das kapital: SAP denkt mal wieder langfristig
09.10.2007
D a ist das Geschrei groß. Wie SAP doch die Anleger über die letzten Jahre getäuscht habe. Keine größeren Akquisitionen, rein organisches Wachstum, hieß es immer, und jetzt kauft man für teuer Geld Business Objects.
Doch wäre es bei der begrenzten Anzahl potenzieller Übernahmekandidaten eh töricht gewesen, wenn SAP frühzeitig mit preistreibenden Akquisitionsplänen hausieren gegangen wäre. Außerdem ist es begrüßenswert, wenn ein Vorstand flexibel und undogmatisch agieren kann. Gerade weil er mit dem Kauf indirekt eingesteht, dass SAP mit seiner eigenen Business-Intelligence-Lösung (BI-Lösung) nicht erfolgreich genug war. Und schließlich muss man die Größe dieser Übernahme relativieren. Ex Kasse zahlt SAP 4,2 Mrd. Euro. Das entspricht acht Prozent von SAPs Börsenwert und weniger als einem Viertel von dem, was Oracle über die letzten Jahre für Firmen hingeblättert hat.
Auch die Angst, dass SAP die Expertise für die Integration fehle, muss relativiert werden. Anders als Oracle wird SAP die Führungsspitze des Kaufobjekts nicht zum Teufel jagen, sondern an Bord und sogar in den eigenen Aufsichtsrat einziehen lassen. Schließlich soll Business Objects weitgehend unabhängig geführt werden, auch um der Gefahr vorzubeugen, dass Cognos, als letzter verbliebener unabhängiger Anbieter von BI-Software, Kunden damit locken kann, als Einziger plattformunabhängige Lösungen anzubieten.
Das erwartbare Geheul, dass SAP jetzt weniger Geld zum Ausschütten hat, sollte man ohnehin ignorieren. Die Ausschüttung wäre in zwei Jahren vergessen – anders als SAPs Wettbewerbsnachteil, wenn es in einem der attraktivsten Märkte nicht vorne mitspielen würde.
Nach Ansicht von SAP und der meisten Broker soll die Übernahme bis 2009 sich ohnehin positiv auf die Gewinne pro Aktie niederschlagen. Das soll nicht heißen, dass dies ein Selbstläufer ist. Trotz allem hat SAP 10 bis 20 Prozent über Vergleichswerten bezahlt, just an dem Tag, an dem Business Objects enttäuschende Quartalszahlen lieferte, die auf einen Rückgang im Kerngeschäft schließen lassen. Und das mit einer Marge, die im Schnitt 10 Prozentpunkte unter der von SAP liegt. Doch so, wie sich die beiden Firmen ergänzen und SAP an die Integration herangeht, sollte sich die Übernahme langfristig dennoch bezahlt machen.
_Quelle: FTD von heute ____________________________
Gruß Pichel
Die Aktienbörse ist heute eine gigantische Spekulation. Alle spielen, wenige verstehen das Spiel und noch weniger ziehen daraus Nutzen. (E.Burke, 1729-97)
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