Heute habe ich mich mit dieser Gesellschaft beschäftigt und halte ein Engagement in der Aktie (aktuelles Niveau 6,85 Euro) für extrem risikoreich. Das von FOCUS MONEY ausgegebene Kursziel von 13,5 Euro kann ich nur insoweit nachvollziehen, als dieses Kursziel in etwa dem in der Bilanz ausgewiesenen Eigenkapital je Aktie entsprechen würde. Für mich stellt dies aber eine „Milchmädchenrechnung“ dar, die FOCUS MONEY angestellt hat, denn ich bin skeptisch, ob das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital tatsächlich in dieser Höhe werthaltig ist.
Begründung:
Die Nordwest Handel AG ist ein inlandorientiertes Unternehmen, das seit einigen Jahren operative Probleme hat und mit konjunkturellem Gegenwind zu kämpfen hat. Seit Jahren ist die Anzahl der an die Einkaufsgemeinschaft angeschlossenen mittelständischen Mitglieder (Gross- und Fachhandelsunternehmen aus dem Bau- und Metallwarengewerbe) rückläufig. Zudem sehen sich die Mitglieder der Einkaufsgemeinschaft einer schlechten Branchenkonjunktur ausgesetzt, so dass das Einkaufsvolumen auch konjunkturell rückläufig ist und bei einigen Mitgliedern sogar zunehmend Insolvenzgefahr bestehen dürfte.
2004 konnte Nordwest Handel noch von einer hohen Inlandsnachfrage nach Stahl profitieren, die sich 2005 normalisieren wird. So gingen die Umsätze in der AG im 1. Quartal 2005 gegenüber dem Vorjahresquartal um 28% zurück!! Der Vorstand rechnet für 2005 selbst mit einem Umsatzrückgang von 18%, den er ergebnisseitig durch Kostenanpassungen und Verkäufe von nicht betriebsnotwendigen Vermögen abfangen möchte. Im Laufe des August werden die Ergebnisse des 1. Halbjahres bekannt gegeben, die operativ wiederum nicht berauschend ausfallen dürften. Lediglich der Verkauf der Tochter Heller & Köster Stahl, die am 8.7. angekündigt wurde und die die Aktie von unter 5 € auf über 7 € angetrieben hatte, könnte das operative Bild aufhellen. (Die Verkaufserlöse dürften allerdings erst im 3.Q 2005 verbucht werden.)
Negativ sehe ich vor allem den hohen Forderungsbestand aus Lieferungen und Leistungen der Nordwest Handel AG an ihre Mitglieder in Höhe von 136 Mio. €, wlecher trotz dem Umsatzrückgang von 28% im 1Q2005 ggü. Jahresende 2004 kaum abgenommen hat. Hier vermute ich, dass auf die Gesellschaft noch empfindliche Zahlungsausfälle zukommen könnten, die wegen dem vom Vorstand ab 2005 beschlossenen Verzicht auf eine Kreditversicherung voll auf die Gesellschaft durchschlagen würden.
Es ist daher für die Nordwest Handel AG und deren Gewinnsituation von essentieller Bedeutung, dass die von Ihren Mitgliedern entrichteten Delkredereprovisionen die möglichen Kreditausfälle und sonstigen Kosten (Wechselspesen, Bankbürgschaften, Skonti etc.) der AG vollständig abdecken. Für einen Aussenstehenden ist es quasi unmöglich zu beurteilen, ob dies tatsächlich dauerhaft der Fall ist. Da ich die Baubranche ein wenig kenne und in etwa nachfühlen kann, wie schwach viele Unternehmen dort auf der Brust sind, würde ich auf keinen Fall in so ein Geschäft, wie Nordwest Handel es betreibt, investieren. Selbst wenn ein Unternehmen zur Hälfte des ausgewiesenen Buchwertes zu kaufen ist, so wie dies im Fall der Nordwest Handel AG zu sein scheint.
Gruss, sharpe_ratio |