansagen, Vorkasse war nie angestrebt, und soo lange ist es bis Oktober ja auch nicht mehr. Die Uhr tickt eher für die Gegenseite... |