Grund ist ein Sieg Mercks im zweiten Vioxx-Prozess, der auch Pfizer hilft (Celebrex) - siehe unten, fett.
FTD, 4.11.05 Merck gewinnt zweiten Vioxx-Prozess
von Peter Kuchenbuch, Hamburg
Der amerikanische Pharmakonzern Merck & Co. hat vor einem Gericht in New Jersey den zweiten Vioxx-Prozess gewonnen. Der Anwalt eines 60-jährigen Klägers konnte die Geschworenen in Atlantic City nicht davon überzeugen, dass der Arzneimittelhersteller absichtlich Ärzte und Patienten jahrelang falsch oder unzureichend über die Gesundheitsrisiken des Rheumamittels informiert hat.
Die Merck-Aktie legte nach Bekanntgabe des Urteils um sieben Prozent zu. Vioxx steht im Verdacht, Herzinfarkte und Schlaganfälle auslösen zu können. Das Medikament wurde im September 2004 von Merck weltweit vom Markt zurückgezogen. Der Börsenwert des Unternehmens ist seither um ein Drittel abgerutscht.
Die möglichen Kosten in Milliardenhöhe durch tausende Schadensersatzprozesse belasten den Börsenwert und Handlungsspielraum des Konzerns. Im August verlor Merck in Texas seinen ersten Vioxx-Prozess und wurde zu einer Strafe 253 Mio. $ verurteilt.
Am Donnerstag atmeten die Investoren auf. Merck könne doch noch siegen, sagten Analysten. Die Hoffnung der Investoren ist, dass das Vioxx-Desaster doch noch beherrschbar bleibt.
Urteil beflügelt Aktie
Hätte Merck - wie zuvor in Texas - den Fall verloren, wäre dem erhöhten Medieninteresse auch eine neue Flut von Klagen gefolgt, so die Erfahrung. So hatte sich nach dem ersten Urteil im August die Zahl der Vioxx-Kläger von 4100 auf heute 6400 deutlich erhöht. Dazu zählen auch deutsche Kläger, die kürzlich mit Einzelklagen gegen Merck angetreten sind. "Das Urteil muss man sportlich sehen, es steht nun 1:1", sagte der Berliner Anwalt Andreas Schulz, der zahlreiche potenziell geschädigte Vioxx-Patienten vertritt und mit amerikanischen Anwälten kooperiert. Im Oktober wurden die ersten vier Klagen aus Deutschland gegen Merck eingereicht. "Das neue Urteil hat keine Auswirkungen auf unsere kommende Strategie", sagte Schulz.
Sieben Wochen dauerte das Verfahren in New Jersey. In dieser Zeit hatten die Anwälte von Frederick Humeston Merck beschuldigt, die Herzinfarkt-Risiken durch Vioxx wider besseres Wissen vertuscht zu haben. Merck hatte argumentiert, Humestons Gesundheitsprobleme und Stress hätten seine Infarkt ausgelöst.
Das Urteil bescherte auch der Aktie des Merck-Rivalen Pfizer ein Plus von fast zwei Prozent. Zum einen schwächelt der Umsatz des Pfizer-Medikaments Celebrex nach wie vor wegen der Vioxx-Turbulenzen. Zum anderen wird das Urteil vom Markt als Signal gewertet, wonach Schadensersatzklagen in den USA nicht immer schlecht für die Firmen enden müssen. |