Seit Wochen befinde sich die freenet-Aktie im freien Fall. Allein mit den Ereignissen an den Kapitalmärkten sowie möglicher Glattstellungen von Long-Short-Strategien in freenet-, United Internet- und Drillisch-Aktien sei dies nicht zu begründen.
Neben der Diskussion über das derzeitige freenet-Management, die schwache operative Performance des DSL-Geschäfts und des damit zu erzielenden Verkaufserlöses, könnte der Konsortialkredit in Höhe von EUR 1,2 Mrd. für den Kursverfall eine tragende Rolle gespielt haben.
debitel habe am 26. Juli 2006 einen Konsortialkredit über EUR 1,2 Mrd. mit den folgenden Banken abgeschlossen: HVB, Deutsche Bank, J.P Morgan, Lehman Brothers, Royal Bank of Scotland, UBS. Im Rahmen der debitel-Transaktion habe freenet die Verpflichtungen des Konsortialkredits übernommen. Struktur: Der Kredit bestehe aus drei Komponenten. Eine Tranche A über EUR 400 Mio., eine Tranche B über EUR 725 Mio. sowie eine revolvierende Kreditlinie über EUR 150 Mio.
Die Rückzahlung der Tranche A starte am 31. Januar 2009. Die letzte Tilgungsrate habe am 30. April 2014 zu erfolgen. Insgesamt seien pro Jahr zwei Tilgungsraten zu tätigen. Somit ergebe sich pro Jahr eine zu tilgende Summe von rund EUR 65 Mio. Die Tranche B sei am 31. Juli 2014 in einer Summe zur Rückzahlung fällig.
Mit der Übernahme der Kreditverpflichtungen, würden gleichzeitig wesentliche freenet-Assets, wie z.B. DSL, Mobilfunk und Strato, als Sicherheiten dienen. Diese Assets würden daher Beschränkungen unterliegen, beispielsweise könnten die Assets nicht ohne weiteres veräußert werden.
Change-of-control-Klausel: Im Falle eines Kontrollwechsels (30% des Grundkapitals) sei jeder Kreditgeber berechtigt, seinen Anteil an dem Konsortialkredit zu kündigen. Darüber hinaus dürften Kreditgeber auch das Recht haben ihren Anteil zu kündigen, wenn bestimmte Financial Covenants (wie beispielsweise Verschuldung zu EBITDA) nicht eingehalten werden könnten.
Mögliche Risiken aus dem Konsortialkredit: Die Insolvenz von Lehman Brothers dürfte den Konsortialkredit nicht beeinflussen. Eine Klausel, dass im Falle der Insolvenz eines Kreditgebers der Insolvenzverwalter den Kredit kündigen könne, sei als unwahrscheinlich zu betrachten.
Risiken würden sich vielmehr aus der Tatsache ergeben, dass wesentliche Assets der freenet-Gruppe als Sicherheiten für den Konsortialkredit dienen würden. Dies könnte den Verkauf von Assets erheblich erschweren. Zudem würde die Einhaltung bestimmter Finanzkennzahlen eine wesentliche Rolle (Financial Covenants) spielen. Die im Konsortialkredit hinterlegten Kennziffern seien nicht bekannt. Jedoch dürfte die Kenngröße Verschuldung zu EBITDA eine wesentliche Rolle spielen. Daher sei es für freenet nicht unerheblich, inwieweit Fortschritte in der Realisierung von Synergien zwischen debitel und Talkline, sowie zwischen debitel und freenet sichtbar würden. Ein Verschieben der Synergien könnte ohne Asset-Verkäufe wie DSL zu einem Verfehlen der hinterlegten Finanzkennzahlen führen, was das Risiko einer Kündigung des Konsortialkredits mit sich bringen könnte.
Derzeit basiere die Bewertung auf einem Sum-of-the-parts-Ansatz. In diesem sei das DSL-Geschäft mit einem Wertansatz von EUR 450 Mio. berücksichtigt. Aufgrund des derzeitigen Marktumfelds sowie die Spekulationen über die Qualität der freenet-DSL-Kunden werde der Wertansatz auf EUR 300 Mio. reduziert. Weitere wesentliche Annahmen für den Bewertungsansatz seien, dass freenet die EBITDA-Marge für das Mobilfunkgeschäft auf zehn Prozent bis 2010 steigern werde. Dies würde einem EBITDA von EUR 460 Mio. entsprechen.
Um den derzeitigen Risiken am Kapitalmarkt Rechnung zu tragen, werde neu die EBITDA-Erwartung für das Mobilfunkgeschäft für 2009 (EUR 415 Mio.), sowie ein fairer EV/EBITDA-Multiplikator von fünf verwendet. Daraus resultiere ein Wertansatz für das Mobilfunkgeschäft von EUR 2 Mrd. Somit basiere die Bewertung neu auf folgenden Wertansätzen: Mobilfunk EUR 2,1 Mrd., DSL EUR 300 Mio., Hosting EUR 380 Mio., Portal EUR 250 Mio. Auf Basis der geänderten Annahmen ergebe sich ein fairer Wert von EUR 3,0 Mrd. Davon seien EUR 1,2 Mrd. Finanzverbindlichkeiten abzuziehen. Somit ergebe sich ein neues Kursziel von EUR 14 (alt EUR 18).
Der Newsflow dürfte in den nächsten Wochen gemischt ausfallen. Es sollte der Verkauf des DSL-Geschäfts vermeldet werden. Dies sei auf der einen Seite positiv zu werten. Auf der anderen Seite könnte der Verkaufserlös die Markterwartungen enttäuschen. Solange das DSL-Geschäft nicht verkauft worden sei und Synergien aus der debitel-Transaktion nicht sichtbar würden, dürfte die Aktie weiter volatil bleiben. Solange über beide Punkte keine Klarheit herrsche, dürfte auch die Diskussion über den Konsortialkredit nicht beendet werden.
Quelle: http://www.finanznachrichten.de/...chten-2008-09/artikel-11847256.asp |