Juncker will Staatspleite verhindern
Ein Schuldenschnitt Griechenlands steht schon länger im Raum. Diskutiert wird über einen Erlass von 50 Prozent. Offiziell wird das von Ländern wie Deutschland zwar zurückgewiesen und nur als „Ultima Ratio“ gesehen. Die deutsche Kanzlerin Merkel etwa fürchtet einen Nachahmungseffekt. Im ZIB2-Interview schloss Euro-Gruppe-Chef Juncker Montagabend sogar einen Schuldenschnitt von mehr als 50 bis 60 Prozent nicht mehr aus. Einen Staatsbankrott will er „mit aller Gewalt“ verhindern.
„Waren nicht schnell genug“
Ein möglicher Schuldenschnitt für Griechenland ist schon länger im Gespräch. Von Regierungen wie Deutschland und Österreich wurde er bisher immer ausgeschlossen, zuletzt galt er maximal als Notfallvariante. Der Vorsitzende der Euro-Gruppe, Luxemburgs Premierminister Jean-Claude Juncker, schloss am Montagabend im ZIB2-Interview einen Schuldenschnitt aber nicht mehr aus.
„Wir reden über mehr“, sagte Juncker auf die Frage, ob man im Falle Griechenlands von einem Schuldenschnitt von 50 bis 60 Prozent rede. Man dürfe aber nicht glauben, dass das genüge. Man müsse vor allem dafür sorgen, dass dies nicht zu Ansteckungsgefahren in der Euro-Zone führt. Juncker will „mit aller Gewalt verhindern“, dass ein Staat der Euro-Zone bankrott geht.
Für den Umgang mit einer derartigen Krise gebe es keine „historische Erfahrung“. Dennoch kritisierte Juncker die Bewältigungsversuche: Die politische Führung in der Krise sei „nicht optimal“ gewesen: „Wir waren nicht schnell genug.“ Die Finanzmärkte könnten rascher reagieren. Juncker forderte daher eine bessere Abstimmung in der Finanz- und Haushaltspolitik.
Größerer Schuldenschnitt für Athen kein Thema
Erst am Montag hatte der griechische Vizeregierungschef Theodor Pangalos betont, dass eine Ausweitung des Schuldenschnitts in Griechenland nicht zur Debatte stehe. Das hätte für die Banken und Pensionsfonds des Landes negative Folgen.
An dem zweiten, mehr als 100 Milliarden Euro schweren Rettungspaket für Griechenland sind private Gläubiger bereits beteiligt. Dabei geht es vor allem um eine Verlängerung der Anleihelaufzeiten, damit das Land mehr Zeit für die Rückzahlung erhält. Durch diesen Tausch von Staatsanleihen in länger laufende Papiere müssen die Banken eine 21-prozentige Wertberichtigung („Haircut“) auf griechische Bonds hinnehmen. Athen sicherte dafür zu, Staatseigentum zu veräußern.
Schuldenschnitt als „Ultima Ratio“
Dennoch gab es auch in den vergangenen Tagen Spekulationen über die Vorbereitung einer möglichen Insolvenz Griechenlands. Zudem wurde berichtet, dass Deutschland Partner wie Frankreich dränge, einen Schuldenschnitt zu akzeptieren. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) fürchtet aber den Nachahmungseffekt und stellt sich in der Öffentlichkeit gegen einen Schnitt: „Wenn wir einem Land sagen, du kriegst die Hälfte der Schulden erlassen, dann kommt gleich der Nächste.“ Ein Schuldenschnitt dürfe deshalb höchstens „Ultima Ratio“ sein, wenn man wirklich vor dem Abgrund stehe.
Auch EZB-Ratsmitglied Marko Kranjec rechnet mit einer Schuldenstrukturierung Griechenlands, nicht aber mit einem Staatsbankrott: „Ich bin mir sicher, dass Griechenland nicht bankrottgehen wird, zumindest nicht in dem Sinne, dass es andere Länder mit in den Abgrund zieht. Eine Umstrukturierung ist jedoch höchstwahrscheinlich und wird bereits diskutiert“, sagte Kranjec gegenüber dem slowenischen Fernsehen: „Der Euro wird überleben.“
Hilfe auch von Nicht-Euro-Ländern gefordert
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Durao Barroso sprach sich inzwischen in der „Bild“-Zeitung (Dienstag-Ausgabe) dafür aus, dass sich nach Möglichkeit alle EU-Staaten - nicht nur die Länder der Euro-Zone - an der Rettung Griechenlands beteiligen sollten: „Ich würde mir wünschen, dass alle Länder Unterstützung leisten, wenn sie die finanziellen Möglichkeiten dazu haben.“ Das liege auch in ihrem eigenen Interesse: „Wenn der Euro wankt, bringt das alle Länder in Schwierigkeiten - auch die mit eigener Währung.“ |