Führende Rohstoffexperten warnen vor einem Rückschlag bei den zuletzt stark gestiegenen Preisen. Eine ähnliche Situation habe es beim Börsencrash der New Economy gegeben.
Wie es in einer Mitteilung der Vereinigung europäischer Konjunkturinstitute AIECE heißt, "besteht bei Rohstoffen, deren Preise sich deutlich von ihren fundamentalen Bestimmungsfaktoren gelöst haben, das Risiko einer sehr ausgeprägten Korrektur". "Die Kursentwicklung der vergangenen Wochen weist einige Charakteristika einer Blase auf", sagte Frédéric Lasserre, Chef-Rohstoffstratege der Société Générale, der FTD auf einer Konferenz des Nachrichtendienstes Dow Jones. Die Aussagen der Fachleute deuten darauf hin, dass der aktuelle Boom bei den Rohstoffen allmählich seinen Höhepunkt erreicht haben könnte. Mitglied der AIECE ist unter anderem das Hamburger HWWA-Institut, das einen wichtigen Rohstoffindex herausgibt. Preise auf sehr hohem Niveau Die "starke Zunahme der Käufe von Finanzinvestoren" habe dazu geführt, dass viele Rohstoffpreise auf einem "im historischen Vergleich sehr hohen Niveau" seien, teilte die Vereinigung mit. Dies habe zu Übertreibungen geführt, obwohl "die erneute Beschleunigung der weltwirtschaftlichen Aktivität" die Preishausse der vergangenen Monate teils stütze. Für die zweite Jahreshälfte und für 2007 sei aber mit einer allmählichen Abflachung der Weltwirtschaft zu rechnen. Entsprechend würden die Rohstoffpreise insgesamt weniger stark steigen. Mit heftigen Turbulenzen sei vor allem in Fällen zu rechnen, in denen sich die Preise von jenem Wert entfernt hätten, der sich durch realwirtschaftliche Daten wie Wirtschaftswachstum rechtfertigen lässt. Silber, Zink, Aluminium und Kupfer seien aus fundamentaler Sicht überbewertet, sagte Lasserre. Dass die Kurse dennoch weiter anziehen, führt der Stratege vor allem auf massive Käufe von Finanzinvestoren zurück: "Diese Anleger sind nicht mehr Trendfolger, sondern Trendsetter." Anzeichen für eine bevorstehende Korrektur sieht er vor allem in den jüngsten Ausschlägen an den Rohstoffmärkten.
Extreme Preissprünge, wie sie zurzeit vor allem an den Basis- und Edelmetallmärkten fast täglich stattfinden, seien an den Rohstoffmärkten meist kurz vor einer herben Korrektur aufgetreten. Bedenklich sei auch, dass Investoren immer mehr auf Randprodukte wie Agrarrohstoffe auswichen, sagte Lasserre. Ähnliches sei kurz vor dem Einbruch der New-Economy-Aktien im Jahr 2000 an den Börsen geschehen: Auch damals hätten immer mehr Anleger ihr Glück in Titeln der zweiten Reihe gesucht. Laut Lasserre könnte ein Rückschlag etwa den Preis von Kupfer "um bis zu 60 Prozent einbrechen lassen". Obwohl der Stratege eine Korrektur erwartet, geht er langfristig von einer Fortsetzung der Hausse aus. "Betrachtet man die Nasdaq zwischen 1998 und 2006, findet man einen klaren Aufwärtstrend. Nur gab es in der Zeit dazwischen zuerst eine Übertreibung und dann eine heftige Abwärtsbewegung." Den Rohstoffmärkten könnte es ähnlich ergehen.
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