11:11 - 14.10.2020
Bund warnt Luftfahrtbranche vor Streichen der Forschungsetats
BERLIN (Dow Jones)--Vor dem heutigen Runden Tisch zur Luftfahrtindustrie hat die Bundesregierung an die Luftfahrtbranche appelliert, in der Corona-Krise nicht auf weitere Forschungsprojekte zu verzichten. "Wir sehen, dass die Unternehmen gerade auch jetzt, um Liquidität zu retten, im Bereich Forschung und Entwicklung sparen", sagte der Luft- und Raumfahrtkoordinator der Bundesregierung, Thomas Jarzombek (CDU), vor Journalisten. Dies sei "eine gefährliche Entwicklung".
Angesichts der Herausforderungen des Klimaschutzes sei Forschung "absolut elementar", betonte der Luftfahrtbeauftragte. Wenn sich Unternehmen jetzt technologisch weiterentwickelten, hätten sie andere Chancen, wenn der Markt wieder in Schwung komme. "Deshalb darf das nicht vergessen werden", so Jarzombek.
Flugzeug-Abwrackprämie in Höhe von einer Milliarde Euro
Ende September hatte das Wirtschaftsministerium eine neue Ausschreibungsrunde für das Luftfahrtforschungsprogramm LuFo gestartet, das über ein jährliches Volumen von 175 Millionen Euro verfügt und auch alternative und hybridelektrische Antriebe umfasst. Insgesamt haben laut Ministerium 70 Prozent der LuFo-Projekte einen direkten oder indirekten Klima- und Umweltbezug. Das Programm soll nun aus dem mit 7 Milliarden Euro ausgestatteten Topf für die Nationale Wasserstoffstrategie nochmals aufgestockt werden. Wie es aus dem Wirtschaftsministerium heißt, wird der Umfang der zusätzlichen Mittel derzeit im Ressortkreis verhandelt.
Teil der Hilfsprogramme ist auch eine Abwrackprämie für alte Flugzeuge in Höhe von einer Milliarde Euro. Laut Jarzombek ist das Ministerium gerade dabei, dieses Flottenerneuerungsprogramm auszuarbeiten. In den Blick genommen würden auch die Zulieferbetriebe: Den Angaben zufolge wurden auch kleinere Unternehmen, die in der Lieferkette als systemkritisch gelten, mit Mitteln aus dem Wirtschaftsstabilitätsfonds (WSF) gestützt. Maßgeblich diente der WSF der Rettung von Großkonzernen wie der Lufthansa, an der sich der Bund mit 9 Milliarden Euro beteiligte.
BDLI-Papier: Nachhaltige Flugkraftstoffe nicht ausreichend
Der Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie (BDLI) verwies auf ein neues Whitepaper, das batterieelektrische sowie Brennstoffzellen-Antriebe diskutiert. Darin heißt es, dass die Kosten und Verfügbarkeit nachhaltiger Flugkraftstoffe derzeit "nicht den Anforderungen für eine nachhaltige Luftfahrt" entsprechen und "massive Investitionen" erfordern. Nötig seien zahlreiche Flugversuche und ein "planmäßiges Demonstratoren-Programm", wie es im Papier "Zero Emission Aviation" heißt. "Die Energiewende am Himmel gelingt nur mit gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen", erklärte BDLI-Vizepräsident Luftfahrt Reiner Winkler.
Fluglinien gegen weitere Reisebeschränkungen
Die Airlines begrüßten zwar die Abwrackprämie, verwiesen aber auch auf die enormen Investitionen, die für den ökologischen Systemwechsel nötig seien. "Auch die Unternehmen selbst müssen sich wieder Investitionsspielräume erarbeiten können", mahnte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL), Matthias von Randow. "Das geht nur, wenn pauschale Reisebeschränkungen und Quarantäneanordnungen, die den Reiseverkehr zum Erliegen bringen und unseren Unternehmen die Geschäftsgrundlage entziehen, durch eine praxistaugliche Teststrategie ersetzt werden."
An dem heutigen Treffen nehmen neben Bund und Industrie auch Vertreter aus Betriebsräten, Gewerkschaften, Forschung und aus den Bundesländern teil. Es ist der erste Runde Tisch seit Anfang Februar und damit seit Ausbruch der Corona-Pandemie. Seitdem ist die Luftfahrtbranche in die tiefste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg gerutscht. Weltweit gingen die Auslieferungen von Flugzeugen um rund 74 Prozent zurück.
Kontakt zur Autorin: petra.sorge@wsj.com
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