Envitec-CFO Fischer: "Trendwende gelungen"Envitec Biogas hat mit dem Turnaround im dritten Quartal die Trendwende in der Biogasbranche eingeläutet. Finanzvorstand Jörg Fischer verriet dem AKTIONÄR, wie es nun weitergeht.Die schwächelnde deutsche Biogasbranche hat schwere Zeiten hinter sich. Zumindest Envitec Biogas scheint das Tal der Tränen nun verlassen zu haben. Ob dieser Trend nur vorübergehender Natur ist, oder ob eine nachhaltige Erholung für die Branche bevorsteht, wollte DER AKTIONÄR von Finanzvorstand Jörg Fischer wissen. DER AKTIONÄR: Herr Fischer, die EEG-Novellierung von Juni hat durch höhere Vergütungssätze für Erleichterung in der Biogasbranche gesorgt. Ab 2009 tritt das Gesetz in Kraft – spüren sie bereits Auswirkungen? Jörg Fischer: Ja, die EEG-Novellierung hat unserer Branche einen kräftigen Schub gegeben und davon profitieren wir als Branchenführer natürlich. Noch im Juni haben wir den mit 60 Millionen Euro größten Auftrag in der Firmengeschichte überhaupt erhalten. Operativ haben sich die attraktiven Rahmenbedingungen schon im dritten Quartal deutlich positiv bemerkbar gemacht. In nur drei Monaten haben wir mit 32,4 Millionen Euro mehr umgesetzt als im gesamten ersten Halbjahr und auch beim EBIT ist uns mit 2,2 Millionen Euro die Trendwende gelungen. Wie lauten die Umsatz- und Ergebnisziele für 2008 und 2009? Im laufenden Jahr wollen wir zwischen 105 und 115 Millionen Euro erlösen und dabei ein EBIT von 5 bis 8 Millionen Euro erreichen. Die positive Umsatz- und Ertragsentwicklung sollte sich auch im Jahr 2009 weiter fortsetzen. Kommt Envitec dabei eine Investitionszurückhaltung wegen der Finanzkrise in die Quere?Derzeit sehen wir keine signifikante Beeinflussung der Geschäftsentwicklung durch die Finanzmarktkrise. Natürlich muss man bei Verhandlungen mit Banken derzeit mehr Überzeugungsarbeit leisten. Die im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien relativ niedrigen Investitionsvolumina auf der einen und durch das EEG garantierte Einspeisevergütung auf der anderen Seite machen die Investition in Biogas gut planbar. Das hilft auch bei der Finanzierung. Einem fallenden Ölpreis, der sich eher negativ auf Projekte im Bereich erneuerbarer Energien auswirkt, stehen sinkende Preise für nachwachsende Rohstoffe gegenüber – wie sehr beeinflussen diese Faktoren den Biogasmarkt tatsächlich?Die sinkenden Inputpreise machen die Biogasproduktion noch attraktiver. Kostete beispielsweise eine Tonne Maissilage zum Jahresanfang noch um die 32 Euro sind es derzeit nur noch rund 22 Euro. Dagegen beeinflusst uns der sinkende Ölpreis nur unwesentlich, da die Einspeisevergütung durch das EEG ja garantiert ist. Aktuell beträgt der Auftragsbestand rund 188 Millionen Euro. Besteht die Gefahr, dass Kunden noch abspringen? Von Stornierungen sind wir derzeit nicht betroffen, grundsätzlich kann man so etwas natürlich nie ausschließen. Um Risiken zu minimieren, stehen wir in intensivem Kontakt mit unseren Kunden und den finanzierenden Banken. Welche Rolle spielt das Geschäft im Ausland? EnviTec Biogas hat frühzeitig auf die Internationalisierung gesetzt. Neben Deutschland sind wir inzwischen europaweit und darüber hinaus in Indien aktiv. Das zahlt sich aus. Derzeit stammen rund 30 Prozent des Auftragsbestands von internationalen Kunden. Tendenz steigend. Denn in den vergangenen Monaten haben zahlreiche Länder die Förderung regenerativer Energien eingeführt oder erweitert. In den meisten Ländern sind wir schon vor Ort und wenn nicht, hilft uns unsere Erfahrung bei der Markterschließung. Das ist ein klarer Wettbewerbsvorteil. Das Konjunkturprogramm in China sieht den Ausbau der Biogasnutzung vor. Rund 350 Millionen Euro sollen investiert werden. Fällt dabei für Envitec etwas ab?Die Meldung haben auch wir mit großem Interesse gelesen und ein Vertriebsmitarbeiter prüft derzeit vor Ort die Details. In unseren Planungen für 2009 spielt dies jedoch noch keine Rolle. Grundsätzlich ist das Marktpotenzial in Ländern ohne flächendeckende Energieversorgung wie China und Indien riesig. Hier kann Biogas einen wichtigen Beitrag zur dezentralen Energieversorgung leisten. Das zeigt auch unser Projekt in Indien, dort bauen wir an verschiedenen Standorten Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung von insgesamt 30 Megawatt und werden damit rund 160.000 Haushalte mit Strom versorgen. Wichtig dabei ist, dass wir ausschließlich Inputstoffe verwenden die nicht als Nahrungsmittel genutzt werden. Grundsätzlich braucht man bei der Erschließung neuer Märkte, insbesondere außerhalb Europas, geduld. Die Erfahrungen aus Indien werden uns sicher auch in neuen Märkten wie China helfen. Wie sind sie mit dem Eigenbetrieb von Biogasanlagen vorangekommen – der Ausbau war schließlich das selbst gesteckte Ziel, oder? Der Ausbau des Eigenbetriebs ist eine wichtige Säule in unserer Wachstumsstrategie. Derzeit haben wir 10,9 Megawatt am Netz oder im Bau und erzielen damit schon rund zehn Prozent unserer Konzernerlöse. Darüber hinaus befinden sich bereits weitere Projekte in der Planung. So werden wir in 2009 den Ausbau weiter forcieren, um direkt von den attraktiven Einspeisevergütungen zu profitieren. Das schlechte Marktumfeld vor allem Ende 2007 sowie im ersten Halbjahr 2008 dürfte Spuren hinterlassen haben – wie steht es um die Finanzkraft von Envitec? Mit einer freien Liquidität von über 80 Millionen Euro und einer Eigenkapitalquote von 83,5 Prozent sind wir sehr solide finanziert. Aufgrund unserer schlanken Strukturen und dem Auslandsgeschäft konnten wir die Herausforderung zum Jahresbeginn gut meistern. Wir haben in den Eigenbetrieb und die Internationalisierung investiert und sind trotzdem nach neun Monaten auf allen Ertragsebenen im grünen Bereich. Jetzt können wir uns voll darauf konzentrieren die Wachstumschancen im In- und Ausland zu nutzen. Zum Aktienkurs: Nutzen sie das günstige Niveau um selbst Papiere zu kaufen?Wir haben uns auf der Hauptversammlung 2008 zwar den Rückkauf eigener Aktien genehmigen lassen, derzeit konzentrieren wir uns jedoch auf das Unternehmenswachstum. Weltweit ist das Marktpotenzial für Biogas riesig. Das wollen wir nutzen. |