https://www.wiwo.de/my/unternehmen/auto/...herzustellen/23088306.html
Auszug:
Gerade durch das E-Auto werden leistungsstärkere und größere Batterien benötigt, die sich auch noch schneller wieder aufladen lassen sollen. Die Autoindustrie verlangt seit jeher eine bessere Batterie als die aktuellen Lithium-Akkus. Was halten Sie von anderen, vermeintlich besseren Batteriekonzepten wie dem Festkörperakku oder Lithium-Luft-Batterien? Die noch fehlenden 25 Prozent Kapazität in den heutigen Lithium-Ionen-Akkus werden wahrscheinlich in den kommenden fünf bis sechs Jahren gehoben werden. Ab etwa 2022 bis 2024 wird sich die Forschung dann völlig auf die neueren Ansätze konzentrieren können und vermutlich auch Erfolge bei der Serienreife erringen. Vorher eher nicht.
Welcher der vielen neuen Ansätze ist der hoffnungsvollste? Beim Festkörperakku, der ja im Kern immer noch ein Lithium-Ionen-Akku ist, wenn auch mit festem Elektrolyten statt des heute üblichen flüssigen, gibt es schon gute Erfolge in den Laboren. Ich denke, der Festkörper wird kommen, wenn auch nicht so schnell, wie manche glauben oder hoffen.
Wie lange wird es bis zur Serienreife im Auto dauern? Da gibt es zahlreiche Unwägbarkeiten. Aber ich gehe davon aus, dass es noch fünf Jahre dauern wird, bis der Festkörper im Labor in allen relevanten Kriterien die heutige Lithium-Ionen-Batterie (LIB) schlägt: also bei Energiedichte, Langlebigkeit, Leistung und Wiederaufladbarkeit. Weitere fünf Jahre wird es dann dauern, bis die Hersteller den Vorsprung der aktuellen LIB auch in der Produktion der Zellen aufholen. Also frühestens 2025, wahrscheinlich aber erst in zehn Jahren, wird ein Festkörper anfangen, die aktuelle Technik im Serienauto zu verdrängen.
Und die ganz neuen Ansätze, also zum Beispiel Lithium-Luft? Da ist es völlig unseriös, eine klare Zeitprognose zu erstellen. Beim Festkörperakku sind wir am Übergang von Grundlagen- zu Anwendungsforschung. Bei den anderen Batteriekonzepten ist alles noch pure Grundlagenforschung.
Die heutigen E-Autos sind noch relativ teuer. Autohersteller und ihre Kunden erhoffen sich von besserer Akkutechnologie nicht zuletzt günstigere Preise. Ist diese Hoffnung gerechtfertigt? Ja und nein. Die Verkaufspreise der Elektroautos werden meiner Meinung nach nicht nachhaltig unter denen heute vergleichbarer Verbrenner liegen; das liegt einfach an der Akkutechnik, die, wie auch immer sie aussehen wird, eine teure Technologie bleiben wird. Aber: Ab 2025 werden wir autonome Fahrzeuge bekommen, die nicht mehr von Einzelpersonen oder Firmen gekauft, sondern per Smartphone-App bei Bedarf geordert werden. Carsharing, Autonomes Fahren und Elektro gehören untrennbar zusammen; alle drei sind Teiltrends eines großen Umbruchs. Das E-Auto hat für autonome und Sharing-Autos viele Vorteile gegenüber Verbrenner oder Brennstoffzelle, was seine Verbreitung beschleunigen wird. Dadurch wird Mobilität je gefahrenen Kilometer billiger, nicht aber die Autos selbst.
Asiatische Konzerne wie Samsung SDI, Panasonic und LG Chem dominieren die Herstellung der Batteriezellen. Europas Autoindustrie droht in eine gefährliche Abhängigkeit von seinen Zell-Zulieferern zu geraten. Die Politik hier zu Lande fordert daher mit Nachdruck den Aufbau einer eigenen Zellfertigung, die Autoindustrie sträubt sich wegen der hohen Kosten. Ist es realistisch, einen neuen Zellhersteller aufzubauen, der konkurrenzfähig mit den aktuellen Marktführern wäre? Ja, das geht. Es dauert einige Jahre und kostet einige Milliarden Euro, aber machbar ist das. Je länger man aber damit abwartet, desto teurer wird es. Wenn Europa in einigen Jahrzehnten weiterhin Autos verkaufen will, dann sollte es jetzt anfangen, Batteriezellen herzustellen. |