Schaut man sich die Q2-Zahlen an, dann haben bei den vertikal integrierten PV-Unternehmen nur Solarworld, Yingli und Jinko Solar überzeugt. Alle anderen haben mittelmäßige Zahlen vorgelegt wie Canadian Solar oder schwache schlechte Zahlen vorgelegt wie Trina Solar oder ganz miserable Zahlen vorgelegt wie LDK.
Schaut man sich die EBITA/EBIT-Margen von Q2 an, dann stechen nur die reinen Upstream-Solaris mit GCL Poly (EBITA-Marge: 47% in Q2/Polysilizium und Wafer) und das kleine Daqo (EBITA-Marge: 60% in Q2/Polysilizium) bei den Gewinnmargen richtig heraus. In Q3 können diese sehr hohen Margen nicht gehalten werden, denn die Polypreise sind ab Mai um 29% auch kräftig gefallen und das wird sich dann auf Q3 erst so richtig niederschlagen.
Die großen Verlierer in Q2 waren die Zellbauer wie Q-Cells oder Motech und auch die Waferhersteller wie Renesola oder Comtech. Gerade bei den Waferhersteller sind die Gewinnmargen nahezu implodiert und man kann davon ausgehen, dass der Großteil der Waferhersteller in Q3 Nettoverluste schreiben werden bei den aktuellen Waferpreisen von 0,60 bis 0,64 $/W. Auch die Zellhersteller werden größte Kostenanstrengungen unternehmen müssen um bei Zellpreisen von 0,75 bis 0,90 $/W in Q3 wieder in positiven Gewinnterrain zu gelangen. Auch zu den ganz großen Verlierern in Q2 2011 gehören die deutschen Solaris bis auf Solarworld. Aleo Solar konnte sich noch einigermaßen gut aus der Affäre ziehen und hatte wenigstens noch eine EBIT-Marge von 2%. Centrosolar, Sunways, die Solar-Fabrik und Phoneix Solar konnten ihre Verluste in Q2 wenigstens auf ein erträgliches Maß eingrenzen, aber die Q2-Zahlen von Conergy und Q-Cells waren schlecht und von Solon miserabel. Wobei ich bei meiner Bewertung von Q-Cells die nicht liquiditätswirksamen Abschreibungen außen vor lasse, denn bereinigt auf diese Basis hätte Q-Cells "nur" einen Nettoverlust in Q2 von 25 Mio. € ausgewiesen und somit nur etwas höher wie bei Conergy. Ist keine große neue Erkenntnis, aber die deutschen börsennotierten Solaris spielen in der globalen PV-Welt so gut wie keine Rolle mehr bis auf Solarworld. Das haben die Q2 Zahlen nochmal belegt.
Mir scheint es irgendwie bei den ganzen Kursturbulenzen des Gesamtmarktes untergegangen zu sein, dass eigentlich Solarworld einer der ganz großen Gewinner der Q2-Zahlen war. Dieses Fazit ist auch für mich total überraschend. So kam Solarworld in Q2 auf eine EBITA-Marge von 22,3% und lag damit bei den Modulhersteller nur knapp hinter Dünnschichthersteller First Solar, der eine EBITA-Marge von 23,3% schaffte. Bei den vertikal integrierten PV-Unternehmen auf Siliziumbasis war aber Solarworld die Nr. 1 bei der EBITA-Marge mit 22,3% vor Jinko Solar mit 21,6% und Yingli mit 16,1%. Gerade in dem sehr komplizierten Q2 zeigte sich, dass Solarworld offenbar ihre Kosten voll und im Griff hat und das Geschäftsmodell inkl. den verkauften Bausätze wie mit dem Carport auch in schwierigen Zeiten gut funktioniert. Jedoch muss man schon aufpassen und das Q2 nicht zu sehr überbewerten, denn es muss sich in den nächsten Quartale erst mal zeigen ob Q2 wirklich mehr ist als eine Momentaufnahme. Trina Solar und Suntech werden in Q3 sicher ein wesentlich besseres Ergebnis abliefern wie in Q2.
Jedoch hat Q2 eindeutig gezeigt, dass sich Solarworld vor den China-Solaris ganz sicher nicht verstecken muss. Für mich ist diese Erkenntnis dann schon sehr überraschend, denn die China-Solaris haben eigentlich im letzten Jahr klasse Zahlen abgeliefert aufgrund der Skaleneffekte durch den massiven Kapazitätsausbau. Es sieht aber so aus, dass bei den aktuellen Fertigungsgrößen von 1,5 bis 2 GW bei den großen China-Solaris die Skaleneffekte nicht mehr signifikant erhöht werden können. Der große Schub bei den Skaleneffekten durch größere Fertigungskapazitäten scheint so ab 1 bis 1,3 GW deutlich nachzulassen.
Auffallend, vor allem bei den China-Solaris, sind die kräftig gestiegenen operativen Kosten seit diesem Jahr. So sind z.B. bei Trina Solar die operativen Kosten von Q2 2010 auf Q2 2011 von 36 auf 65 Mio. $ bzw. 81%, bei Yingli von 50 auf 69 Mio. $ bzw. 38% und bei Hanwah SolarOne von 15 auf 27 Mio. $ bzw. 80% recht stark angestiegen. Da macht sich die Internationalisierung und der enorme Kampf um Marktanteile bei PV sehr deutlich bemerkbar. Deshalb darf man bei den China-Solaris nicht mehr nur auf die Bruttomargen schauen, sondern die operativen Kosten sind mittlerweile genauso wichtig. Übrigens sind die operativen Kosten in 2011 bei Solarworld gegenüber der 1.Jahreshälfte 2010 kaum gestiegen.
Es wird ja immer geschrieben, dass die Modulpreise stark gefallen sind. Sind sie auch, aber die Produktionskosten sind eher etwas gestiegen in Q2 gegenüber vor einem Jahr. So konnte Yingli ihre Produktionskosten mit 1,20 $/W gerade mal halten, Trina Solar hatte sogar mit 1,16 $/W höhere Produktionskosten wie in Q2 2010 (1,11 $/W). Einzig und allein Jinko Solar konnte von den größeren vertikal integrierten PV-Unternehmen ihre Produktionskosten senken auf 1,07 $/W (Q2 2010: 1,11 $/W). First Solar, der Kostenführer schlechthin bei PV, konnte die Produktionskosten in den vergangenen 12 Monate auch nicht senken. Die sind sogar leicht um 0,01 auf 0,76 $/W gestiegen. Mit Blick auf die Produktionskosten heißt das auch, dass zwar die Modulverkaufspreise wesentlich billiger geworden sind (gegenüber Ende Q2 2010 um 24% und gegenüber Ende 2010 um 30%), aber nicht die Produktionskosten. Das konnte man auch sehr gut am Verfall der Bruttomargen in Q2 sehr gut erkennen.
Die Waferhersteller und die Zellbauer hat es ganz übel in Q2 erwischt. So dürfte Renesola beispielsweise als Waferhersteller derzeit gerade noch eine Bruttomarge von um die 10% erzielen (Renesola ist nach GCL Poly immerhin der Kostenführer bei den Wafer) und nach den operativen Kosten und den Zinsaufwendungen wird da am Ende wohl nichts mehr bei Renesola hängen bleiben. Damit kann man in etwa erahnen wie es den anderen Waferproduzenten wie Comtech (China), Green Energy (Taiwan) oder Nexolon (Südkorea) geht. Bei den Wafern scheint jedenfalls kaum noch Preisspielraum nach unten zu sein. Selbst wenn die Polysilisziumpreise auf 40 $/kg fallen würden. Noch schlimmer sieht es bei den Zellbauer aus, denn da wird es nur ganz wenige geben die in Q3 überhaupt eine positive Bruttomarge generieren können. Die aktuellen Zellpreise von 0,80 bis 0,90 $/W liegen schon sehr sehr nahe an den Grenzkosten. Alleine die Wafer (0,60 bis 0,64 $/W) und die Silberpaste (0,15 $/W) machen schon etwa 0,76 $/W an den Zell-Produktionskosten aus. Das sind satte 84 bis 95% der gesamten Zell-Produktionskosten. Daran sieht man wie ruinös das Zellgeschäft geworden ist. Selbst bei den vorhandenen riesigen Überkapazitäten ist bei den Zellpreisen null Luft mehr nach unten. Gehen die Zellpreise nicht bald hoch, dann wird es einige Zellbauer geben denen die finanzielle Luft ausgehen wird.
Es sieht alles danach aus, als ob der schon länger erwartete Marktbereinigungsprozess seinen Anfang in Q2 gefunden hat. |