Wie ihre Bewertung zeigt, ist es noch deutlich schlimmer, als man spontan vermutet. Schon insofern ist es an der Zeit, einmal einen hemmungslosen Blick auf die Aktie zu werfen, die am Mittwoch um 20 Prozent auf 6,48 Euro zulegte. Am operativen Geschäft hat es nicht gelegen - obwohl sich die Maschinenbau- und Spezialchemiefirma in der schwierigen wirtschaftlichen Lage wegen des laufenden Kostenprogramms ganz gut geschlagen hat.
Für 2003 schätzen die Analysten überschüssige Mittelzuflüsse von rund 200 Mio. Euro, was realistisch ist. Der Unternehmenswert liegt insgesamt bei etwa 3 Mrd. Euro, wenn neben den Nettoschulden von 855 Mio. Euro auch Pensionsrückstellungen von 930 Mio. Euro berücksichtigt werden. Es stimmt, dass MG Technologies ein schwer durchschaubares Konglomerat ist, das einen heftigen Bewertungsabschlag verdient hat. Aber selbst mit einem Diskont von 30 Prozent kalkuliert, ist die Aktie wohl mindestens 8 Euro wert - sowohl absolut als auch relativ zu den Vergleichssektoren gerechnet.
Kein Wunder, dass Otto Happel seinen Anteil klammheimlich auf gut 20 Prozent verdoppelt hat. Vielleicht gibt er sich mit einem Platz im Aufsichtsrat und mit der De-facto-Sperrminorität zufrieden. Schon damit könnte er Kajo Neukirchen so viel Dampf machen, dass es ungemütlich würde. Aber da Happel das nötige Kleingeld zu haben scheint, ist es aus seiner Sicht sicher eine Überlegung wert, die Firma ganz zu schlucken - und anschließend ordentlich aufzuräumen. Wenn er beispielsweise bis auf GEA alles verkaufen würde, könnte er seinen alten Besitz fast umsonst zurückkriegen. Aber schon wenn er nur den ganzen Ramsch abstoßen und die kostspielige Holding entschlacken würde, wäre einiges zu holen.
Nur wissen das auch Allianz, Deutsche Bank und Kuwaitis, die zusammen immer noch 30 Prozent halten sollen. Selbst die Allianz kann nicht so verzweifelt sein, dass sie die Aktie für 6,5 Euro hergeben würde. Da das dem Höchstkurs der letzten drei Monate entspricht - bei einem Durchschnittskurs von etwa 5,7 Euro - wäre es wohl das Maximum, das Happel derzeit bieten müsste. Dass er ein deutlich höheres Angebot abgibt, ist natürlich nicht gesagt - wenn er überhaupt eines macht. Der seit langem gefürchtete Aktienüberhang wäre dann weiter ein Risiko. Zudem dürfte es neue Reibungsverluste zwischen Aufsichtsrat und Management geben - und teure Rechtsstreitigkeiten. Insgesamt indes überwiegen die Chancen ziemlich eindeutig.
LVMH
Eine alternde Diva freut sich über jeden Erfolg. So kann man LVMH das Loblied in eigener Sache beinah verzeihen: "Die gute geografische Balance unser Umsätze, die Stärke unser Marken, die Motivation unserer Teams, unsere dynamische Innovationspolitik und die Qualität unserer Produkte sollten dem Konzern erlauben, die Führungsrolle im weltweiten Luxusmarkt weiter auszubauen." Nicht gerade bescheiden für eine Firma, deren Umsatz im ersten Quartal um 5,2 Prozent schrumpfte. Dafür waren indes Währungseffekte verantwortlich, die elf Prozent gekostet haben sollen. Gegen die will sich LVMH fürs Erste gut abgesichert haben. Organisch lag das Umsatzplus bei sechs Prozent.
Zu danken war das wie üblich vor allem dem wichtigsten Geldbringer Louis Vuitton. In lokaler Währung lag deren Zuwachs in den USA bei 28 und in Japan bei 20 Prozent - wobei dort neben den neuen Handtaschen von Takashi Murakami natürlich auch die Preiserhöhungen geholfen haben. Dass Louis Vuitton vor Währungseffekten weltweit nur "zweistellig" zulegte, ist freilich beunruhigend. Daraus ergibt sich, dass der Umsatz in Europa kräftig geschrumpft ist.
Nun ist der Alte Kontinent ja nicht immer ein Vorreiter für weltweite Modetrends. Und selbst der Irak-Krieg und die Lungenkrankheit SARS sollen die Lust auf die noblen Ledertaschen bisher kaum gedämpft haben. Aber japanische Touristen bringen etwa 30 Prozent des Umsatzes von Louis Vuitton. Sollten die in den nächsten Monaten wegen SARS zu Hause bleiben, so wird auch LVMH daniederliegen. Die genesenden Duty-free-Shops wären dann ebenfalls reif für einen Rückfall.
Ohnehin wird selbst Louis Vuitton irgendwann aufhören, dreimal so schnell wie die Weltwirtschaft zu wachsen. Die restlichen Modemarken, angefangen mit den teuren Sorgenkindern Donna Karan und Fendi, dürften bereits kräftig leiden, ebenso wie das Geschäft mit Juwelen und Uhren.
Damit ließe sich leben, obwohl LVMH mit dem 21fachen laufenden Gewinn nicht einmal für einen Luxustitel schnöde bewertet ist. Die Franzosen haben 2002 gezeigt, dass sie kräftig Cash generieren können - wenn sie nur wollen. Bloß hat LVMH bisher jeden Erfolg mit Kauforgien gefeiert. Wer ihren Verlockungen erliegt, sollte genau hinhören, wie lange ihre jungfräuliche Disziplin anhält. |