Das Interview ist zu interessant, als das ich nur den Link kopieren möchte:
„Spekulationen gehören nicht zum Bankgeschäft“ Die Citigroup war von der Finanzkrise sehr hart getroffen. Vikram Pandit vollzieht den Abschied von der Idee des Finanz-Supermarkts und fordert mehr Transparenz in seiner Branche.
20. April 2010 Herr Pandit, die Citigroup ist in 109 Ländern vertreten. Wie nehmen Sie die wirtschaftliche Entwicklung in der Welt wahr?
Ein Amerikaner in Berlin: Vikram Pandit im Interview mit der F.A.Z. Die Schwellenländer befinden sich im Aufschwung. In den Vereinigten Staaten nimmt vor allem die Lagerhaltung der Unternehmen zu. Das ist ein gutes Zeichen, aber wir haben noch nicht alle Probleme am Immobilienmarkt überwunden.
Bleibt der Immobilienmarkt ein Grund zur Sorge für amerikanische Banken? Ja, aber wir müssen differenzieren. Am Markt für Gewerbeimmobilien sind vor allem mittelgroße, regionale Banken engagiert. Der Häusermarkt betrifft auch die großen Banken. Die Entwicklung der Hauspreise ist wichtig für das Vertrauen der Konsumenten.
Liegt das Schlimmste der Finanzkrise hinter uns? Ich denke, dass die Krise vorüber ist. Aber das heißt nicht, dass wir uns keine Sorgen machen müssen.
Worüber? Zum Beispiel über die Frage, wie die Banken wachsen werden. Früher sind die Banken mit den Krediten gewachsen. Wird das in Zukunft auch so sein? Welche Regulierungen werden auf uns zukommen? Aber ich fühle mich heute besser als vor einem Jahr oder vor drei Monaten.
Sie haben Ihren Job im Dezember 2007 übernommen. Seitdem war es rauh. Ja, aber die Citigroup ist seitdem eine andere Bank mit einem anderen Management geworden. Wir haben mehr Kapital und Liquidität, aber weniger Risiken. Wir verkaufen strategisch nichtnotwendige Geschäfte wie den Versicherer Primerica. Und wir haben der Regierung 20 Milliarden Dollar zurückgezahlt.
Aber die Regierung ist mit 27 Prozent immer noch der größte Aktionär. Stimmt. Aber die Regierung hat angekündigt, ihre Anteile zu verkaufen.
Die Citigroup war einmal der größte Finanz-Supermarkt der Welt. Haben Sie sich von diesem Konzept verabschiedet? Im Geschäftsleben ist es wie im Privatleben: Man muss das tun, was man gut kann.
Was kann die Citigroup besonders gut? Dank unserer starken globalen Präsenz können wir die Welt für unsere Kunden vernetzen. Die großen deutschen exportorientierten Unternehmen sind eine typische Kundengruppe für uns. Zum Beispiel managen wir Liquidität und Risiken, und wir vergeben dort Kredite, wo man welche benötigt. Wenn es eine globale Bank in der Welt gibt, dann sind wir es.
Welche Geschäftsbereiche gehören für Sie zum Kerngeschäft? Das Kerngeschäft von Citigroup ist unser Investment- & Firmenkundengeschäft, unser Kapitalmarkt- und Privatkundengeschäft sowie banknahe Dienstleistungen wie das Cash Management und die Wertpapierverwahrung (Custody), die zum Geschäftsbereich Global Transaction Services gehören. Der Rest ist nicht mehr Teil des Kerngeschäfts. In einem ganz und gar nicht einfachen Geschäftsumfeld konnten wir bereits 30 dieser kerngeschäftsfremden Unternehmen veräußern. Wir haben unsere nicht zum Kerngeschäft gehörenden Vermögenswerte bereits um über 350 Milliarden Dollar vom Spitzenwert reduziert. Weitere werden folgen.
Kritiker unter Ihren Aktionären sagen, Sie trennten sich zu langsam von nichtnotwendigen Geschäften. Andere sagen: „Macht es auf jeden Fall langsam.“ Unsere Aufgabe besteht darin, den optimalen Zeitplan zu finden.
Hat der Name Citigroup als Markenzeichen während der Krise gelitten? Ich denke, die Bankbranche insgesamt hatte während der Krise an Vertrauen verloren. Aber ich bin mit dem Ansehen unserer Bank sehr zufrieden.
Hat die Finanzkrise die Distanz zwischen dem normalen Amerikaner, der "Main Street", und der Finanzbranche, also der "Wall Street", vergrößert? Ja. Viele Amerikaner wollen zum einen wissen, wie diese Krise überhaupt entstehen konnte. Da müssen wir alle Verantwortung übernehmen. Aber die Amerikaner wollen auch wissen, welche Schritte unternommen werden müssen, um künftige Krisen zu verhindern. Kluge Reformen können die "Wall Street" und die "Main Street" miteinander versöhnen.
Und wie sehen solche Reformen aus? Wir brauchen drei Arten von Reformen. Die erste ist die Reform der Institutionen. Hier sagen wir: Banken sollen Banken sein und nichts anderes. Spekulationen gehören nicht zum Bankgeschäft. Zur institutionellen Reform gehört auch die Frage, wie wir verhindern, dass große Banken zu einem Systemrisiko werden.
Was ist der zweite Typus von Reformen? Wir brauchen Reformen der Marktstrukturen wie zum Beispiel die Überführung des außerbörslichen Derivatehandels auf transparente Handelsplattformen. Damit würden auch die Bankbilanzen transparenter.
Viele Ihrer Kollegen in anderen Banken sind nicht Ihrer Ansicht. Das stimmt. Intransparenz nützt häufig dem Geschäft. Ich weiß, dass uns mehr Transparenz Geld kosten wird. Aber wir müssen diesen Beitrag zur Finanzmarktstabilität leisten.
Was bleibt? Reformen von Finanzprodukten im Interesse des Konsumenten. Ein Beispiel: Wir hatten in den Vereinigten Staaten Hypothekendarlehen ohne laufende Zinszahlungen, in denen die Zinslast einfach der Tilgung am Ende der Laufzeit aufgeschlagen wurde. Diese Produkte haben den Kunden mehr geschadet, als man dachte.
Teilen Sie Klagen der Öffentlichkeit über zu hohe Boni in den Banken? Es hat in der Vergangenheit Fehlanreize gegeben. Wir müssen die Vergütungen an längerfristigen Kriterien ausrichten. Aber wir müssen auch aufpassen, dass die Vergütungen in den Banken nicht durch höhere Vergütungen in unregulierten Finanzunternehmen beeinflusst werden. Es muss gleiche Spielregeln für alle Beteiligten geben.
Weil die Citigroup einen Verlust erlitten hat, begnügen Sie sich mit einem Gehalt für 2009 von einem Dollar. Damit waren Sie vermutlich nicht der bestbezahlte Manager Ihrer Bank? Das kann ich Ihnen garantieren.
Teilen Sie die Furcht mancher Marktbeobachter, dass die sehr niedrigen Zinsen neue Spekulationsblasen an den Vermögensmärkten auslösen können? Die Zentralbanker wissen um das Problem und schauen genau darauf.
Und wie ist Ihre Wahrnehmung? Es ist noch zu früh, um zu beurteilen, ob die jüngsten Preissteigerungen von Assets eher eine Reaktion auf niedrige Zinsen sind oder ob sie eher eine wirtschaftliche Erholung antizipieren. Wir sehen jedenfalls noch keine Spekulationsblase.
Große Investmentbanken behaupten, Sie hätten in der Krise Marktanteile gewonnen. Stimmen Sie dem zu? Keine einzige Investmentbank besitzt einen großen Marktanteil. Daher ist das nicht so wichtig. Es wird immer eine größere Zahl von Marktteilnehmern im Investmentbanking geben.
Wenn Sie viel Geld für Investitionen besäßen: Was würden Sie tun? Ich würde unsere Präsenz in Asien ausbauen. |