(Ich gehöre ja sonst nicht zu denen, die lange Texte kopieren). Sehr interessanter Text:
Absolute und relative Armut
Für den klassischen Liberalismus ist Armut ein Mangel an Nahrung, Kleidung, Obdach und anderen materiellen Gütern, die für eine Aufrechterhaltung der physischen Existenz des Menschen notwendig sind. Die Art und Menge dieser Güter lassen sich mit naturwissenschaftlichen Methoden feststellen und sind daher dem politischen Streit entzogen, der immer zu willkürlichen Entscheidungen führen würde. Der Staat hat die humanitäre Verpflichtung, seinen Bürgern das physiologisch definierte Existenzminimum im Notfall zu sichern.
Die Definition der Armut als einer absoluten Größe widerspricht den Interessen der politischen Klasse, die möglichst viele Arme benötigt, um ihre riesige Sozialbürokratie zu beschäftigen. Aus diesem Grund bevorzugen die Politiker einen Armutsbegriff, der nach Belieben manipuliert werden kann und deshalb so viele "Arme" liefert, wie man politisch gerade braucht. Die Armut ist nach offizieller Auffassung relativ zu einer Bezugsgröße zu definieren, die willkürlich festgelegt wird.
Als arm gilt danach, wer im Vergleich zu einem "mittleren Einkommen" erheblich "weniger verdient". Diese Begriffe kann man nun, je nach politischer Bedürfnislage, ganz unterschiedlich definieren:
1. Das Durchschnittseinkommen kann entweder als arithmetisches Mittel oder als Median (wodurch extrem hohe oder niedrige Einkommen weniger Gewicht haben) berechnet werden. 2. Als Armutsgrenze gelten entweder 50% (WHO) oder 60% (EU) des Durchschnittseinkommens. 3. Bei der Berechnung von Haushaltseinkommen lassen sich unterschiedliche Verfahren anwenden. Die "Faktorierung" von Haushaltsmitgliedern ist notwendig, da je nach Haushaltsgröße ein unterschiedliches Einkommen pro Kopf erforderlich ist, um den gleichen Lebensstandard zu erreichen. Beispiel: ein Zweipersonenhaushalt braucht nicht das doppelte Einkommen eines Einpersonenhaushalts, um das gleiche Versorgungsniveau zu erreichen. Um diesen Sachverhalt zu berücksichtigen, werden Äquivalenzgewichte für verschiedene Haushaltsgrößen festgelegt. Je nach benutzter Äquivalenzskala ergeben sich unterschiedliche Äquivalenzeinkommen.
In Deutschland lag nach der Definition der Europäischen Union (60% des mittleren Einkommens) die Armutsgrenze im Jahr 2003 bei einem Einkommen von 938 Euro pro Monat. 17% der Deutschen haben ein geringeres Einkommen und sind deshalb nach offizieller Ansicht als arm zu betrachten.
Der relative Armutsbegriff liefert Ergebnisse, die zu einer völlig falschen Einschätzung der sozialen Lage führen. Die relative Armut nimmt zu, wenn einige sehr Reiche zuziehen, sonst aber alles gleich bleibt. Umgekehrt nimmt die relative Armut ab, wenn einige Reiche einen Vermögensverlust erleiden oder einfach wegziehen. Beispiel für Niedersachsen: wenn die 17 reichsten Bürger das Bundesland verlassen würden, hätte Niedersachsen 100.000 Arme weniger.
Der Begriff der relativen Armut führt nicht nur zu irreführenden Ergebnissen, sondern er ist selbst irreführend, denn er sagt nichts über die tatsächliche Armut aus, sondern ist in Wahrheit ein Indikator für die ökonomische Ungleichheit in der Gesellschaft. Es ist unredlich, die Begriffe Armut und Ungleichheit miteinander zu vermengen. Wenn sich unsere Einkommen verdoppeln oder verdreifachen sollten, sind dann diejenigen, die 60% des erhöhten Durchschnittseinkommens verdienen, immer noch als arm zu bezeichnen?
Der relative Armutsbegriff liefert zwar unsinnige Ergebnisse, aber er hat den unschätzbaren Vorteil, daß es bei seiner Anwendung immer Arme geben wird. Für die politische Klasse darf es keine Lösung des Armutsproblems geben. Sie benötigt zu ihrer Rechtfertigung eine ewige soziale Frage.
Aus: http://www.mehr-freiheit.de/faq/armut.html#k1 Kopiert mit Genehmigung: http://www.mehr-freiheit.de/gen/impress.html#k2 |