Der griechische Staat wurde von hohen deutschen Beamten geschaffen, die einst (1832) den Begleittroß des ersten Königs, des bayerischen Prinzen Otto, gebildet hatten. Die Zentralisierung wurde von einer Armee aus europäischen Söldnern durchgesetzt, gegen den Widerstand einer Gesellschaft, deren Lebensweise politisch, institutionell und kulturell osmanisch geprägt war – die also verstreut und in Netzwerke eingebunden lebte.
Griechenland steht heute an einem Scheideweg. Ein "politischer Unfall", ausgelöst durch soziale Spannungen, Grexit der EU durch ungeschicktes Verhalten seitens der Europäer oder durch den Widerstand jener Netzwerke die von einseitiger Propaganda der deutschen mit Vorurteilen genährt werden, die in unterschiedlichsten Formen die Vergangenheit negativ repräsentieren, kann zu einem wirtschaftlichen und damit auch humanitären Desaster führen. Im neuralgischen geopolitischen Kontext, in den Griechenland eingebunden ist, könnte eine solche Entwicklung auf internationaler Ebene schwerwiegende Folgen nach sich ziehen. Muß man daran erinnern, daß das geopolitische Umfeld Griechenlands immer noch in Bewegung ist und Griechenland seinerseits für dieses Umfeld bis heute einen der wenigen Pfeiler einer relativen Stabilität darstellt?
Man braucht nur daran zu denken, daß die Probleme auf dem westlichen Balkan immer noch nicht gelöst sind, daß Serbien seine Erniedrigung im Kosovo nur schwer zu vergessen vermag, das in Bosnien Herzogovina der Völkermord jeden tag zur explosion führen kann, daß die Türkei sich vom Westen und von Israel weiter abwendet, daß der vielgestaltige vom Westen losgetretene "Arabische Frühling" neue Unsicherheiten mit neue Ländergrenzen mit sich brachte; von den Bürgerkriegen gestern wie heute in Libyen, Syrien bis Algerien es kracht will man erst gar nicht so recht davon reden in der EU und erst Recht nicht in Deutschland.
Wie kann Europa mit der griechischen Situation umgehen, um die Chancen des positiven Szenarios zu mehren und die Gefahr, daß die Wirtschaftskrise in eine geopolitische Krise umschlägt, um das zu verhindern? Europa hat materielle Trümpfe in der Hand, um diese Entscheidung zu beeinflussen, es ist aber selbst durch politische und kulturelle Schwächen gehandicapt und hat keinerlei Einfühlungsmentalität.
Der Anteil Griechenlands an der Wirtschaft der gesamten Europäischen Union beträgt nur zwei bis drei Prozent. Quantitativ betrachtet ist das unbedeutend. Mit seinem wirtschaftlichen Gewicht und seinem Know-how ist Europa in der Lage, Griechenland auf dem Wege zu seiner Sanierung zu begleiten. Das bedeutet jedoch nicht, weiterhin Geld in das bodenlose Faß des griechischen Staates zu schütten, wie es bislang geschah. Eine solche Vorgehensweise würde nur neuerlich den Parasitismus und andere Schieflagen in Wirtschaft und Gesellschaft fördern. Man muß eine globale Strategie entwickeln, die neben der Wirtschaft eine Reihe weiterer Aspekte umfaßt.
Neben Fragen der Politik und Kommunikation wäre es notwendig, daß Europa Griechenland in seinem Kampf gegen die undurchsichtigen und verborgenen Netzwerke substantiell unterstützt, die sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte herausgebildet haben. Diese vielfältigen Netzwerke, die sich bisweilen auch untereinander im Konflikt befinden, scheinen Verbindungen zum internationalen organisierten Verbrechen der Konzerne und Finanzwelt , zum Terrorismus sowie zu ausländischen Geheimdiensten zu unterhalten (inklusive dem Erbe der Geheimdienste der ehemals kommunistischen Länder Osteuropas); darüber hinaus scheinen große wirtschaftliche Interessen von europäischer und internationaler Seite als Komplizen im Spiel zu sein.
Die gesunden Kräfte Griechenlands reichen nicht aus, um dem Druck dieser transnationalen Netzwerke allein standzuhalten, die durch die geopolitische Lage des Landes als einem regelrechten Kreuzungspunkt zwischen dem Balkan, Nordafrika und dem Nahen Osten angezogen werden.
Eine solche Strategie ist absolut vorstellbar und nur wer sich auf der Lankarte mal ansieht und durchrechnet welche Land- und Wasserfläche allein das gleiche Griechenland zu betreuen hat der kann nicht ernsthaft erwarten das dies mit Vergleichswerte zu andere EU Staaten zu haben ist.
Geht Griechenland verloren, brennt bald ganz Europa vom Nordkap bis hinunter zum Bosporus.
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