Wenn ein Immobilieninvestor seine Darlehen nicht bedient, oder andere Forderungen gegen ihn an seinen Immobilien dinglich gesichert werden, kommt es irgendwann zu einer Zwangsversteigerung der Immobilie.
Das ist in generell ein öffentliches Verfahren, welches von einem Gericht durchgeführt wird. Es wird von einem gerichtlich anerkannten Gutachter die Immobilie ausführlich bewertet und diese Bewertung in einem für jedermann einsehbaren Gutachten dokumentiert. Jeder geschäftsfähige Bürger kann in einem öffentlichen Verfahren ein Gebot abgeben, der Höchstbietende erhält in der Regel den Zuschlag. Innerhalb bestimmter Grenzen können die Gläubiger den Zuschlag versagen, wenn sie durch den Veräußerungserlös nicht ausreichend befriedigt werden. Der Zuschlag wird dann versagt, es werden neue Termine angesetzt, die Grenzen zur Zuschlagsversagung verschieben sich. Der Schuldner hat generell die gesetzlich gesicherte Möglichkeit bei erteiltem Zuschlag die Zuschlagsversagung zu beantragen. Begründungen sind oftmals Verfahrensfehler oder bei zu geringen Preisen die Verschleuderung des Objektes.
Diese Verfahren ziehen sich je nach Konstellation über eine Zeitspanne von 1 Jahr bis zu 3 Jahren und können bei besonderen Umständen oder Härten auch mal 10 Jahre dauern.
Insgesamt also ein ziemlich transparentes Verfahren, welches die Interessen des Schuldners, des Gläubigers und der verschiedenen Bietinteressenten ausgewogen berücksichtigen soll. Auch besteht für den Schuldner noch während des Verfahrens die Möglichkeit das Verfahren beenden zu lassen, wenn er die Gläubiger doch noch teilweise oder ganz befriedigt.
Einem Handwerker, dem der GU oder ein öffentlicher Auftraggeber seine Rechnung nicht bezahlt und der daraufhin seinen Lieferanten nicht bezahlen kann, wird in der Folge u.U. sein Haus gepfändet und versteigert. Sollte er zwischenzeitlich aber wieder Einnahmen erzielt haben oder der AG gnädigerweise doch einen Teil der Rechnung bezahlt haben, könnte er in der Folge seine Gläubiger befriedigen und das Zwangsversteigerungsverfahren beenden.
Mit Insolvenzverfahren bin ich bisher noch nicht in Berührung gekommen (außer Wirecard) und bin durch die Erfahrungen im Fall Wirecard so ziemlich entsetzt, wie derartiges abläuft.
Die extreme Geschwindigkeit des Verfahrens und der Verschleuderungen, die gespürte Willkürlichkeit des Insolvenzverwalters, die völlige Intransparenz des Verfahrens, „Einsicht in die Geschäftsunterlagen für einen ausgewählten Bieterkreis in Darkrooms“, das völlige Ausschalten der Rechte der Aktionäre auf wirtschaftliche Auskunft zum vergangenen und aktuellen wirtschaftlichen Status des Konzerns.
Das ist schon sehr befremdlich.
Wie Sonnenschein schon richtig formulierte, sind im Coronajahr die IV-Regeln zumindest aufgeweicht, sind die Anstrengungen zu Hilfen, zeitlichen Streckungen und der Vermeidung von IV besonders hoch. Rettung und nicht Zerstörung ist die Devise.
Wenn, wie im Fall Wirecard völlig gegensätzlich gehandelt wird, sozusagen keine Lobby und Anstrengungen für den Konzern erkennbar sind, dann kann der eine oder andere Verschwörungstheoretiker durchaus auf den dummen Gedanken kommen, dass dies vom Staat und starken „gutmeinenden“ Interessensgruppen so gewollt ist.
In diesem Kontext spinnt der moderne Verschwörungstheoretiker seine Theorien noch weiter und vermutet, dass nicht nur die Zerschlagung im Rahmen eines IV so schnell und gründlich wie möglich erfolgen soll sondern das die Zahlungsunfähigkeit und damit das zur Zerschlagung des Konzern notwendige IV bewusst und zielstrebig herbei geführt wurden.
Sonnenschein hat es treffend auf den Punkt gebracht. Es ist die auch Pflicht und die Aufgabe des Untersuchungsauschuss genau diese Verfahrensweise, die Rechte und Pflichten auf Auskunft und Transparenz im IV, die Möglichkeiten zur zeitlichen Streckung oder Abwendung eines IV zu prüfen und inwieweit die jeweils zuständigen Stellen auch hier ihre gesetzlich sicherlich vorhandenen Möglichkeiten ausgeschöpft haben.
Es ist sicherlich nicht in Ordnung, wenn der Bösewicht Marsalek da einfach so Geld an seine Kumpels verschenkt. Wenn es kriminell war, muss man ihn eben anklagen und auch mal um Amtshilfe in anderen Ländern bitten. Auch gibt es ja die Möglichkeit des Aufspürens der Gelder, der Rückforderung und der Rückgabe an die Gläubiger. Man hätte da in 6 Monaten durchaus mal einen Zwischenstand vermelden können. In jedem Fall, sehe ich die Veruntreuung von Geldern eines Einzelnen (zuzüglich seine bösen Bande ,des halben Dutzend im Ausland) nicht als Insolvenz – und Zerschlagungsgrund für einen Konzern mit 6200 MA und einem technologisch fortschrittlichem und weiter entwickelbaren Produkt. Einen solchen Lapsus mit Bürgschaften, Überbrückungskrediten oder Kapitalerhöhungen zu reparieren hätte man zumindest versuchen müssen.
Außer mir hätte es bestimmt auch noch ein paar Anleger gegeben, die ihre Einschätzung zur Wirtschaftlichkeit des Konzerns an Hand geprüfter und veröffentlichter Zahlen nochmals überdacht hätten und fehlende Gelder im Rahmen von Kapitalerhöhungen zugeschossen hätten.
Nur, das muss man wollen und schnellsten organisieren. Im vorliegenden Fall ist dieser Willen nicht ansatzweise vorhanden und das einzige Ziel die kompromisslose Zerschlagung.
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