der Papst entschuldigt sich...
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neuester Beitrag: 27.09.06 00:02
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eröffnet am: | 16.09.06 15:53 von: | börsenfüxlein | Anzahl Beiträge: | 74 |
neuester Beitrag: | 27.09.06 00:02 von: | ecki | Leser gesamt: | 5602 |
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Zitat über islamischen Propheten Mohammed rief heftige Proteste hervor.Nach zunehmenden Protesten in der islamischen Welt hat Papst Benedikt XVI. sein Bedauern darüber ausgedrückt, dass seine Äußerungen zum Islam als Beleidigung aufgenommen worden sind.
Der Papst respektiere alle Muslime und hoffe, sie würden den wahren Sinn seiner Rede verstehen, hieß es am Samstag in einer Stellungnahme des Vatikans.
"Der Heilige Vater bedauert sehr, dass einige Passagen seiner Rede für Muslime beleidigend geklungen haben könnten", teilte der Kardinalstaatssekretär Tarcisio Bertone in einer Erklärung mit.
Vatikan: Bendedikt falsch interpretiert
Der Papst sei über das Missverständnis "extrem betrübt". Die Worte des Kirchenoberhauptes seien auf eine Weise interpretiert worden, die nicht seinen Absichten entsprochen habe.
Der Papst "wollte das Thema der Beziehung zwischen Religion und Gewalt in Angriff nehmen und seine Rede mit einer klaren und radikalen Verwerfung einer religiösen Begründung der Gewalt abschließen, von welcher Seite sie auch komme", heißt es in der Stellungnahme.
Überraschende Entschuldigung
Eigentlich war erwartet worden, dass Benedikt XVI. erst am Sonntag nach dem Angelusgebet in seiner Sommerresidenz Castel Gandolfo vor den Toren Roms das Wort ergreifen würde. Im Vatikan wurde erwartet, dass der deutsche Papst dann seine umstrittenen Ausführungen kaum zurücknehmen, sondern nur "erläutern" würde.
"Nur Schlechtes und Inhumanes"
Benedikt XVI. hatte während seines Besuchs in seiner Heimat Bayern bei einem Vortrag u. a. die Äußerung eines byzantinischen Kaisers zitiert, Mohammed habe "nur Schlechtes und Inhumanes" in die Welt gebracht, weil er den Glauben mit dem Schwert verbreiten lassen wollte.
Aufschrei gegen "Verleumdung"
Quer durch die islamische Welt hagelte es seither massive Proteste, die Beobachter bereits an jene gegen die Mohammed-Cartoons in Dänemark vor neun Monaten erinnerten.
In verschiedenen Ländern sprachen Religionsvertreter von Beleidigung und Gotteslästerung und forderten eine Entschuldigung des Vatikans. Die Islamische Konferenz (OIC), der 57 Staaten angehören, warf dem Papst eine "Verleumdungskampagne" gegen den Islam vor.
Diplomatische Eiszeit
Die OIC kritisierte auf einer Tagung im saudi-arabischen Dschidda, der Papst habe Mohammed als "böse und unmenschlich" dargestellt. In einer Erklärung heißt es: "Die OIC hofft, dass diese Kampagne nicht der Prolog für eine neue Politik des Vatikans gegenüber dem Islam ist."
Iran: Missverständnis rasch klären
Um jegliche Missverständnisse in der islamischen Welt auszuräumen, forderte der Iran den Papst am Samstag auf, seinen Standpunkt zu Islam und Gewalt schnellstens zu revidieren.
"Damit könnte die Solidarität innerhalb der Religionen wieder hergestellt werden", sagte der Sprecher des Teheraner Außenministeriums, Mohammed-Ali Hosseini.
Anschlag auf Kirche in Gaza
In der Palästinenserstadt Gaza wurde am Freitag ein Sprengstoffanschlag auf eine christliche Kirche verübt.
Der palästinensische Hamas-Regierungschef Ismail Hanija forderte den Papst auf, seine Angriffe gegen die Religion von mehr als 1,5 Milliarden Menschen weltweit einzustellen.
In Ägypten rief die Islamische Arbeitspartei zu Protesten auf und erklärte: "Wacht auf, Muslime, der Papst beleidigt den Propheten und bezeichnet den Islam in seiner Ahnungslosigkeit als möglichen Feind."
Zeitungen in Indien beschlagnahmt
Die gemäßigt islamistische ägyptische Muslimbruderschaft verlangte eine Entschuldigung. Benedikt XVI. gieße "Öl ins Feuer".
Muslimische Gelehrte in Indien kritisierten die Äußerungen des Papstes als "unverantwortlich" und "blasphemisch". Teilweise wurden Zeitungen beschlagnahmt, in denen über die Äußerungen berichtet wurde. Man wollte Unruhen verhindern. Dennoch kam es zu Protestdemonstrationen.
Schlechte Vorzeichen für Türkei-Besuch
Der Großmufti in Syrien forderte Benedikt XVI. auf, seine Äußerungen zum Islam zu klären. In der Türkei wurden Rufe nach einer Absage des für November geplanten Papst-Besuches laut. Das türkische Außenministerium ließ verlauten, der Papst werde zumindest "kühl empfangen" werden.
Auch in Afghanistan, dem Irak, dem Libanon, Jordanien, Syrien, Kuwait und Katar übten muslimische Würdenträger und Organisationen harsche Kritik an den Papst-Äußerungen. Der Vatikan bemühte sich währenddessen um Schadensbegrenzung.
Vatikan beruft sich auf "Dialog"
Vatikansprecher Federico Lombardi erklärte, dem Papst sei es um eine "klare und radikale Zurückweisung einer religiösen Motivation von Gewalt" gegangen. Der Papst habe die "Sensibilität islamischer Gläubiger" nicht verletzen wollen.
Außerdem gab der Vatikan den Medien die Schuld an dem Konflikt, da sie die Zitate Benedikts XVI. aus dem Zusammenhang gerissen hätten. Der "Außenminister" des Vatikans, Dominique Mamberti, erklärte, dem Papst liege viel am "Dialog zwischen den Kulturen und Religionen".
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,437992,00.html
19. September 2006
FORDERUNG AUS LIBYEN
Papst soll Muslim werden
Die Islam-Äußerungen des Papstes rufen weiterhin Proteste hervor. So forderte der Sohn des libyschen Staatschefs Gaddafi, Benedikt solle Muslim werden. Die türkische Religionsbehörde verlangt seine Festnahme. Kardinal Lehmann, hat die Missverständlichkeit des umstrittenen Zitats eingeräumt.
Berlin - Kardinal Karl Lehmann rief zu einem Dialog der Religionen auf. Dem Papst sei es in seiner Vorlesung während seines Besuchs in der Regensburger Universität darum gegangen, dass der christliche Glaube auf der Vernunft Gottes aufgebaut sei. "Keineswegs ging es ihm darum, wie manche meinten, der Vernünftigkeit des christlichen Glaubens die fehlende Vernünftigkeit anderer Religionen - namentlich des Islam - entgegenzusetzen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz bei einem Empfang des Kommissariats der deutschen Bischöfe heute Abend in Berlin.
Benedikt XVI.: Es konnten Missverständnisse entstehen
Der Papst habe einen Satz aus einem Dialog zwischen einem byzantinischen Kaiser und einem muslimischen Gelehrten aus dem 14. Jahrhundert wiedergegeben. Da sie ihn so fasziniert hätten, habe er sie zum Ausgangspunkt für seine Überlegungen gemacht. Lehmann räumte jedoch ein, dass das Zitieren dieses Satzes "zur Durchführung des genannten Themas gewiss nicht zwingend notwendig" gewesen sei. Der Satz müsse vor dem historischen Kontext verstanden werden, betonte Lehmann. "Nach meinem Empfinden besteht die einzige Schwierigkeit darin, dass Papst Benedikt XVI. die Voraussetzungen und den Hintergrund dieser Aussagen nur kurz streift. Dadurch konnten Missverständnisse entstehen".Bei einigen Reaktionen müsse aber eine "absichtliche Fehldeutung" unterstellt werden, sagte Lehmann weiter. Der Papst habe immer wieder deutlich gemacht, dass die katholische Kirche die Muslime mit Hochachtung ansehe.
Ermittlungsverfahren gegen Benedikt gefordert
In der muslimischen Welt hat es heute erneut scharfe Worte gegen den Pontifex gegeben. Benedikt solle während seines geplanten Türkei-Besuchs im November verhaftet werden, verlangten Angestellte des Amtes für religiöse Angelegenheiten in einer an das Justizministerium gerichteten Petition. Sie forderten darin auch, wegen Verletzung der Glaubensfreiheit und der Beleidigung des Islams ein Ermittlungsverfahren gegen den Papst zu eröffnen, berichtete die Nachrichtenagentur Anatolien. Demonstranten trugen heute Schilder mit der Aufschrift: "Entschuldige dich oder komm nicht her". Es ist in der Türkei nicht unüblich, dass Privatpersonen oder Organisationen Gerichtsverfahren gegen Persönlichkeiten von internationaler Bedeutung verlangen. Keines der Gesuche hatte bisher Erfolg.
Für Überraschung hat der Vorschlag des ältesten Sohnes von Libyens Staatschefs Muammar al-Gaddafi gesorgt. "Ich rufe ihn nicht auf, sich zu entschuldigen, aber ich rufe ihn auf, die Wahrheit zu erkennen und dann Muslim zu werden", sagte Mohammed al-Gaddafi in der Hauptstadt Tripolis.
"Wir halten an unserem Islam fest, denn das ist unser Weg zur Stärke und zum Sieg in der Auseinandersetzung mit jedem, der versucht, an unserer Religion oder unserem Propheten zu rütteln", erklärte er bei einer Preisverleihung. Der Gaddafi-Sohn, der die staatliche libysche Telefongesellschaft leitet, zeichnete bei dem Festakt Muslime aus, die den ganzen Koran auswendig gelernt hatten.
"Bedauern ist nicht genug"
Der Mufti von Jerusalem, Mohammed Hussein, hat den Papst wegen zu einer eindeutigen Entschuldigung aufgefordert. Das Bedauern des Papstes sei "nicht genug", erklärte Hussein heute in Jerusalem. Benedikt müsse eine "öffentliche, klare und persönliche Entschuldigung" abgeben. Der Mufti forderte Muslime nach mehreren Anschlägen auf, keine weiteren Kirchen in den Palästinensergebieten anzugreifen.
Die Äußerungen des Papstes hatten in der muslimischen Welt Empörung und Proteste ausgelöst. Benedikt XVI. hatte den byzantinischen Kaiser mit den Worten zitiert: "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, dass er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten."
ler/Reuters/dpa
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Und Frau Merkel zur Bundeskanzlerin?
Ach Mist, jetzt geht meine Phantasie mit mir durch :-(
Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken.
Die Reaktionen auf seine Rede hat Benedikt XVI. offenbar bewusst in Kauf genommen.Papst Benedikt XVI. ist nach Informationen des Magazins "Focus" vor der Verlesung der umstrittenen Zitate über den Islam in seiner Regensburger Rede gewarnt worden. Dabei ging es genau um jenes Zitat, dass in der islamischen Welt einen Sturm der Entrüstung ausgelöst hat.
Ein Mitarbeiter habe den Rat gegeben, "die umstrittene Passage zu streichen", berichtet "Focus" unter Berufung auf Vatikan-Kreise. Der Papst habe jedoch auf dem Zitat beharrt, schreibt das deutsche Nachrichtenmagazin in seiner jüngsten Ausgabe.
Reaktion "uninteressant"?
Die Reaktionen auf seine Rede hat Benedikt XVI. demnach in Kauf genommen: Der Papst habe "nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ihn Wahrheit und kritischer Dialog interessieren, und nicht so sehr, was damit ausgelöst wird", wird die Haltung des Vatikans wiedergegeben.
Beobachter aus der Umgebung des Kirchenoberhauptes glaubten ohnehin nicht, dass die Zitate durch ein Versehen in die Rede gelangt seien. Der Papst habe vielmehr bewusst eine Debatte über das Verhältnis von Religion, Vernunft und Gewalt anstoßen wollen.
Das "Missverständnis"
Der Papst hatte am Dienstag vergangener Woche bei einem Vortrag in Regensburg eine Äußerung des byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos zitiert, wonach der Prophet Mohammed "nur Schlechtes und Inhumanes" gebracht habe.
Daraufhin war in der islamischen Welt ein Sturm der Entrüstung losgebrochen. Benedikt XVI. sprach anschließend von einem "bedauerlichen Missverständnis". In Teilen seiner Regensburger Rede habe er nicht seine persönliche Meinung referiert, betonte der 79-Jährige.
Proteste gehen weiter
Mit seiner Rede vor Akademikern an seiner ehemaligen Universität in Regensburg habe er zeigen wollen, dass sich Religion und Gewalt im Gegensatz zu Religion und Vernunft nicht vertrügen, so der Papst. Die Proteste und Ausschreitungen halten indes an.
Für mich gabs nur zwei Möglichkeiten: er wählte das Zitat aus Dummheit (ohne an etwaige Folgen zu denken) oder aber aus Verantwortungslosigkeit. Ich neigte zu ersterem. So die Meldung aber stimmt - mögen Sie mit Ihrem Gewissen klar kommen, Herr Papst Ratzinger.
Gruß
Talisker
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NACH MÜNCHEN, ALTÖTTING UND REGENSBURG
(9.-14. SEPTEMBER 2006)
TREFFEN MIT DEN VERTRETERN
AUS DEM BEREICH DER WISSENSCHAFTEN
ANSPRACHE VON BENEDIKT XVI.
Aula Magna der Universität Regensburg
Dienstag, 12. September 2006
Glaube, Vernunft und Universität.
Erinnerungen und Reflexionen.
Eminenzen, Magnifizenzen, Exzellenzen,
verehrte Damen und Herren!
Es ist für mich ein bewegender Augenblick, noch einmal in der Universität zu sein und noch einmal eine Vorlesung halten zu dürfen. Meine Gedanken gehen dabei zurück in die Jahre, in denen ich an der Universität Bonn nach einer schönen Periode an der Freisinger Hochschule meine Tätigkeit als akademischer Lehrer aufgenommen habe. Es war – 1959 – noch die Zeit der alten Ordinarien-Universität. Für die einzelnen Lehrstühle gab es weder Assistenten noch Schreibkräfte, dafür aber gab es eine sehr unmittelbare Begegnung mit den Studenten und vor allem auch der Professoren untereinander. In den Dozentenräumen traf man sich vor und nach den Vorlesungen. Die Kontakte mit den Historikern, den Philosophen, den Philologen und natürlich auch zwischen beiden Theologischen Fakultäten waren sehr lebendig. Es gab jedes Semester einen sogenannten Dies academicus, an dem sich Professoren aller Fakultäten den Studenten der gesamten Universität vorstellten und so ein Erleben von Universitas möglich wurde – auf das Sie, Magnifizenz, auch gerade hingewiesen haben – die Erfahrung nämlich, daß wir in allen Spezialisierungen, die uns manchmal sprachlos füreinander machen, doch ein Ganzes bilden und im Ganzen der einen Vernunft mit all ihren Dimensionen arbeiten und so auch in einer gemeinschaftlichen Verantwortung für den rechten Gebrauch der Vernunft stehen – das wurde erlebbar. Die Universität war auch durchaus stolz auf ihre beiden Theologischen Fakultäten. Es war klar, daß auch sie, indem sie nach der Vernunft des Glaubens fragen, eine Arbeit tun, die notwendig zum Ganzen der Universitas scientiarum gehört, auch wenn nicht alle den Glauben teilen konnten, um dessen Zuordnung zur gemeinsamen Vernunft sich die Theologen mühen. Dieser innere Zusammenhalt im Kosmos der Vernunft wurde auch nicht gestört, als einmal verlautete, einer der Kollegen habe geäußert, an unserer Universität gebe es etwas Merkwürdiges: zwei Fakultäten, die sich mit etwas befaßten, was es gar nicht gebe – mit Gott. Daß es auch solch radikaler Skepsis gegenüber notwendig und vernünftig bleibt, mit der Vernunft nach Gott zu fragen und es im Zusammenhang der Überlieferung des christlichen Glaubens zu tun, war im Ganzen der Universität unbestritten.
All dies ist mir wieder in den Sinn gekommen, als ich kürzlich den von Professor Theodore Khoury (Münster) herausgegebenen Teil des Dialogs las, den der gelehrte byzantinische Kaiser Manuel II. Palaeologos wohl 1391 im Winterlager zu Ankara mit einem gebildeten Perser über Christentum und Islam und beider Wahrheit führte. Der Kaiser hat vermutlich während der Belagerung von Konstantinopel zwischen 1394 und 1402 den Dialog aufgezeichnet; so versteht man auch, daß seine eigenen Ausführungen sehr viel ausführlicher wiedergegeben sind, als die seines persischen Gesprächspartners. Der Dialog erstreckt sich über den ganzen Bereich des von Bibel und Koran umschriebenen Glaubensgefüges und kreist besonders um das Gottes- und das Menschenbild, aber auch immer wieder notwendigerweise um das Verhältnis der, wie man sagte, „drei Gesetze“ oder „drei Lebensordnungen“: Altes Testament – Neues Testament – Koran. Jetzt, in dieser Vorlesung möchte ich darüber nicht handeln, nur einen – im Aufbau des ganzen Dialogs eher marginalen – Punkt berühren, der mich im Zusammenhang des Themas Glaube und Vernunft fasziniert hat und der mir als Ausgangspunkt für meine Überlegungen zu diesem Thema dient.
In der von Professor Khoury herausgegebenen siebten Gesprächsrunde (διάλεξις – Kontroverse) kommt der Kaiser auf das Thema des Djihād, des heiligen Krieges zu sprechen. Der Kaiser wußte sicher, daß in Sure 2, 256 steht: Kein Zwang in Glaubenssachen – es ist eine der frühen Suren aus der Zeit, wie uns die Kenner sagen, in der Mohammed selbst noch machtlos und bedroht war. Aber der Kaiser kannte natürlich auch die im Koran niedergelegten – später entstandenen – Bestimmungen über den heiligen Krieg. Ohne sich auf Einzelheiten wie die unterschiedliche Behandlung von „Schriftbesitzern“ und „Ungläubigen“ einzulassen, wendet er sich in erstaunlich schroffer, uns überraschend schroffer Form ganz einfach mit der zentralen Frage nach dem Verhältnis von Religion und Gewalt überhaupt an seinen Gesprächspartner. Er sagt: „Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden wie dies, daß er vorgeschrieben hat, den Glauben, den er predigte, durch das Schwert zu verbreiten“. Der Kaiser begründet, nachdem er so zugeschlagen hat, dann eingehend, warum Glaubensverbreitung durch Gewalt widersinnig ist. Sie steht im Widerspruch zum Wesen Gottes und zum Wesen der Seele. „Gott hat kein Gefallen am Blut”, sagt er, „und nicht vernunftgemäß, nicht „σὺν λόγω” zu handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider. Der Glaube ist Frucht der Seele, nicht des Körpers. Wer also jemanden zum Glauben führen will, braucht die Fähigkeit zur guten Rede und ein rechtes Denken, nicht aber Gewalt und Drohung… Um eine vernünftige Seele zu überzeugen, braucht man nicht seinen Arm, nicht Schlagwerkzeuge noch sonst eines der Mittel, durch die man jemanden mit dem Tod bedrohen kann...".
Der entscheidende Satz in dieser Argumentation gegen Bekehrung durch Gewalt lautet: Nicht vernunftgemäß handeln ist dem Wesen Gottes zuwider. Der Herausgeber, Theodore Khoury, kommentiert dazu: Für den Kaiser als einen in griechischer Philosophie aufgewachsenen Byzantiner ist dieser Satz evident. Für die moslemische Lehre hingegen ist Gott absolut transzendent. Sein Wille ist an keine unserer Kategorien gebunden und sei es die der Vernünftigkeit. Khoury zitiert dazu eine Arbeit des bekannten französischen Islamologen R. Arnaldez, der darauf hinweist, daß Ibn Hazm so weit gehe zu erklären, daß Gott auch nicht durch sein eigenes Wort gehalten sei und daß nichts ihn dazu verpflichte, uns die Wahrheit zu offenbaren. Wenn er es wollte, müsse der Mensch auch Götzendienst treiben.
An dieser Stelle tut sich ein Scheideweg im Verständnis Gottes und so in der konkreten Verwirklichung von Religion auf, der uns heute ganz unmittelbar herausfordert. Ist es nur griechisch zu glauben, daß vernunftwidrig zu handeln dem Wesen Gottes zuwider ist, oder gilt das immer und in sich selbst? Ich denke, daß an dieser Stelle der tiefe Einklang zwischen dem, was im besten Sinn griechisch ist, und dem auf der Bibel gründenden Gottesglauben sichtbar wird. Den ersten Vers der Genesis, den ersten Vers der Heiligen Schrift überhaupt abwandelnd, hat Johannes den Prolog seines Evangeliums mit dem Wort eröffnet: Im Anfang war der Logos. Dies ist genau das Wort, das der Kaiser gebraucht: Gott handelt „σὺν λόγω”, mit Logos. Logos ist Vernunft und Wort zugleich – eine Vernunft, die schöpferisch ist und sich mitteilen kann, aber eben als Vernunft. Johannes hat uns damit das abschließende Wort des biblischen Gottesbegriffs geschenkt, in dem alle die oft mühsamen und verschlungenen Wege des biblischen Glaubens an ihr Ziel kommen und ihre Synthese finden. Im Anfang war der Logos, und der Logos ist Gott, so sagt uns der Evangelist. Das Zusammentreffen der biblischen Botschaft und des griechischen Denkens war kein Zufall. Die Vision des heiligen Paulus, dem sich die Wege in Asien verschlossen und der nächtens in einem Gesicht einen Mazedonier sah und ihn rufen hörte: Komm herüber und hilf uns (Apg 16, 6 – 10) – diese Vision darf als Verdichtung des von innen her nötigen Aufeinanderzugehens zwischen biblischem Glauben und griechischem Fragen gedeutet werden.
Dabei war dieses Zugehen längst im Gang. Schon der geheimnisvolle Gottesname vom brennenden Dornbusch, der diesen Gott aus den Göttern mit den vielen Namen herausnimmt und von ihm einfach das „Ich bin“, das Dasein aussagt, ist eine Bestreitung des Mythos, zu der der sokratische Versuch, den Mythos zu überwinden und zu übersteigen, in einer inneren Analogie steht. Der am Dornbusch begonnene Prozeß kommt im Innern des Alten Testaments zu einer neuen Reife während des Exils, wo nun der landlos und kultlos gewordene Gott Israels sich als den Gott des Himmels und der Erde verkündet und sich mit einer einfachen, das Dornbusch-Wort weiterführenden Formel vorstellt: „Ich bin’s.“ Mit diesem neuen Erkennen Gottes geht eine Art von Aufklärung Hand in Hand, die sich im Spott über die Götter drastisch ausdrückt, die nur Machwerke der Menschen seien (vgl. Ps 115). So geht der biblische Glaube in der hellenistischen Epoche bei aller Schärfe des Gegensatzes zu den hellenistischen Herrschern, die die Angleichung an die griechische Lebensweise und ihren Götterkult erzwingen wollten, dem Besten des griechischen Denkens von innen her entgegen zu einer gegenseitigen Berührung, wie sie sich dann besonders in der späten Weisheits-Literatur vollzogen hat. Heute wissen wir, daß die in Alexandrien entstandene griechische Übersetzung des Alten Testaments – die Septuaginta – mehr als eine bloße (vielleicht sogar wenig positiv zu beurteilende) Übersetzung des hebräischen Textes, nämlich ein selbständiger Textzeuge und ein eigener wichtiger Schritt der Offenbarungsgeschichte ist, in dem sich diese Begegnung auf eine Weise realisiert hat, die für die Entstehung des Christentums und seine Verbreitung entscheidende Bedeutung gewann. Zutiefst geht es dabei um die Begegnung zwischen Glaube und Vernunft, zwischen rechter Aufklärung und Religion. Manuel II. hat wirklich aus dem inneren Wesen des christlichen Glaubens heraus und zugleich aus dem Wesen des Griechischen, das sich mit dem Glauben verschmolzen hatte, sagen können: Nicht „mit dem Logos“ handeln, ist dem Wesen Gottes zuwider.
Hier ist der Redlichkeit halber anzumerken, daß sich im Spätmittelalter Tendenzen der Theologie entwickelt haben, die diese Synthese von Griechischem und Christlichem aufsprengen. Gegenüber dem sogenannten augustinischen und thomistischen Intellektualismus beginnt bei Duns Scotus eine Position des Voluntarismus, die schließlich in den weiteren Entwicklungen dahinführte zu sagen, wir kennten von Gott nur seine Voluntas ordinata. Jenseits davon gebe es die Freiheit Gottes, kraft derer er auch das Gegenteil von allem, was er getan hat, hätte machen und tun können. Hier zeichnen sich Positionen ab, die denen von Ibn Hazm durchaus nahekommen können und auf das Bild eines Willkür-Gottes zulaufen könnten, der auch nicht an die Wahrheit und an das Gute gebunden ist. Die Transzendenz und die Andersheit Gottes werden so weit übersteigert, daß auch unsere Vernunft, unser Sinn für das Wahre und Gute kein wirklicher Spiegel Gottes mehr sind, dessen abgründige Möglichkeiten hinter seinen tatsächlichen Entscheiden für uns ewig unzugänglich und verborgen bleiben. Demgegenüber hat der kirchliche Glaube immer daran festgehalten, daß es zwischen Gott und uns, zwischen seinem ewigen Schöpfergeist und unserer geschaffenen Vernunft eine wirkliche Analogie gibt, in der zwar – wie das Vierte Laterankonzil 1215 sagt – die Unähnlichkeiten unendlich größer sind als die Ähnlichkeiten, aber eben doch die Analogie und ihre Sprache nicht aufgehoben werden. Gott wird nicht göttlicher dadurch, daß wir ihn in einen reinen und undurchschaubaren Voluntarismus entrücken, sondern der wahrhaft göttliche Gott ist der Gott, der sich als Logos gezeigt und als Logos liebend für uns gehandelt hat. Gewiß, die Liebe „übersteigt“, wie Paulus sagt, die Erkenntnis und vermag daher mehr wahrzunehmen als das bloße Denken (vgl. Eph 3, 19), aber sie bleibt doch Liebe des Gottes-Logos, weshalb christlicher Gottesdienst, wie noch einmal Paulus sagt, „λογικη λατρεία“ ist – Gottesdienst, der im Einklang mit dem ewigen Wort und mit unserer Vernunft steht (vgl. Röm 12, 1).
Dieses hier angedeutete innere Zugehen aufeinander, das sich zwischen biblischem Glauben und griechischem philosophischem Fragen vollzogen hat, ist ein nicht nur religionsgeschichtlich, sondern weltgeschichtlich entscheidender Vorgang, der uns auch heute in die Pflicht nimmt. Wenn man diese Begegnung sieht, ist es nicht verwunderlich, daß das Christentum trotz seines Ursprungs und wichtiger Entfaltungen im Orient schließlich seine geschichtlich entscheidende Prägung in Europa gefunden hat. Wir können auch umgekehrt sagen: Diese Begegnung, zu der dann noch das Erbe Roms hinzutritt, hat Europa geschaffen und bleibt die Grundlage dessen, was man mit Recht Europa nennen kann.
Der These, daß das kritisch gereinigte griechische Erbe wesentlich zum christlichen Glauben gehört, steht die Forderung nach der Enthellenisierung des Christentums entgegen, die seit dem Beginn der Neuzeit wachsend das theologische Ringen beherrscht. Wenn man näher zusieht, kann man drei Wellen des Enthellenisierungsprogramms beobachten, die zwar miteinander verbunden, aber in ihren Begründungen und Zielen doch deutlich voneinander verschieden sind.
Die Enthellenisierung erscheint zuerst mit den Anliegen der Reformation des 16. Jahrhunderts verknüpft. Die Reformatoren sahen sich angesichts der theologischen Schultradition einer ganz von der Philosophie her bestimmten Systematisierung des Glaubens gegenüber, sozusagen einer Fremdbestimmung des Glaubens durch ein nicht aus ihm kommendes Denken. Der Glaube erschien dabei nicht mehr als lebendiges geschichtliches Wort, sondern eingehaust in ein philosophisches System. Das Sola Scriptura sucht demgegenüber die reine Urgestalt des Glaubens, wie er im biblischen Wort ursprünglich da ist. Metaphysik erscheint als eine Vorgabe von anderswoher, von der man den Glauben befreien muß, damit er ganz wieder er selber sein könne. In einer für die Reformatoren nicht vorhersehbaren Radikalität hat Kant mit seiner Aussage, er habe das Denken beiseite schaffen müssen, um dem Glauben Platz zu machen, aus diesem Programm heraus gehandelt. Er hat dabei den Glauben ausschließlich in der praktischen Vernunft verankert und ihm den Zugang zum Ganzen der Wirklichkeit abgesprochen.
Die liberale Theologie des 19. und 20. Jahrhunderts brachte eine zweite Welle im Programm der Enthellenisierung mit sich, für die Adolf von Harnack als herausragender Repräsentant steht. In der Zeit, als ich studierte, wie in den frühen Jahren meines akademischen Wirkens war dieses Programm auch in der katholischen Theologie kräftig am Werk. Pascals Unterscheidung zwischen dem Gott der Philosophen und dem Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs diente als Ausgangspunkt dafür. In meiner Bonner Antrittsvorlesung von 1959 habe ich mich damit auseinanderzusetzen versucht, und möchte dies alles hier nicht neu aufnehmen. Wohl aber möchte ich wenigstens in aller Kürze versuchen, das unterscheidend Neue dieser zweiten Enthellenisierungswelle gegenüber der ersten herauszustellen. Als Kerngedanke erscheint bei Harnack die Rückkehr zum einfachen Menschen Jesus und zu seiner einfachen Botschaft, die allen Theologisierungen und eben auch Hellenisierungen voraus liege: Diese einfache Botschaft stelle die wirkliche Höhe der religiösen Entwicklung der Menschheit dar. Jesus habe den Kult zugunsten der Moral verabschiedet. Er wird im letzten als Vater einer menschenfreundlichen moralischen Botschaft dargestellt. Dabei geht es Harnack im Grunde darum, das Christentum wieder mit der modernen Vernunft in Einklang zu bringen, eben indem man es von scheinbar philosophischen und theologischen Elementen wie etwa dem Glauben an die Gottheit Christi und die Dreieinheit Gottes befreie. Insofern ordnet die historisch-kritische Auslegung des Neuen Testaments, wie er sie sah, die Theologie wieder neu in den Kosmos der Universität ein: Theologie ist für Harnack wesentlich historisch und so streng wissenschaftlich. Was sie auf dem Weg der Kritik über Jesus ermittelt, ist sozusagen Ausdruck der praktischen Vernunft und damit auch im Ganzen der Universität vertretbar. Im Hintergrund steht die neuzeitliche Selbstbeschränkung der Vernunft, wie sie in Kants Kritiken klassischen Ausdruck gefunden hatte, inzwischen aber vom naturwissenschaftlichen Denken weiter radikalisiert wurde. Diese moderne Auffassung der Vernunft beruht auf einer durch den technischen Erfolg bestätigten Synthese zwischen Platonismus (Cartesianismus) und Empirismus, um es verkürzt zu sagen. Auf der einen Seite wird die mathematische Struktur der Materie, sozusagen ihre innere Rationalität vorausgesetzt, die es möglich macht, sie in ihrer Wirkform zu verstehen und zu gebrauchen: Diese Grundvoraussetzung ist sozusagen das platonische Element im modernen Naturverständnis. Auf der anderen Seite geht es um die Funktionalisierbarkeit der Natur für unsere Zwecke, wobei die Möglichkeit der Verifizierung oder Falsifizierung im Experiment erst die entscheidende Gewißheit liefert. Das Gewicht zwischen den beiden Polen kann je nachdem mehr auf der einen oder der anderen Seite liegen. Ein so streng positivistischer Denker wie J. Monod hat sich als überzeugten Platoniker bezeichnet.
Dies bringt zwei für unsere Frage entscheidende Grundorientierungen mit sich. Nur die im Zusammenspiel von Mathematik und Empirie sich ergebende Form von Gewißheit gestattet es, von Wissenschaftlichkeit zu sprechen. Was Wissenschaft sein will, muß sich diesem Maßstab stellen. So versuchten dann auch die auf die menschlichen Dinge bezogenen Wissenschaften wie Geschichte, Psychologie, Soziologie, Philosophie, sich diesem Kanon von Wissenschaftlichkeit anzunähern. Wichtig für unsere Überlegungen ist aber noch, daß die Methode als solche die Gottesfrage ausschließt und sie als unwissenschaftliche oder vorwissenschaftliche Frage erscheinen läßt. Damit aber stehen wir vor einer Verkürzung des Radius von Wissenschaft und Vernunft, die in Frage gestellt werden muß.
Darauf werde ich zurückkommen. Einstweilen bleibt festzustellen, daß bei einem von dieser Sichtweise her bestimmten Versuch, Theologie „wissenschaftlich“ zu erhalten, vom Christentum nur ein armseliges Fragmentstück übrigbleibt. Aber wir müssen mehr sagen: Wenn dies allein die ganze Wissenschaft ist, dann wird der Mensch selbst dabei verkürzt. Denn die eigentlich menschlichen Fragen, die nach unserem Woher und Wohin, die Fragen der Religion und des Ethos können dann nicht im Raum der gemeinsamen, von der so verstandenen „Wissenschaft“ umschriebenen Vernunft Platz finden und müssen ins Subjektive verlegt werden. Das Subjekt entscheidet mit seinen Erfahrungen, was ihm religiös tragbar erscheint, und das subjektive „Gewissen“ wird zur letztlich einzigen ethischen Instanz. So aber verlieren Ethos und Religion ihre gemeinschaftsbildende Kraft und verfallen der Beliebigkeit. Dieser Zustand ist für die Menschheit gefährlich: Wir sehen es an den uns bedrohenden Pathologien der Religion und der Vernunft, die notwendig ausbrechen müssen, wo die Vernunft so verengt wird, daß ihr die Fragen der Religion und des Ethos nicht mehr zugehören. Was an ethischen Versuchen von den Regeln der Evolution oder von Psychologie und Soziologie her bleibt, reicht einfach nicht aus.
Bevor ich zu den Schlußfolgerungen komme, auf die ich mit alledem hinaus will, muß ich noch kurz die dritte Enthellenisierungswelle andeuten, die zurzeit umgeht. Angesichts der Begegnung mit der Vielheit der Kulturen sagt man heute gern, die Synthese mit dem Griechentum, die sich in der alten Kirche vollzogen habe, sei eine erste Inkulturation des Christlichen gewesen, auf die man die anderen Kulturen nicht festlegen dürfe. Ihr Recht müsse es sein, hinter diese Inkulturation zurückzugehen auf die einfache Botschaft des Neuen Testaments, um sie in ihren Räumen jeweils neu zu inkulturieren. Diese These ist nicht einfach falsch, aber doch vergröbert und ungenau. Denn das Neue Testament ist griechisch geschrieben und trägt in sich selber die Berührung mit dem griechischen Geist, die in der vorangegangenen Entwicklung des Alten Testaments gereift war. Gewiß gibt es Schichten im Werdeprozeß der alten Kirche, die nicht in alle Kulturen eingehen müssen. Aber die Grundentscheidungen, die eben den Zusammenhang des Glaubens mit dem Suchen der menschlichen Vernunft betreffen, die gehören zu diesem Glauben selbst und sind seine ihm gemäße Entfaltung.
Damit komme ich zum Schluß. Die eben in ganz groben Zügen versuchte Selbstkritik der modernen Vernunft schließt ganz und gar nicht die Auffassung ein, man müsse nun wieder hinter die Aufklärung zurückgehen und die Einsichten der Moderne verabschieden. Das Große der modernen Geistesentwicklung wird ungeschmälert anerkannt: Wir alle sind dankbar für die großen Möglichkeiten, die sie dem Menschen erschlossen hat und für die Fortschritte an Menschlichkeit, die uns geschenkt wurden. Das Ethos der Wissenschaftlichkeit – Sie haben es angedeutet Magnifizenz – ist im übrigen Wille zum Gehorsam gegenüber der Wahrheit und insofern Ausdruck einer Grundhaltung, die zu den wesentlichen Entscheiden des Christlichen gehört. Nicht Rücknahme, nicht negative Kritik ist gemeint, sondern um Ausweitung unseres Vernunftbegriffs und -gebrauchs geht es. Denn bei aller Freude über die neuen Möglichkeiten des Menschen sehen wir auch die Bedrohungen, die aus diesen Möglichkeiten aufsteigen, und müssen uns fragen, wie wir ihrer Herr werden können. Wir können es nur, wenn Vernunft und Glaube auf neue Weise zueinanderfinden; wenn wir die selbstverfügte Beschränkung der Vernunft auf das im Experiment Falsifizierbare überwinden und der Vernunft ihre ganze Weite wieder eröffnen. In diesem Sinn gehört Theologie nicht nur als historische und humanwissenschaftliche Disziplin, sondern als eigentliche Theologie, als Frage nach der Vernunft des Glaubens an die Universität und in ihren weiten Dialog der Wissenschaften hinein.
Nur so werden wir auch zum wirklichen Dialog der Kulturen und Religionen fähig, dessen wir so dringend bedürfen. In der westlichen Welt herrscht weithin die Meinung, allein die positivistische Vernunft und die ihr zugehörigen Formen der Philosophie seien universal. Aber von den tief religiösen Kulturen der Welt wird gerade dieser Ausschluß des Göttlichen aus der Universalität der Vernunft als Verstoß gegen ihre innersten Überzeugungen angesehen. Eine Vernunft, die dem Göttlichen gegenüber taub ist und Religion in den Bereich der Subkulturen abdrängt, ist unfähig zum Dialog der Kulturen. Dabei trägt, wie ich zu zeigen versuchte, die moderne naturwissenschaftliche Vernunft mit dem ihr innewohnenden platonischen Element eine Frage in sich, die über sie und ihre methodischen Möglichkeiten hinausweist. Sie selber muß die rationale Struktur der Materie wie die Korrespondenz zwischen unserem Geist und den in der Natur waltenden rationalen Strukturen ganz einfach als Gegebenheit annehmen, auf der ihr methodischer Weg beruht. Aber die Frage, warum dies so ist, die besteht doch und muß von der Naturwissenschaft weitergegeben werden an andere Ebenen und Weisen des Denkens – an Philosophie und Theologie. Für die Philosophie und in anderer Weise für die Theologie ist das Hören auf die großen Erfahrungen und Einsichten der religiösen Traditionen der Menschheit, besonders aber des christlichen Glaubens, eine Erkenntnisquelle, der sich zu verweigern eine unzulässige Verengung unseres Hörens und Antwortens wäre. Mir kommt da ein Wort des Sokrates an Phaidon in den Sinn. In den vorangehenden Gesprächen hatte man viele falsche philosophische Meinungen berührt, und nun sagt Sokrates: Es wäre wohl zu verstehen, wenn einer aus Ärger über so viel Falsches sein übriges Leben lang alle Reden über das Sein haßte und schmähte. Aber auf diese Weise würde er der Wahrheit des Seienden verlustig gehen und einen sehr großen Schaden erleiden. Der Westen ist seit langem von dieser Abneigung gegen die grundlegenden Fragen seiner Vernunft bedroht und könnte damit einen großen Schaden erleiden. Mut zur Weite der Vernunft, nicht Absage an ihre Größe – das ist das Programm, mit dem eine dem biblischen Glauben verpflichtete Theologie in den Disput der Gegenwart eintritt. „Nicht vernunftgemäß, nicht mit dem Logos handeln ist dem Wesen Gottes zuwider“, hat Manuel II. von seinem christlichen Gottesbild her zu seinem persischen Gesprächspartner gesagt. In diesen großen Logos, in diese Weite der Vernunft laden wir beim Dialog der Kulturen unsere Gesprächspartner ein. Sie selber immer wieder zu finden, ist die große Aufgabe der Universität.
Islam-Zitate
Papst war vorab gewarnt
Papst Benedikt XVI. bei der umstrittenen Vorlesung |
Ein Mitarbeiter seiner Kurie hat Benedikt XVI. offenbar davor gewarnt, die umstrittenen Zitate über den Islam in seine Regensburger Rede aufzunehmen.
Wie FOCUS aus Vatikan-Kreisen erfuhr, gab ein Mitarbeiter „den Rat, die umstrittene Passage zu streichen“. Der Papst habe jedoch „nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass ihn Wahrheit und kritischer Dialog interessieren und nicht so sehr, was damit ausgelöst wird“.
Beobachter im Umfeld des Pontifex glauben FOCUS zufolge nicht, dass die Zitate über den Islam und die Gewalt durch einen Lapsus der Gegenleser im Vatikan übersehen worden sein können. Der Papst habe vielmehr bewusst eine Debatte über das Verhältnis von Religion, Vernunft und Gewalt anstoßen wollen.
Der Papst hatte bei seinem Besuch in Bayern den byzantinischen Kaiser Manuel II. Palaiologos (1391-1425) zitiert, wonach der Prophet Mohammed „Schlechtes und Inhumanes“ gebracht habe, weil er den Glauben mit dem Schwert habe verbreiten lassen wollen. Mittlerweile bedauerte Benedikt XVI. mehrfach öffentlich, dass seine Äußerungen missverstanden worden seien.
Sehr ähnlich zu dem oben, ich denke, der hier ist die VOrlage für oberen Artikel....
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Schwanzeinziehen (aus "Angst" vor irgendwas) ist in diesem Zusammenhang das Allerletzte!
Nur Klarheit und Wahrheit, vor allem Wahrhaftigkeit helfen hier. Und das klärt die Verhältnisse. Man kann Bendikt XVI nur danken für Mut und Intelligenz.
MfG
kiiwii
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Also kann man die Aussagen eines anderen, die schon hunderte Jahre zurückliegen, zurücknehmen? Und warum überhaupt?
Nach dem Dafürhalten der allermeisten Menschen hat er keine Religion direkt beleidigt.
Selbst wenn es jemand in der bestimmten Religion so empfinden sollte, dann sollten die mal schauen, was deren religiösen Führer teilweise lautstark und immer wieder, in Bezug auf ihre eigene Religion und dann in Bezug auf andere Religionen sagen!
Da sind selbst evtl Missverständnisse des Papstes nichts dagegen!
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http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,439334,00.html
26. September 2006
RELIGIONSSTREIT
Drewermann kritisiert Islamgipfel beim Papst
Der Kirchenkritiker Eugen Drewermann hat schwere Vorwürfe gegen den Papst erhoben. Auch nach dem Treffen von Benedikt XVI. mit Vertretern muslimischer Länder gebe es keinen Wandel im Dialog mit dem Islam. Die Audienz sei nur ein diplomatischer Trick gewesen.
Münster - "Der Papst setzt sich hin und liest ein Papier vor - das ist doch kein Dialog", sagte Drewermann heute der Nachrichtenagentur dpa. Bislang gebe es von Seiten des Vatikans nichts als diplomatische Gesten und Tricks. "Ich habe noch nie erlebt, dass ein Papst als einer unter gleichen zwischen Muslimen gesessen hat, um zuzuhören."
Drewermanns Vorwurf: "Nichts als Gesten und Tricks"
Drewermann warf Benedikt XVI. vor, das umstrittene Zitat seiner Rede in Regensburg mit Bedacht gewählt zu haben. "Mohammed wollte nie etwas Neues bringen", sagte Drewermann. Vielmehr sei der Islam ein "Reformangebot an die dogmatischen Verknöcherungen der Kirche".
Viel zu oft werde nach Ansicht Drewermanns den Muslimen - auch hier in Deutschland - mit erhobenem Zeigefinger begegnet und erklärt, was sie zu tun und zu lassen hätten. "Diese Arroganz macht mich wütend", sagte er. Der Islam sei in den vergangenen Jahren vor allem von den USA als "Ersatzattrappe für das Sowjet-Imperium" aufgebaut worden. "Man will den Kulturkampf", sagte Drewermann. So wertete er den Libanon-Krieg als eine "Testreihe" dafür, ob es möglich sei mit Bombardements auch Iran zu besiegen. "Gott sei Dank ist das schief gegangen", sagte der Theologe.
Der Pontifex hatte einen byzantinischen Kaiser mit den Worten zitiert, der Prophet Mohammed habe nur "Schlechtes und Inhumanes" gebracht, weil er den Glauben mit dem Schwert habe verbreiten lassen wollen. Nach Protesten in der islamischen Welt hatte Benedikt XVI. mehrmals bedauert, dass seine Äußerungen missverstanden worden seien.
ler/dpa