Quelle : http://boerse.ard.de/content.jsp?key=dokument_514558
16.02.2011 10:36 Balda ist immer für eine Überraschung gut von Bettina SeidlLange hat es Michael Sienkiewicz nicht ausgehalten bei Balda, gut eineinhalb Jahre. Nun geht er. Immerhin blieb er länger im Chefsessel als sein Vorgänger, der nach nur einem halben Jahr das Handtuch warf. Die Börse kann mit den ständigen Wechseln nicht gut umgehen. Aktionäre reagierten verschnupft auf den neuerlichen Wechsel im Management. Die Balda-Aktie rutschte am Mittwoch in den ersten Handelsminuten mehr als fünf Prozent in die Tiefe bis auf 7,68 Euro und setzte sich damit ans SDax-Ende. Später drehte die Aktie ins Plus.
Balda
8.07-0.03-0.37%Hinter den Kulissen scheint es bei Balda hoch her zu gehen, auch wenn nach außen hin ein freundlicher Umgangston angeschlagen wird. Wie es heißt, habe sich der Aufsichtsrat mit Sienkiewicz darauf verständigt, dass dieser mit sofortiger Wirkung aus dem Vorstand der Balda AG ausscheide. Er stehe aber der amerikanischen Tochter Balda Solutions USA künftig als Berater zur Verfügung. Außerdem dankt der Aufsichtsrat Sienkiewicz für seine bisherige Arbeit. Doch das sofortige Ausscheiden und die Floskel zum "Austrittsgrund" lassen darauf schließen, dass Balda den Chef vor die Tür setzt.
Hat das Kerngeschäft eine Chance? Im Chefsessel nimmt nun Rainer Mohr Platz. Er war bisher Finanzvorstand der Gesellschaft, bekommt jetzt noch den Chefposten dazu und wird künftig beide Ämter führen.
Mohr soll die Bestandschancen des Segments MobileCom evaluieren, heißt es in der heutigen Mitteilung. Dieser Geschäftsbereich ist momentan Baldas Hauptgeschäft, das Geschäft mit Handy-Gehäusen. 61 Prozent des Umsatzes werden damit generiert. Größter Kunde ist Sony Ericsson. Doch zunehmend hadert Balda mit dem Kerngeschäft. Die Ende Januar veröffentlichten Eckdaten zur 2010er Bilanz zeigen warum. Der enttäuschende Verkauf von Handy-Gehäusen bescherte Balda einen operativen Verlust in Höhe von rund acht Millionen Euro.
Bilanzkniffe schönen 2010er Bilanz Optisch ausgleichen konnte Balda dieses Minus durch den taiwanesischen Touchscreen-Hersteller TPK, an dem Balda noch mit 16,5 Prozent beteiligt ist. TPK ging im Oktober 2010 an die Börse, der Kurs schnellte in die Höhe. Balda wird TPK künftig jedoch als reine Finanzbeteiligung führen, was bedeutet, dass in Zukunft nicht mehr die anteiligen Gewinne von TPK ausgewiesen werden, sondern nur noch die Dividendenausschüttungen ins Ergebnis einfließen. Durch diese Umwidmung entstand ein einmaliger positiver Ergebniseffekt in Höhe von 142 Millionen Euro, der Baldas Bilanz auffrischte.
Doch dieser Kniff lässt sich in Zukunft nicht wiederholen, daher muss Balda sich bald etwas überlegen, wie es weitergehen soll und kann. Gemunkelt wurde, dass der Vorstand über einen Verkauf der TPK-Aktien oder eines Teils davon nachdenke und im März oder April die Frage entschiede. Es hieß auch, das Kerngeschäft MobileCom könnte verkauft werden. Dann würde die Medizintechnik ausgebaut.
Für seine vielen Strategiewechsel ist Balda berühmt-berüchtigt. Erst ging es weg von den Handyschalen, man konzentrierte sich auf Touchscreens. Dann hieß es: Kehrt marsch. Es scheint, als habe bei dem Unternehmen aus Bad Oeynhausen nur eines Bestand: der beständige Wechsel. Der Aktienkurs spiegelt das gut wieder, zwischen zwei und acht Euro war im vergangenen Jahr alles drin.
----------- Gute Aussichten sind wertlos. Es kommt darauf an, wer sie hat.(Karl Kraus, österr. Schriftsteller) |