FÜR GAZPROM SCHEINT ES IMMER DÜSTERER AUSZUSEHEN UND IM OKTOBER GING ES GLEICH IN MEHRFACHER HINSICHT ABWÄRTS Die Gazprom-Aktie bleibt im Sinkflug Der Oktober brachte für viele Aktien eine deutliche Erholung, auch wenn diese momentan aufgrund neuerlicher Zinssorgen schon wieder dahin zu schmelzen scheint. Wenig zu lachen gab es im vergangenen Monat für die Aktie von Gazprom. Aus gleich mehrfacher Hinsicht nahm der Gegenwind für den russischen Versorger zu. Zwar informiert Gazprom (RU0007661625) selbst nicht im Detail darüber, wie viel Gas exportiert wird und wohin genau dieses fließt. Der Nachrichtendienst „Bloomberg“ will aber in Erfahrung gebracht haben, dass die Exporte im Oktober deutlich zurückgegangen sind. In Länder außerhalb der ehemaligen Sowjetunion sollen demnach 139 Millionen Kubikmeter täglich geflossen sein, was einem Rückgang von 11,5 Prozent im Vergleich zum September entspricht. Sollten die Daten stimmen, wären die Exporte seit Jahresbeginn sogar um über 40 Prozent gefallen. Glaubhaft ist das durchaus, schließlich hat Russland die Gaslieferungen an seine wichtigsten ausländischen Kunden, darunter auch Deutschland, faktisch eingestellt. Dass sich das früher oder später auf die Geschäfte von Gazprom auswirken würde, war nur zu erwarten. Weiteren Gegenwind für den russischen Versorger gab es in Form sinkender Gaspreise. Die Angst an den Märkten vor einem harten Winter ist im Oktober zunehmend verblasst. Denn zum einen sind die Gasspeicher in Europa bis zum Rand gefüllt und zum anderen erlebten wir in hiesigen Breitengeraden einen goldenen Oktober mit teils sommerlichen Temperaturen. Mit seiner Strategie, Gaspreise durch ausbleibende Lieferungen in die Höhe zu treiben, scheint der Kreml sich verzockt zu haben. Was bringt die Zukunft? Allerdings ist natürlich längst nicht sicher, dass die Temperaturen auch weiterhin ungewöhnlich hoch bleiben werden. Mit einem Wintereinbruch ist unverändert jederzeit zu rechnen und der November fing schon mal ein gutes Stück kühler an. Der Gasverbrauch in Europa dürfte sich dieser Tage daher sukzessive steigern, was den Füllstand der Speicher entsprechend reduzieren wird. Gut möglich also, dass der Preisverfall beim Erdgas erst einmal gestoppt ist. Erste Anzeichen dafür gibt es bereits und auch die Gazprom-Aktie konnte am Donnerstag wieder um ein knappes Prozent auf 169,14 Rubel zulegen. Von einer Trendwende kann aber weiterhin keine Rede sein. Unter dem Strich hat die Gazprom-Aktie im Oktober erneut massiv an Wert verloren und eine Erholung der jüngsten Abstürze ist nicht einmal entfernt am Horizont absehbar. Auf Jahressicht sind die Kurse selbst an der Börse in Moskau, die gerne mal künstlich vom Kreml gestützt wird, um etwas mehr als 50 Prozent in die Tiefe gestürzt. Wie man es auch dreht und wendet, seine besten Zeiten hat Gazprom erstmal hinter sich. Die zahlungskräftigen europäischen Kunden wurden wahrscheinlich für Jahrzehnte verprellt und ausgleichen lässt sich dies nicht durch Lieferungen nach Asien, wo für Gas schlicht weniger gezahlt wird. Nichts Neues für Gazprom-Aktionäre Nichts verändert hat sich derweil daran, dass hiesige Anleger weiterhin auf ihren Gazprom-ADRs sitzenbleiben. Der Handel bleibt ausgesetzt und auch die eine oder andere Aktion zum Umtausch in normale Gazprom-Aktien fand bisher nicht statt. Angedacht war so etwas zwar schon das ein oder andere Mal, doch aus Furcht vor dem Verstoß gegen Sanktionen kam es bisher letztlich nicht zu einer Umsetzung. Wie gehabt müssen Anleger also damit rechnen, Investments in Gazprom schlicht abschreiben zu müssen. Selbst wenn der Handel in Europa eines Tages wieder möglich sein sollte, wovon aktuell überhaupt nicht auszugehen ist, dürften die Kurse sich in mehr als traurigen Regionen bewegen. An der Börse in London veräußerten Anleger ihre Gazprom-ADRs in den letzten Tagen vor dem Handelsstopp teils panisch für wenige Pence. Verluste werden Anleger hier also in jedem Fall erleiden. Darüber dürften sich auch die meisten bewusst sein, doch solange keine Verkäufe möglich sind, lassen sich die Verluste nicht einmal steuerlich geltend machen, was fraglos frustrierend ist. Ich wünschte, ich könnte Anlegern mehr Klarheit in Aussicht stellen, doch die Zukunft bleibt leider ungewiss. 04.11.2022 -Andreas Göttling-Daxenbichler |