Die gestrige WELT AM SONNTAG hat eine Propaganda-Breitseite mit Kanonen auf drei Decks gegen die Verfechter der These losgelassen, dass die Krise entweder noch nicht vorbei sei oder sich sogar noch verschärfen würde. Es fing schon im Hauptteil auf der Titelseite mit dem Thema "Prima Klima in deutschen Betrieben - Neun von zehn Erwerbstätigen sind mit der Atmosphäre am Arbeitsplatz zufrieden. Die Krise ist nur gemeinsam zu lösen" an. Ich weiss ja nicht, welchen Betrieb die Lohn-Schreiberlinge der WELT AM SONNTAG besucht haben, aber auch in Boom-Zeiten herrscht in deutschen Betrieben sicherlich alles andere als "Prima Klima". Vielleicht meint der Redakteur auch gar nicht einen Betrieb, sondern die gleichnamige Neue Deutsche Welle Band.
Aber im Wirtschaftsteil wird es noch besser. Titel: "Da geht was !". Und dann kommt eine Auflistung, die wohl für ihren (Ironie-an) investigativen Journalismus für den Publizer Preis nominiert werden wird (Ironie-aus). Ich frage mich, ob der Springer-Verlag sein Hochhaus an der Kochstrasse im damaligen freien Teil Berlins nun freiwillig mit der Verlagszentrale des "Neuen Deutschland" in Ostberlin getauscht hat. Die angeführten Punkte lesen sich wie eine Geisterbahn-Fahrt: "1. Die guten Zahlen sind kein statistischer Ausrutscher, 2. Die Konjunkturwende liegt schon hinter uns, 3. Die Dynamik ist grösser, als es den Anschein hat, 7. Deutschland kommt schneller aus der Krise, 8. Es warten weitere positive Überraschungen auf uns". Das ist Schreibstil im Sinne des Orwellschen Wahrheitsministerium par excellence. Mich schaudert es: Wäre Karl-Eduard von Schnitzler vom "DDR-Fernsehen" nicht schon tot, dann wäre er wohl zu der WELT AM SONNTAG erneut konvertiert (PS: Er kam ursprünglich vom NWDR in Köln und zog 1947 das Leben in der sowjetisch besetzten Zone, die später auch "DDR" genannt wurde, vor).
Das dritte Kanonendeck war dann der Finanzteil. Unter der Überschrift "Die Börse wird zur Gute-Laune-Maschine" wird folgendes behauptet: "Der Kursaufschwung der vergangenen Monate ist kein Fantasiegebilde. Vielmehr funktioniert der Kapitalmarkt als Stimmungsmacher mit realen Folgen in der Wirtschaft". Die WELT AM SONNTAG hat hier sicherlich recht: Ein Fantasiegebilde ist der Börsenaufschwung, der durch eine massive Einschleusung von frisch gedrucktem Notenbankgeld über Goldman "Government" Sachs und andere systemrelevante Banken angefeuert wurde, sicherlich nicht. Aber auch Larry Summers und Tim Geithner kommen mit ihrer Stimmungs-Kanone Börse auch an die Grenzen eines wichtigen Mitspielers: Des Verbrauchers, der zunehmens arbeitslos wird, überschuldet ist und dessen Haus nun weniger Wert ist als die Hypothek darauf. Von den sich pulverisierenden Pensions-Ansprüchen einmal ganz abgesehen.
Oh misericordia, oh sancta samplicitas: Eichelburg, Ziemann und andere mühen sich ernstlich, aus den staatlich konfektionierten Zahlen insbesondere durch Rückgriff auf viel englischsprachiges Material (Anmerkung: In Deutschland ist nur sehr wenig Hintergrund-Material verfügbar --- deshalb ist ein Grossteil der deutschen Web-Seiten zur Finanz-Krise schlechter Qualität) die Realität der Situation des Wirtschafts- und Finanzsystems herauszuarbeiten. Und dann feuert die WELT AM SONNTAG in einem beispielslosen Amok-Lauf auf alles und jeden, der den Aufschwung nicht sehen will. Und das schlimmte daran ist, dass die Redakteure vielleicht nur der CDU/CSU nebst FDP zum Wahlsieg im September verhelfen wollen, dabei aber viele (Investoren-)Schafe zur Scherung oder sogar Schlachtung führen werden.
John Mc Cain hat die Wahl gegen Obama im Wesentlichen deshalb verloren, weil die Manipulation der Wirtschaftsdaten durch die Bush-Administration bis zum Wahltag nicht durchgehalten werden konnte. Zur Zeit sieht es so aus, dass sich Merkel mit ihrem "low profile" Wahlkampf und der "Alles wird gut" Propaganda über den Wahltag hinwegretten kann. Es kracht aber merklich im Gebälk: Merkel geht hier ein hohes Risiko ein.
Nach Deutschland hat heute auch Japan ein Wachstum des Bruttoinlands-Produktes für das zweite Quartal gemeldet. Dort stehen auch in Kürze Wahlen an. Den Investoren schienen diese Zahlen aber dennoch nicht gefallen zu haben: Der Aktien-Markt in Tokio brach um über 3 Prozent-Punkte ein.
Auch in der heutigen Ausgabe des SPIEGELs wurden positive Berichte über den weiteren Verlauf der Konjunktur verbreitet. Allerdings lässt man sich dennoch mit Verweis auf einen möglichen W-Verlauf der Wirtschaft und einem Vergleich mit der Weltwirtschaftskrise der 30er-Jahre ein Hintertürchen offen: Dort haben nämlich auch Zeitungen, Fachleute und Regierungsstellen mehrfach ein Ende der Krise verkündet --- Ergebnis bekannt.
Gold stand heute früh im asiatischen Markt unter Dauerbeschuss, nachdem der Rückgang des NIKKEI-Aktienindex um knapp 320 Punkte eine schlechte Woche für die Aktienmärkte einzuläuten drohte. Im asiatischen Handel fiel Gold um bis zu $7 gegenüber dem Freitags-Schlusskurs in New York. Solche starken Preis-Ausschläge sind unüblich und zeigen, dass die Akteure sehr nervös sein müssen. Mit Beginn des Londoner Handels stieg der Druck weiter an. Der A.M. Fix kam mit $937,50 (EUR 664,66) um $20 niedriger als am letzten Freitag zustande. Hier muss das Gold-Kartell wohl wieder mit einer mächtigen Menge Zentralbank-Gold operiert haben.
Zum Nachmittag verstärkte sich der Druck auf das Gold noch. Eine Reihe von Tradern hat wohl Stop Loss Marken um die Marke von $940 gesetzt. Mit dem Unterschreiten dieser Marke müssen die Trader ihre Future-Positionen auflösen und verstärken damit den Druck auf den Gold-Preis. Dass aber trotzdem massiv mit Zentralbank-Gold nachgeholfen wurde, lässt sich am P.M. Fix um 16:00 Uhr MEZ ablesen: $932,75 (EUR 663,41) --- minus $21 gegenüber dem P.M. Fix vom Freitag.
Noch schlimmer hat es Silber erwischt, das knapp 5 Prozent verlor und nun um die Marke von $14 kämpfen muss. Die Platin-Metalle (Pt, Pd) gaben mehr als 2 Prozent ab. Nach dem Schluss des Handels in London hat das Gold-Kartell die Marke von $930 ins Visier genommen. Diese Marke konnte allerdings verteidigt werden. Solche massiven Angriffe des Gold-Kartells sind bei den Markt-Teilnehmern inzwischen bekannt. Deshalb positionieren sich einige Trader dann auf der Short-Seite, um vom Abschwung des Gold-Preises profitieren zu können. Meistens steigen diese Trader aber erst dann ein, wenn ein Grossteil der Abwärtsentwicklung bereits gelaufen ist. Die Gold-Kartell Banken beginnen dann schon, ihre Positionen zurückzukaufen. So profitieren JP Morgan & HSBC von den Aktionen der Long- und Short-Trader gleichermassen.
Gold beendete den Handel an der COMEX mit $934. Der USDX konnte heute kräftig auf 79,4 zulegen. Immer wieder erleben wir die eigenartige Situation, dass wenn die Aktien-Märkte einbrechen, der Dollar künstlich gestützt wird. Auch die 10-jährigen Treasuries tendierten heute stärker. Die Real-Zinsen fielen auf 3,5 Prozent. Der von mir ermittelte Quotien aus beiden Werten ist heute stark auf 22,7 (Freitag: 21,9) gestiegen.
http://www.hartgeld.com/Ziemanns-gold-news.htm ----------- "Die Börse reagiert nur zu 10% auf Fakten, der Rest ist Psychologie!" (Kostolany) "Selten war mehr als ein Zehntel der Bevölkerung an dem beteiligt, was man Geschichte zu nennen pflegt!" (Samhaber) |