Habe ich gerade entdeckt. Interessant finde ich hier die Dimensionen dieses Unternehmens und vor allem, wieviele Milliarden Dollar es hier alleine in 2022 zurückzahlen muß. 7,3 Milliarden Dollar! Schönen Tag an alle und ein erholsames Wochenende!
Ich zitiere:
Größtes Pyramidenspiel, das die Welt gesehen hat Evergrande ist nicht Chinas Lehman Brothers doch Deutschland wird den Crash spüren
Der Immobilienentwickler Evergrande steht am Abgrund - und die Welt rätselt, wen der chinesische Konzern mit in die Tiefe reißen könnte. Manche sehen Parallelen zur Pleite von Lehman Brothers. Soweit dürfte es nicht kommen. Trotzdem könnte insbesondere Deutschland unter dem Niedergang leiden. Betonskelette ragen in Kunming den Himmel empor. Es sind Dutzende, 20 und mehr Stockwerke hoch. Ob die Hochhäuser jemals richtig bewohnt werden, ist fraglich. Und nicht nur in der ostchinesischen Provinzmetropole modern solche Bauruinen vor sich hin. Auch 425 Kilometer weiter östlich, in Guiyang, dominieren kaum bewohnte Apartmentblöcke die Skyline. Ähnliches Bild im Hongkonger Viertel Tuen Mun: Hier ist ein solcher Block ebenfalls aus dem Boden geschossen, in bester Lage, das Meer direkt vor der Haustür. Doch kaum jemand zieht in die Residenz Emerald Bay ein. Anfang des Jahres, heißt es in ansässigen Medien, seien von den 253 Apartments gerade mal 30 verkauft worden, trotz guter Stimmung am lokalen Immobilienmarkt.
Dabei braucht der Bauherr hinter Emerald Bay gerade jeden Verkauf. Wie bei unzähligen anderen, ähnlich monumentalen Projekten steckt hinter Emerald Bay der wackelnde Immobilienentwickler Evergrande. Schlimmstenfalls, fürchten Marktbeobachter, droht China mit Evergrande ein Desaster wie den USA mit Lehman Brothers.
Ein Konzern, der jegliche Maßstäbe sprengt
Evergrandes Geschäft sprengt deutsche Maßstäbe. Der Konzern beschäftigt nach eigenen Angaben über 200.000 Mitarbeiter und schafft indirekt weitere 3,8 Millionen Arbeitsplätze in der Volksrepublik, jedes Jahr. Über 1300 Immobilienprojekte in 280 Städten gehören Evergrande und eine Elektroautomarke, und der Fußballclub Ghuangzhou, und eine eigene Mineralwassermarke. Kolossal ist nicht nur Evergrandes Geschäft, sondern auch die Schulden des Konzerns. Zwei Billionen Yuan mehr als 300 Milliarden US-Dollar an Verbindlichkeiten wies Evergrande im letzten Quartalsbericht aus. Immer mehr Marktteilnehmer zweifeln daran, ob Evergrande diesen Schuldenberg aus eigener Kraft bedienen, geschweige denn abbauen kann. Nur wenige Konzerne auf der Welt haben vergleichbar hohe Verbindlichkeiten aufgetürmt. Im jüngsten Corporate-Debt-Report von Janus Henderson stand der deutsche Autobauer Volkswagen an der Spitze, allerdings mit Schulden von nur 200 Milliarden Dollar. Danach folgen Toyota, AT&T, die Telekom. Evergrande taucht in diesem Ranking und ähnlichen Listen nicht auf. Das liege an der Branche, teilt Janus Henderson mit. Für Finanzkonzerne hätten Schulden eine andere Bedeutung im Geschäft, weshalb diese nicht berücksichtigt werden. Auch Immobilienentwickler wie Evergrande seien im weiteren Sinne Finanzkonzerne, so die Investmentgesellschaft.
Evergrande bezahlt Zulieferer - mit unfertigen Apartments
Doch Evergrande kann seine Schulden nicht bedienen. Bereits am Montag verpasste der Konzern eine Zahlung. Am heutigen Donnerstag werden nochmals 83 Millionen Dollar an Zinsen für diverse Anleihen fällig. Ein Ausfall der Zahlung sei wahrscheinlich, schätzt die Ratingagentur Standard & Poors. Erst vor kurzem stufte S&P Evergrandes Bonität um zwei Stufen auf CCC herunter. Evergrandes Kreditwürdigkeit ist damit Ramsch. Wie leer Evergrandes Taschen schon sind, zeigt ein anderes Beispiel. Offene Rechnungen an den Farbenzulieferer Skshu Paint in Höhe von rund 34 Millionen Dollar bezahlte Evergrande größtenteils mit Wohneigentum unfertigen Apartments. Wie konnte es soweit kommen? Kaum ein Konzern verkörpert das Boom-Land China so wie Evergrande. Erst 1996 gegründet, stieg Evergrande in weniger als drei Jahrzehnten zum zweitgrößten Immobilienentwickler auf. Das Wachstum kam praktisch von allein, denn immer mehr Chinesen zogen in die Ballungsräume. Neue Projekte finanzierte sich Evergrande mit Schulden, welche nur zu gerne bewilligt wurden. Immerhin saß Evergrande auf der vertrauenswürdigsten Sicherheit überhaupt Betongold.
Das bisher größte Pyramidenspiel, das die Welt gesehen hat
Doch die Erfolgsstory hat Risse. 2017 bereits monierte China-Expertin Anne Stevenson-Yang, dass Evergrande das bisher größte Pyramidenspiel ist, das die Welt gesehen hat. Ihre Kritik: In seiner Megalomanie stampfe Evergrande Bauprojekte aus dem Boden, die den Schein von westlichem Luxus suggerieren, in die aber selten wirklich jemand einzieht. Nur in einer von 40 Evergrande-Residenzen, welche Stevenson-Yang damals persönlich besichtigt haben will, sei auch jedes Apartment bewohnt gewesen. Vor einigen Monaten Aktien und Anleihen Evergrandes befanden sich zu diesem Zeitpunkt schon im Sinkflug legte die Expertin bei Forbes nochmal nach: Evergrande überlebt mit einer Kombination aus brillantem Marketing [
] und dem Verfolgen jedweder Möglichkeit, den unausweichlichen Konsequenzen der erdrückenden Schulden auszuweichen. Laut Stevenson-Yang haben viele der Projekte keinen Wert, dienen mit ihrem hohen Wert auf dem Papier aber als Sicherheiten für Evergrandes Schulden. Was ebenso dafür spricht, ist die aggressive Vermarktung von riskanten Anlageprodukten an Kleinanleger. Einem Bericht der Financial Times zufolge stopfte Evergrande damit Lücken in der Finanzierung, und bezahlte sogar teilweise andere Investoren mit neuem Investorenkapital aus - die gängige Definition eines Ponzi-Schemas, einer Art von Schneeballsystem.
Allein 2022 muss Evergrande 7,3 Milliarden Dollar zurückzahlen
Auch wenn nur ein Teil dieses Besitzes wertlose Geisterstädte sind, wird es schwer für Evergrande, seine Schulden zu begleichen. Die demnächst fälligen 83 Millionen Dollar sind die Spitze eines milliardenschweren Eisbergs. Allein im kommenden Jahr, berechnete Bloomberg, stehen 7,3 Milliarden US-Dollar an Anleihen zur Rückzahlung aus.
Die Reaktion der Märkte spricht für Stevenson-Yangs Skepsis. Evergrande ist nur noch 4,5 Milliarden Dollar an der Börse wert, weit weniger als etwa der deutsche Immobilienkonzern Vonovia. Die Anleihen Evergrandes werden zu 26 Cent auf den Dollar gehandelt und rentieren dadurch mit über 1000 Prozent bis zum Laufzeitende - wenn Evergrande zahlt. Daneben flammten auch breitere Zweifel gegenüber Chinas Finanzsystem auf. Davon zeugt der globale Ausverkauf zum Wochenauftakt, welcher dem Dax den ersten Tag mit 40 Werten vermieste. In die Höhe schossen dagegen die Preise für Ausfallversicherungen auf chinesische Staatschulden, sogenannte Credit Default Swaps (CDS). Binnen Wochenfrist verteuerten sich Versicherungen für 6-monatige Kredite um enorme 300 Prozent.
In China gibt es alle 36 Monate ein Lehman
Reicht das, um von einem Lehman Brothers Chinas zu sprechen? Der Vergleich mit dem Epizentrum der Finanzkrise ab 2007 fußt vor allem auf Evergrandes Vernetzung. Nicht nur ist das Konglomerat mit 2000 Sub-Firmen allein in China mit zahllosen Bau- und Zuliefererfirmen dort im Geschäft, sondern auch eng mit dem Finanzsystem dort verflochten. Der Economist Intelligence Unit zufolge schuldet Evergrande 171 Banken und 121 anderen Finanzfirmen in China Geld. Das befeuert die Sorge, dass jedes Problem Evergrandes auch ein Problem der gesamten chinesischen Wirtschaft ist, und damit ein Problem für die Weltwirtschaft. Doch dieser Vergleich hinkt, sagen Experten. Ist Evergrande ein Lehman-Ereignis? Wir zweifeln ernsthaft daran, kommentieren etwa die Analysten des skandinavischen Finanzkonzerns Nordea. Es sei deutlich einfacher, die Schäden bei Evergrandes Kollaps einzudämmen. Allerdings heißt das nicht, dass der Zusammensturz ohne Nachwirkungen bleibt.
Die Experten verweisen dabei etwa auf die Anleihen von Country Garden, Nummer Eins der chinesischen Immobilienentwickler. Die nämlich würden nicht ausverkauft, was gegen ein Überschwappen der Krise Evergrandes auf den breiteren Sektor spreche. Zudem stünde die Regierung mit genügend Munition bereit, die Wirtschaft mit Kreditwachstum zu befeuern. So jedenfalls agierte Peking auch in der Vergangenheit. In China gibt es alle 36 Monate ein Lehman, und üblicherweise löst die Regierung das Problem, schreiben die Experten. Auch die Commerzbank beschwichtigt: Wir gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit einer ausgewachsenen systemischen Finanzkrise Chinas [
] wie seinerzeit Lehman, sehr gering ist. Im Zweifelsfall, schreibt die Commerzbank, übernehmen die Aufsichtsbehörden den langwierigen Entschuldungsprozess Evergrandes selbst.
Besonders Deutschland wird den Kollaps spüren
Auch der deutsche China-Experte Frank Sieren hält Alarmismus für falsch dafür sei Evergrande nicht groß genug. Der Konzern hat nur einen Marktanteil von 4 Prozent, so Sieren. Was ebenso wenig für ein Lehman Chinas spreche, sei die deutlich bessere Stabilität: Die Banken können das Risiko abfangen, weil NPL [faule Kredite] nur noch 1,6 Prozent betragen. 2012 lag der Anteil dieser Kredite noch bei 12 Prozent. Mit den engeren Regularien für den Markt den drei roten Linien - habe Peking sogar selbst den Untergang Evergrandes eingeleitet, sagt Sieren. Darüber hinaus merkt Sieren an, dass Evergrande noch immense Landreserven hat. Auch das sehen Experten als großen Unterschied zu Lehman an. Während die Investmentbank Wertpapiere hielt, besitzt Evergrande Land, ein deutliches wertstabileres Asset. Allein die Reservegrundstücke von Evergrande sind nach Branchenschätzungen noch 50 Milliarden US-Dollar wert, sagt Sieren. Doch auch, wenn Peking damit eine kontrollierte Sprengung des aufgeblähten Immobiliensektors im Land gelingt, und Evergrande umstrukturiert, aufgelöst oder sich selbst überlassen wird, drohen Konsequenzen. Ein Land, welches insbesondere leiden könnte, ist dabei die Bundesrepublik, mahnen die Nordea-Experten. Kein Land ist wichtiger für Deutschlands Außenhandel als China. Wie stark Deutschland an der Konjunktur im Reich der Mitte hängt, zeigen die ifo-Konjunkturerwartungen der Indikator folgt dem Kurs des chinesischen Einkaufsmanagerindizes fast perfekt, nur eben mit rund drei Monaten Verzögerung. Die Konjunkturdaten in Europa nächste Woche werden solide aussehen, da der Dienstleistungssektor öffnet, doch das dürfte wahrscheinlich erstmal die Spitze des Euro-Booms sein, erwarten daher die Nordea-Experten. Jens Hildebrandt, Vorstand der Deutschen Handelskammer in Nordchina, teilt die Bedenken: Deutsche Unternehmen in China verfolgen die aktuelle Entwicklung mit Sorge, auch wenn sie nicht direkt betroffen sind. Denn indirekt könnte ein sinkendes Konsumentenvertrauen in China auf den Absatz höherpreisiger Produkte durchschlagen oder der Bausektor als wichtiger Konjunkturmotor leiden.
Peking wird den Traum vom Betongold nicht platzen lassen
Eine Umstrukturierung Evergrandes hält Hildebrandt für unausweichlich. Entgegen bisheriger Dementi dürfte Peking wohl auch einspringen, sollten weitere Firmen oder die Immobilienpreise unter Druck geraten. Das konterkariert zwar den Plan Pekings, die aufgeblähte Kreditwirtschaft im Land zu bändigen. Die harte Regulierung bei den Tech-Konzernen mögen die Chinesen noch tolerieren. Doch einen Zusammenbruch des Immobilienmarkts kann sich Peking kaum leisten. Gut 70 Prozent der chinesischen Vermögen stecken nämlich in Immobilien. Einige Dutzend wütende Kleinanleger vor Evergrandes Hauptquartier sind eine Sache. Mit einem großflächigen Preisverfall riskieren, dass die Wohlstandsträume von Millionen Chinesen platzen, eine ganz andere - selbst, wenn das hochgeschätzte Betongold nichts weiter ist als ein leerstehender Apartmentblock Evergrandes.
Update: Evergrande schafft etwas Klarheit - Großinvestor will aussteigen
Am Donnerstag hat die Evergrande-Aktie in Hongkong zweistellig zugelegt. Der Konzern teilte mit, sich mit Gläubigern über eine Zinszahlung einer Yuan-Anleihe geeinigt hat, welche nun fällig ist. Damit schafft Evergrande zumindest hier etwas Klarheit, wie weiter verfahren wird. Zu einer in Dollar gehandelten Offshore-Anleihe schwieg der Konzern indes. Auch hier sind am Donnerstag Zinszahlungen fällig, wobei Evergrande hier eine Nachfrist von 30 Tagen hat. Wie genau Evergrande seine Schuldenlast also mittel- bis langfristig verringern will, bleibt offen. Einem Großaktionär sind die Probleme aber offenbar zu groß. Der zweitgrößte Eigner Chinese State Holdings kündigte an, sich bald von allen Anteilen an Evergrande trennen zu wollen. Das Anlegermagazin Der Aktionär vermutet, dass die Aktie nun in den kommenden Wochen zum Spielball von Zockern verkommen wird. Die Finanzaufsicht Bafin sieht indes wenig Gefahren für deutsche Banken durch die Evergrande-Krise. Im vorliegenden Fall schätzt die Bafin das Exposure der deutschen Finanzwirtschaft auf Basis der ihr aus dem aufsichtlichen Meldewesen vorliegenden Informationen aktuell als so gering ein, dass sie diesbezüglich von den unter ihrer Aufsicht stehenden Instituten bislang keinen Stresstest angefordert hat, teilte das Bundesfinanzministerium auf Anfrage eines FDP-Bundestagsabgeordneten mit.
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