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Trumps Gesundheitsgesetz Alles oder nichts
Hektik, Drohungen und viele Pizzen: Nachdem das Kongress-Votum über den Ersatz von Obamacare überraschend platzt, stellt ein genervter Donald Trump den Republikanern ein Ultimatum. Protokoll eines wilden Tages.
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A.L.: Wenn die Abstimmung abgeblasen wird, weil Trump die nötige Mehrheit nicht findet, wäre das politisch trotzdem ein schwerer Schlag für ihn. Denn die "Abschaffung von Obamacare" war einer der zentralen Punkte seines Wahlprogramms.
An der Börse dürfte sich auch mancher fragen, ob Trumps hochfliegenden Stimulusplänen nicht das gleiche Schicksal droht.
Dieser Vergleich ist keinesfalls an den Haaren herbeigezogen: Der harte Kreis der rechten Reps (freedom caucus, kurz FC) will so wenig Staat wie möglich. Deshalb ging dem FC Trumps Reform von Obamacare auch nicht weit genug. Hätte Trump dem Radikalprogramm des FC (praktisch: Abschaffung) nachgegeben, hätte es Proteste aus der "Mitte" der Reps gegeben, die mit Trumps aktuellem (gemäßigtem) Entwurf einverstanden sind.
Ebenso rigoros lehnt der FC starke Neuverschuldung für Stimulusprojekte ab. Ich habe in vielen früheren Postings dargelegt, dass ich ebenfalls der Ansicht bin, dass Stimulusprojekte nach anfänglichem Strohfeuer verpuffen und am Ende nur die Staatsverschuldung steigt. Tatsächlich nützen sie nur temporär und in Extremsituationen, wenn die Wirtschaft in einer schweren Rezession in einer Art Angststarre verharrt (wie 2008/9 am Börsentief). Staatsstimulus kann dann die Angst lindern und zu einer Rückkehr zum Potenzialwachstum beitragen.
Der Haken ist, dass es dieses Potenzialwachstum in USA bereits seit Platzen der Dot.com-Blase nicht mehr recht gibt. Greenspans sprach bereits 2002 von Deflation. Seine Housing-Sause (Tiefzinsen von 1 % - nach zuvor 6 % - , damit die Amis ihre Häuser beleihen können) war letztlich ein kreditfinanziertes Konjunkturprogramm, das allerdings auf privater Verschuldung basierte. 2008 platzte die Greenspan-Blase und riss auch die Banken in den Abgrund.
2009 ff. blies Bernanke ersatzweise die Fed-Blase auf. In Zeiten von QE kam das "frische Geld" nicht mehr aus privater Immo-Beleihung, sondern von der Festplatte der Zentralbank. Gleiches unternimmt derzeit Draghi in Europa und Kuroda in Japan.
Das ist zwar eleganter als Greenspans "Privatmodell", aber es bleibt beim alten (seit 2002) bestehenden Problem: Mangels Potenzialwachstum, das seit Platzen der Dot.com-Blase in USA größtenteils abhanden gekommen ist (sieht man mal von Smartphones und mobilem Internet ab), arbeiten US-Politiker mit Geld, das sie faktisch nicht besitzen. Daraus kann kein nachhaltiges Wachstum resultieren. Ergebnis ist vielmehr die aktuelle Ära des Sub-Par-Wachstums, das die Börsen (wegen der begleitenden Tiefzinsen) irrsinnigerweise mit Allzeithochs bewerten. |