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Windenergie in Entwicklungs- und Schwellenländern
Das Windenergiepotenzial in vielen Entwicklungs- und Schwellenländern ist groß. Die StromerzeugungWindenergie bietet an vielen Standorten eine wirtschaftliche Alternative zu konventionellen, fossilen Energieträgern wie z.B. Kohle oder Diesel. Die im Vergleich zu konventionellen Erzeugungsalternativen zumeist höheren Investitionskosten werden dabei an vielen Standorten durch ausgezeichnete Windverhältnisse kompensiert. Zwar fallen bei Windkraftprojekten in Entwicklungs- und Schwellenländern im Vergleich mit Windparkprojekten in Industrieländern höhere Kosten für Wartung sowie Anpassung an die jeweiligen klimatischen Verhältnisse an, ein wirtschaftlicher Betrieb ist jedoch oftmals möglich, da hohe Opportunitätskosten zur Bewertung der Windstromerzeugung zu berücksichtigen sind. Soll z.B. Diesel als kostenintensiver Brennstoff in Kraftwerken substituiert werden,ängt der Wert des Windstroms überwiegend von den Preisen für Diesel am jeweiligen Standort ab. Gerade diese sind vor allem 2005 stark angestiegen.
Darüber hinaus kann die Rentabilität von Windparkprojekten in Entwicklungs- und Schwellenländern durch den Verkauf von Emissionsminderungszeritifkaten (Certified Emission Reductions - CERs), die im Rahmen des CDM (Clean Development Mechanism) generiert werden,werden.
Bei einem Ausbau der Windenergie können positive makroökonomischer Effekte erzielt werden. Die Energiegewinnung aus Windkraftanlagen erspart den Entwicklungsländern einen devisenzehrenden Import von Energie, der insbesondere aufgrund der gestiegenen Energiepreise auf den Weltmärkten eine starke Mehrbelastung bedeutet. Gleichzeitig kommt es zu einer Diversifizierung der Energieversorgung und damit zumeist zu einer größeren Versorgungssicherheit. Langfristig wird durch die verringerte fossile Energiegewinnung ein Beitrag für den Klimaschutz und eine Verbesserung derät erbracht. Zusätzlich erhält der heimische Markt neue Wachstumsimpulse und zahlreiche Beschäftigungseffekte in Hinblick auf Wartung, Reparatur und Controlling der installierten Anlagen.
Insgesamt kann die Nutzung der Windenergie in Entwicklungsländern zu einer wirtschaftlicheren Energieversorgung sowie zu einer Verbesserung der gesamtwirtschaftlichen Situation beitragen und somit einen Beitrag zur Armutsminderung und nachhaltigen Entwicklung leisten.
Trotz der ökonomischen und ökologischen Vorteile werden selbst günstige Windverhältnisse in Entwicklungs- und Schwellenländern bislang nicht im wünschenswerten Maß genutzt. Die wesentlichen Gründe dafür liegen im fehlenden Know-how in den Entwicklungs- und Schwellenländern. Aus Sicht von Unternehmen der internationalen Windkraftbranche werden neben Schwierigkeiten bei Kapitalbeschaffung und Risikoabsicherung für das Auslandsgeschäft insbesondere folgende Hemmnisse für ein privatwirtschaftliches Engagement aufgeführt: mangelnde Information über Auslandsmärkte, Finanzierungs- und Förderangebote, fehlende oder ungenügende gesetzliche Rahmenbedingungen (technische und ökonomische Netzanbindungs- und Einspeisungsbedingungen, Genehmigungsverfahren, etc.) sowie Mangel an qualifiziertem Personal, insbesondere im Servicebereich.
Das Windenergieprogramm TERNA der GTZ
Diese Barrieren zu verringern ist Ziel des Windenergieprogramms TERNA (Technical Expertise for Renewable Energy Application) der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH. Im Erfolgsfall werden investitionsreife Windenergievorhaben initiiert.
Die Leistungen des TERNA-Programms umfassen vier Bereiche und können einzeln sowie in Kombination nachgefragt werden:
* standortspezifische Maßnahmen * Energiepolitikberatung * Aus- und Fortbildung * Informationsverbreitung
Alle Maßnahmen werden in gemeinsamer Verantwortung mit den jeweiligen Partnern in den Entwicklungs- und Schwellenländern durchgeführt. Partner sind zumeist die zuständigen (Energie-)ministerien und auch die zumeist staatlichen Stromversorgungsunternehmen.
Standortspezifische Maßnahmen
TERNA bietet seinen Partnern langjähriges Know-how bei der Entwicklung konkreter Windkraftprojekte. Dies beginnt mit der Suche nach geeigneten Standorten und der Ermittlung der Windpotenziale. TERNA führt Windmessungen an aussichtsreichen Standorten durch. Auf der Grundlage von Wind- und Energieertragsstudien werden Machbarkeitsstudien erstellt. Darin werden verschiedene Aspekte analysiert, insbesondere die individuelle technische Auslegung sowie einzel- und gesamtwirtschaftliche Fragen. Aber auch Genehmigungserfordernisse und Umweltfragen werden untersucht.
In Finanzierungsfragen berät TERNA die Partner. Als Mitglied der internationalen Gebergemeinschaft kann die GTZ Kontakte zwischen den Partnern und potenziellen Finanziers herstellen. Auf Wunsch wird bereits in frühen Projektphasen versucht, Geberinstitutionen wie die KfW-Entwicklungsbank, die Weltbank oder auch regionale Entwicklungsbanken, einzubinden.
Weiterhin berät TERNA bei der Entwicklung geeigneter Organisationsformen für den Betreiber in Abhängigkeit der energiepolitischen Rahmenbedingungen sowie bei der Durchführung von Ausschreibungen.
Ein Beispiel für die erfolgreiche Umsetzung standortspezifischer Beratungsmaßnahmen ist der erste Windpark Kolumbiens: Auf Antrag der Stadtwerke von Medellín (Empresas Públicas de Medellin - EPM), unterstützt vom kolumbianischen Energieministerium (MME), hat TERNA seit Anfang 2001 die Stadtwerke EPM bei der Planung eines 19,5 MW Windparks auf der Halbinsel Guajira an der Karibikküste unterstützt. Auf der Grundlage der von TERNA durchgeführten Windmessungen, Energieertragsstudie, Wirtschaftlichkeitsanalyse und Umweltfolgenabschätzung hat EPM eine Investitionsentscheidung zugunsten eines 19,5 MW Windparks an dem untersuchten Standort getroffen. Im September 2002 hat EPM die Windgeneratoren, Umspannstationen und Bauarbeiten ausgeschrieben. Die Bewertung der Ausschreibungsgebote wurde von TERNA im November 2002 unterstützt. Der Windpark Jepírachi mit 15 Nordex N 60 Anlagen wurde im Dezember 2003 in Betrieb genommen.
Windpark Jepírachi, Kolumbien (Foto: Bernhard Boesl)
Energiepolitikberatung
Unzureichende oder fehlende Rahmenbedingungen bilden oftmals entscheidende Barrieren für die Ausnutzung der vorhandenen Windenergiepotenziale. Trotz gesamtwirtschaftlicher Vorteilhaftigkeit, die sich aus derücksichtigung von Versorgungs- und Umweltaspekten ergeben kann, wird zum Teil eine Vielzahl von Investitionsvorhaben nicht realisiert. Esan flankierenden staatlichen Maßnahmen zur EntwicklungWindenergie.
TERNA berät die Partner bei der Entwicklung entsprechender Regulierungen. Dies kann z.B. Fördergesetze für erneuerbare Energien umfassen, aber auch technische Aspekte der Netzintegration von Windparks oder Fragen der Standortgenehmigungen und Umweltregulierung.
In China kooperierte die GTZ mit dem "Center for Renewable Energy Development beim Energy Research Institute (ERI)" in Beijing bei der Ausgestaltung eines Gesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien. Vergleichende Studien zu internationalen Einspeisungsgesetzgebungen und weiterer notwendiger Förderbedingungen wurden erstellt. Die Ergebnisse der Beratung flossen in das chinesische Gesetz zu erneuerbaren Energien ein, dass Ende Februar 2005 vom Nationalen Volkskongress beschlossen wurde und am 1.2006 in Kraft trat.
Aus- und Fortbildung
Aus- und Fortbildung ist integraler Bestandteil des TERNA Programms. Ziel ist es, dass die Partner nach Abschluss einer TERNA Maßnahme eigenständig Windparks planen und entwickeln können, und so das Windenergiepotenzial in den Partnerländern zunehmend ausgeschöpft wird.
Im Bereich der standortbezogenen MaßnahmenTERNA theoretische Schulungen und praktische Umsetzungsübungen an. Im Rahmen von ein- oder mehrtätigen Seminaren werden zunächst die verschiedenen Themenerarbeitet. Dies umfasst z.B. Funktionsweise, Aufbau und Installation von Windmessausrüstung sowie eine Einführung inützeder Windmessdaten. Praktisch umgesetzt werden die Ergebnisse an konkreten Standorten.
Durchkönnen die Windenergiestudien der Partner, die alle drei Monate während der Messzeit erstellt werden,werden. Nach Abschluss der Windmessreihen werden die Ergebnisse gemeinschaftlich auf einem Workshop vorgestellt und offene Fragen erörtert.
Informationsverbreitung
Die Verbreitung von Informationen durch das TERNA-Programm zielt auf zwei Aspekte:
* -Vermittlung von Know-how über ökonomische und technische Aspekte der Windenergie bei den Partnern in Entwicklungs- und Schwellenländern * -Verbesserung des Kenntnisstands bei Unternehmen derWindenergiebranche über relevante Rahmenbedingungen in Entwicklungs- und Schwellenländern
Zur Überwindung der Informationsbarrieren bei den internationalen Akteuren wird im Rahmen von TERNA regelmäßig eine Länderstudie zu Strommärkten und erneuerbaren Energien in ausgesuchten Entwicklungs- uns Schwellenländern heraus. Die aktuelle Ausgabe dieser Länderstudie ist veröffentlicht unter dem Titel: „Energiepolitische Rahmenbedingungen für Strommärkte und erneuerbare Energien - 21 Länderanalysen". Darin werden für Länder aus den Regionen Lateinamerika - Karibik, Afrika, Europa - Kaukasus und Asien - Pazifik die Elektrizitätsmärkte mit ihren jeweiligen Akteuren untersucht, die energiepolitischen Rahmenbedingungen analysiert und der Status und die Förderpolitik für die Stromerzeugung auf Basis von Wasserkraft, Wind- und Sonnenenergie, Biomasse und Geothermie unter die Lupe genommen. Die Länderkapitel werden durch Informationen zur ländlichen Elektrifizierung abgerundet.
TERNA-Ländermaßnahmen
Zur Zeit (2006) laufen im Rahmen von TERNA standortspezifische Maßnahmen in Äthiopien und Senegal. ÄthiopienSeit Ende 2004 unterstützt die GTZ das äthiopische staatliche Energieversorgungsunternehmen Ethiopian Electric Power Corporation (EEPCO) bei der Planung von netzgebundenen Windparks in der Größenordnung von jeweils 40-60 MW. Die Unterstützungsleistungen der GTZ umfassen die Beratung bei der Standortauswahl, Messung und Auswertung von Winddaten an den ausgewählten Standorten sowie die Erstellung von Projektstudien zur Machbarkeit. Mit den höchsten Windgeschwindigkeiten kann in Äthiopien gerade in der Trockenzeit gerechnet werden. Damit würde Windenergie eine gute Ergänzung zur Wasserkraft bieten, die zu ca. 95% an der netzgebundenen Stromversorgung Äthiopiens beteiligt ist.
In Zusammenarbeit mit der Austrian Development Agency (ADA) wurden theoretische und praktische Schulungsmaßnahmen bei demvon Messmasten und der Installation von Windmessgeräten durchgeführt. Mitarbeiter des staatlichen Stromversorgungsunternehmens EEPCO sind nun in der Lage, eigenständig Windmessequipment zu installieren und kennen die Grundlagen der Auswertung von Windmessergebnissen.
Nachdem an 10 Standorten Messungen in 10 m Höhe durchgeführt und gemeinsam ausgewertet worden sind, hat EEPCo unter Beratung der GTZStandorte für weitergehende Maßnahmen identifiziert. Dort wurden durchschnittliche Windgeschwindigkeiten zwischen 5,5 und 7 m/s in 10 m Höhe gemessen. Diese Standorte befinden sich in der Nähe der Städte Mekelle, Nazareth und Gondar. Seit Oktober 2005 wird an diesenStandorten auch in 40 m Höhe gemessen. Ferner haben im Januar 2006 die Arbeiten für Machbarkeitsstudien für diese Standorte begonnen. EEPCo plant, in der zweiten Jahreshäfte 2006 eine Investitionsentscheidung zu treffen und unverzüglich mit dem Bau von voraussichtlich gleich zwei Windparks zu beginnen mit dem Ziel, diese bereits Ende 2007 an das Netz anschliessen zu können.
Aufbau eines Windmessmasten in Äthiopien (Foto: Benjamin Jargstorf) |