Ostseezeitung vom 06.02.2010 Führung verspielt – Hansa wieder nur peinlich Die Zachhuber-Elf wird in der Tabelle weiter nach unten durchgereicht. Gegen die zuvor in neun Spielen sieglosen Oberhausener brachen die Gäste nach Bartels’ Ampelkarte ein.
von KAI REHBERG
Die Hanseaten als dankbarer Aufbaugegner. Den krisengeschüttelten Zweitligisten Rot-Weiß Oberhausen holten die Rostocker nach neun sieglosen Spielen wieder ins Leben zurück.Trotz 1:0-Pausenführung gingen die Gäste in der zweiten Hälfte mit 1:2 noch sang-und klanglos unter. Zudem sah Fin Bartels die Gelb-Rote Karte.
Die Rostocker Spieler und Trainer Andreas Zachhuber standen nach der Partie minutenlang konsterniert vor dem eigenen Fanblock und mussten sich dort böse Sprüche anhören. „Ich kann die Fans verstehen: Sie wollen Siege sehen,aber die können wir ihnen derzeit nicht bieten“,sagte Zachhuber, der von der Leistung seines Teams vor allem in der zweiten Halbzeit „total enttäuscht“ war: „Wir haben auch in der ersten Halbzeit nicht gu tgespielt und sind überraschend in Führung gegangen“, meinte der Coach, der mit der Mannschaft hart ins Gericht ging: „So kann man in der 2. Liga nicht bestehen.“
Beim Debüt der beiden Isländer Gardar Jóhannsson und Helgi Danielsson machten die Gäste zunächst den besseren Eindruck. Dass nicht alle drei in der Winterpause verpflichteten Skandinavier zum Einsatz kamen,lag an einer Fersenblessur von Andreas Dahlén, der deshalb auf der Bank Platz nahm. Für ihn musste Kevin Schlitte als Linksverteidiger aushelfen.
Neu in die Startelf rückte Fin Bartels. Und der nutzte seine Chance: Kurz vor der Pause lief der Kieler nach präzisem Zuspiel von Jóhannsson auf und davon und vollstreckte mit einem Flachschuss ins rechte Eck. Damit belohnte er die bessere Spielanlage der Rostocker,die in de rersten Hälfte nicht viele Chancen hatten. Allerdings war ihr Kombinationsspiel lange Zeit besser, wenn gleich nur bis in die Mitte der gegnerischen Hälfte gefährlich. Ein Fernschuss von Schröder,den RWO-Keeper Semmler nicht zu fassen bekam, war bis dahin das einzige torgefährliche Signal der Gäste; anschließend verstolperte Jóhannsson (21.). Die besseren Chancen hatte RWO: Kaya (8.) und Stoppelkamp (46.) gleich im ersten Angriff nach dem Wiederanpfiff zielten neben das Hansa-Gehäuse. Außerdem rettete Walke mit einer Glanztat gegen Stoppelkamp zur Ecke (41.). Aber im Gegenzug sorgte Bartels mit dem Tor zum 0:1 erst einmal für Erleichterung.
Doch die hielt nicht lange an: Durch ihre beste Kombination im ganzen Spiel kamen die Oberhausener nach sieben Spielen ohne Tor wieder zu einem Treffer. Heinrich Schmidtgal hieß das gefeierte Glückskind, das die schlecht postierte Rostocker Abwehr überwand. Und es kam noch schlimmer: Der wenige Minuten zuvor verwarnte Bartels flog nach einer Überreaktion vom Platz. Der hitzköpfige Offensivmann hatte mit Sand in Richtung des Schiedsrichter-Assistenten geworfen, nach dem ein Rempler gegen ihn nicht geahndet worden war. „Das war eine absolute Disziplinlosigkeit, die Konsequenzen haben wird“, wetterte Zachhuber.
Die Oberhausener witterten urplötzlich Morgenluft, kämpften nun mit Leidenschaft und warfen alles nach vorn. Hansa setzte mit einem Pannewitz-Freistoß an den Pfosten (63.) ein Zeichen, doch Nägel mit Köpfen machten die Gastgeber. Zehn Minuten nach dem 1:1 machte Mike Terranova die Überraschung perfekt. Das Blatt wendete sich komplett. Während die Oberhausener sich eine Chance nach der anderen erarbeiteten, zerfiel Hansas Defensive in Einzelteile. „Wir sind jetzt in einer ziemlichbedrohlichen Situation“, stellte Zachhuber treffend fest.
Abwehrchef Sebastian: Wir haben uns blöd angestellt
OZ: Mannschaft und Trainer haben sich nach der Partie in der Fankurve gestellt. Warum?
Tim Sebastian: Die Leute sind lange unterwegs und geben ihr letztes Hemd für Hansa. Das war schon extrem kritisch, was wir dazu hören bekamen. Uns wurde zum Beispiel vorgeworfen, wir wür den nicht alles geben. Fakt ist, wir brauchen die Fans, nur zusammen kommt man aus einer solchen Situation heraus.
OZ: Wie ist es zuerklären, dass die Mannschaft ein Spiel so aus der Hand gibt?
Sebastian: Unsere zweite Halbzeit war ganz schlecht. Wir haben den Gegner stark gemacht. Mit fehlender Souveränität, Fehlpässen. Beide Gegentore waren völlig vermeidbar, da haben wir uns richtig blöd angestellt. Dann verliert man eben so ein Spiel, wenn der Gegner auch mit mehr Leidenschaft auftritt.
OZ: Am Ende gab es regelrechte Zerfallserscheinungen.
Sebastian: Ich kann da nur für mich sprechen: Ich hatte überhaupt keine Kraft mehr, war völlig am Ende. Das hängt natürlich damit zusammen, dass man ein Mann weniger ist und keine Ordnung mehr im Spiel hat.
OZ: Steht die Mannschaft bald wieder da,wo sie vor einem Jahr war, nämlich auf einem Abstiegsplatz?
Sebastian: Punkte mäßig sind wir jedenfalls nicht viel besser. Und das ist es, was zählt. Wir stehen nur noch einen Platz vor dem Relegationsplatz .Wir müssen zu sehen,dass wir jetzt ganz schnell in die Erfolgsspur zurückkehren. Wir müssen nicht in Schönheit sterben, sondern einfach punkten.
OZ: Wie soll das passieren?
Sebastian: Cleverer werden, kaltschnäuziger sein, leichte Fehler abstellen.
Interview: KAI REHBERG
Auf Walke war Verlass: Torwart verhinderte Debakel
Hansa in der Einzelkritik
Alexander Walke: Guter Rückhalt. Bei den Gegentoren macht los, verhinderte mit schnellen Reaktionen ein Debakel.
Kevin Schöneberg: Begann emsig,setzte Akzente, fiel nach der Pause aber ab und wurde ausgewechselt.
Kai Bülow: In der ersten Halbzeit noch passabel,dann mit steigender Fehlerquote.
Tim Sebastian: Begann energisch, in der zweiten Hälfte von der Rolle,kam kaum noch hinterher.
Kevin Schlitte: Auch auf der ungewohnten Linksverteidigerposition gewohnt einsatzstark, verlor nach der Pause aber die entscheidenden Zweikämpfe.
Oliver Schröder: Noch halbwegs souverän, konnte den Laden am Ende aber auch nich tmehr zusammenhalten.
Helgi Danielsson: Unauffäliges Hansa-Debüt. Versuchte vergeblich,das Spiel zu lenken und zu dirigieren.
Fin Bartels: Klasse - Konter cool abgeschlossen, aber der dumme Platzverweis durch Disziplinlosigkeit machte alles kaputt.
Kevin Pannewitz: Nervöser Beginn, übereifrig, dann untergetaucht.
Mario Fillinger: Kaum zu sehen, blieb wieder so gut wie alles schuldig.
Gardar Jóhannsson: Durchwachsener Einstand. Half, viele Bälle in der Spitze zu sichern, Assist zum 1:0; gute Chance verstolpert.
Tobias Jänicke: Mit Abwehraufgaben gefordert.
Felix Kroos: Brachte keine Belebung mehr.
Enrico Kern: ohne Bewertung. http://www.fc-hansa.de/index.php?id=132&oid=10812 |