Steht Aktienhausse kurz bevor? Lohrke – 21. November 2008 – 8:31
Wer in diesen Zeiten nicht mit den Wölfen heult, wird beinahe wie ein Aussätziger behandelt. Ich finde es schon faszinierend, dass ich von einigen Lesern derzeit E-Mails bekomme, wo sie mit aller Gewalt fordern, dass ich doch jetzt auf die Knie gehen müsste, Buße tue und Umkehr geloben solle. Nach dem Motto: jetzt müssen doch auch Sie einsehen, dass Sie falsch liegen und die Weltrezession akzeptieren.
Dazu will ich folgendes anmerken und entgegnen. Den Zusammenbruch des Aktienmarktes habe ich so nicht kommen sehen. Das gebe ich unumwunden zu. Nur mal im Ernst. Wer hat das schon? Sich jetzt hinzustellen und so zu tun, als hätte man das alles geahnt, ist schon ein wenig durchsichtig. Und was die volkswirtschaftliche Entwicklung angeht, so kann ich nur sagen, dass ich mich diesbezüglich auf statistisch sicherem Terrain bewege. Nur weil ein paar Leitartikler lauthals Rezession in die Leserwüste reinbrüllen, muss das noch lange nicht der Fall sein.
Und so wie ich letztes Jahr besorgte Fragen zur Entwicklung der Inflation bekommen habe, bekomme ich jetzt sorgenvolle Nachfragen, ob eine Deflation kurz bevorsteht. Wie beim Wetter scheint es meines Erachtens eine gefühlte Wirtschaftslage und eine tatsächliche Wirtschaftslage zu geben. Die gefühlte volkswirtschaftliche Lage, und das zeigt der gestern veröffentlichte ifo-Index für das Weltwirtschaftklima sehr aufschlussreich, ist jedenfalls auf dem Tiefpunkt. Mit 60 Punkten ist er so tief wie seit 20 Jahren nicht mehr. Überall geben die Lageeinschätzungen kräftig nach. Auch in Asien, Mittel- und Osteuropa und besonders kräftig in Spanien, Italien, Belgien und Irland.
Steht also das Ende der Welt unmittelbar bevor?
Und wieder einmal muss man erkennen wie selektiv derzeit Informationen zur Kenntnis genommen werden. Denn während die Meisten am Horrorszenario kräftig mitwirken, kann der sorgfältige Leser im Bericht des ifo Instituts auch lesen, dass – man höre und staune – in den USA ein Hoffnungschimmer auszumachen sei. Zwar sei die gegenwärtige Lage schlechter als im Sommer, die Erwartungen für die kommenden 6 Monate haben sich aber verbessert. Und, wenn nun noch Konjunkturprogramme folgen, so erwartet Ifo Experte Gernot Nerb eine Verbesserung der Lage innerhalb ein oder zwei Quartalen.
Diese Aussage – die man nur „im Kleingedruckten“ zu Lesen bekommt - finde ich äußerst interessant. Nicht zuletzt deshalb, weil sie so gar nicht in die derzeitige Landschaft der Trübsal passen will. Was wäre aber, wenn das wirklich so zutreffen würde, und die USA möglicherweise tatsächlich im zweiten Halbjahr 2009 wieder auf die Füße käme. Und meine rezessionsverliebten Kritiker schweißgebadet bekennen müssten, dass die Finanzkrise am Ende doch mehr eine Finanz- als Wirtschaftskrise wäre?
Dann könnte folgendes passieren. Die Abwärtsspirale bei den Banken aus Wertberichtigungen und Liquiditätsverkäufen würde gestoppt und umgedreht. Es würde langsam wieder Vertrauen in den Kreislauf kommen. Die Aktienmärkte weltweit würden sich wieder erholen, weil alle wissen, dass die Märkte hoffnungslos unterbewertet sind. Dazu braucht man sich nur die relativ stabilen Kurs-Umsatz- und Kurs-Buchwert Verhältnisse anzusehen, um das erkennen zu können. Dann würde auch ein Teil der Liquidität in die Märkte kommen, die derzeit unsinnigerweise in Staatsanleihen gehortet werden. Und erneut erinnere ich an die Devisenreserven und Petrodollars, wo immer sie auch schlummern bzw. geparkt sind, die ebenfalls jederzeit aktivierte werden könnten.
Und Kursgewinne von 50 bis 100 % werden selbst bei konservativen und marktschweren Werten keine Seltenheit sein. Nebenwerte werden 200 %, 300 % und mehr machen.
Ob ich ein Träumer bin? Vielleicht. Vielleicht bin ich aber auch einer der wenigen Realisten derzeit. Der z.B. hoffnungsvoll auch die positiven Botschaften zur Kenntnis nimmt, wie z.B. dass der Rohölpreis derzeit bei nur noch einem Drittel des Preises liegt, wo er noch im Juli war. Und, dass dieser Fakt allein die private Nachfrage stimulieren wird. Der sieht, dass die amerikanische Bundesbank FED seit Oktober letzten Jahres die Geldschleussen weit geöffnet hat und massenhaft Geld in den Geldkreislauf gepumpt wird. Der sieht, dass weltweit Konjunkturprogramme nicht nur im Milliardenbereich, sondern im Billionenbereich aufgelegt werden. Und der auch zur Kenntnis nimmt, dass es in denn letzten Wochen und Monaten bereits Korrekturen und Verwerfungen im Billionenbereich gegeben hat und wir uns nach und nach einem Boden nähern.
Wer glaubt, dass dies alles keine Wirkung haben wird, der ist meines Erachtens ein Träumer. Und das Szenario einer tiefgreifenden Erholung an den Börsen weltweit ist meines Erachtens näher und realistischer als mancher denkt. Auch, wenn derzeit die Crash Prognostiker Hochkonjunktur haben. Mag sein, dass deren Bücher schon bald Ladenhüter sein werden.
Vor der Morgendämmerung ist es bekanntlich am Dunkelsten und am Kältesten. In diesem Sinne.
Einen schönen Tag und hohe Renditen wünscht Ihnen.
Ihr Norbert Lohrke |