Der folgende Artikel widmet sich der Angst der großen deutschen Banken, dass sie ihre vielen geplanten Neuemissionen nicht mehr an den Mann bringen können, weil ihnen zuvor ein Markteinbruch um mehr als 10 % die Tour (und den Anlegern die Stimmung) vermasselt.
Klar, dass Banken, die auch im Emissionsgeschäft tätig sind, daher gern mit überhöhten Kurszielen für den DAX hantieren. Dax 6000, Dax 7000, darf es noch ein wenig mehr sein?
Klar ist weiterhin, dass dies eine bewusste Lüge ist, die ihrem eigenen Vorteil dient.
Denn nur wenn der gegenwärtige Optimismus mit überhöhten Kurszielen "bei Laune" gehalten wird, können sie ihre - für sie - lukrativen Neuemissionen überhaupt verkaufen. Das Ganze nennt sich auch Zweckoptimimus - in diesem Fall sogar wider besseres Wissen!
FTD, 22.2.06 Korrekturangst treibt Firmen an die Börse von Mark Böschen, Frankfurt
Investmentbanker erwarten wegen der Rally am Aktienmarkt eine Flut von Börsengängen im ersten Halbjahr - mit großem Andrang vor allem im zweiten Quartal. Berater erwarten 15 Neulinge im ersten Halbjahr.
"Wir haben eine sehr volle Pipeline für das zweite Jahresviertel", sagte Georg Hansel, Co-Leiter Aktienkapitalmarkt der Deutschen Bank. Im ersten Halbjahr könne es bis zu 15 Börsengänge mit einem Emissionsvolumen von jeweils ab 50 Mio. Euro geben, davon zwei oder drei noch im ersten Quartal. 2005 waren 14 Unternehmen an die Börse gegangen, Emissionsvolumen insgesamt: 4 Mrd. Euro.
Die US-Investmentbank Lehman Brothers erwartet 2006 ungefähr 25 Platzierungen im gehobenen Börsensegment Prime Standard. "Der Emissionsmarkt wird in guter Verfassung bleiben, wenn der Gesamtmarkt nicht um mehr als zehn Prozent zurückgeht" , sagte Jerry McConnell, Lehmans Co-Leiter Investmentbanking Deutschland.
Doch gerade eine solche Kurskorrektur um mehr als zehn Prozent halten etwa die Strategen von Morgan Stanley in Europa für wahrscheinlich. Seit Herbst 2005 ist der Dax um fast 1000 Punkte bis am Dienstag auf 5801,04 Zähler gestiegen. Viele Strategen erwarten einen Rückschritt, die Commerzbank sieht den Dax Ende 2006 bei 5550 Punkten. Andere Banken trauen dem Kursbarometer dagegen den Sprung über 6000 Punkte zu.
Schneller Börsengang ideal
"Glaubt man den Strategen, sollten Kandidaten den Börsengang zügig in Angriff nehmen", sagte Klaus Hessberger, Leiter des deutschen Aktienemissionsgeschäfts bei JP Morgan. Für Unternehmen wäre wegen der guten Börsenstimmung eine Neuemission bis Mitte April ideal, sagte Julie Teigland, Partnerin beim Wirtschaftsprüfer Ernst & Young: "Wegen der Vorbereitung werden es viele aber erst im zweiten Quartal schaffen."
Noch 2005 trug die Delle im Aufwärtstrend im November zur Senkung der Preisspanne bei Praktiker bei - eine von nur drei Emissionen über mehr als 500 Mio. Euro. Deutlich über dieser Marke wird dagegen jetzt die Emission von Wacker Chemie gesehen, die in Finanzkreisen bis Mitte Mai erwartet wird. Über der Marke läge auch Air Berlin. Die Fluglinie prüft derzeit einen Börsengang und wird dabei wie Wacker Chemie von Morgan Stanley beraten und zudem von der Commerzbank, heißt es. Ein Debüt des Fachverlags Springer Science+Business Media gilt dagegen als unwahrscheinlich.
Die Volumina anderer Kandidaten sind deutlich kleiner. ItN Nanovation peilt zum Mai eine Emission im mittleren zweistelligen Millionenbereich an, sagte eine mit den Plänen vertraute Person. ItN produziert nicht haftende Oberflächen und Filter für Kraftwerke, Kläranlagen oder Herdplatten. Konsortialführer: Commerzbank und HypoVereinsbank.
Frühestens im zweiten Quartal könnte der Solarspezialist Solarwatt kommen. "Der Börsengang ist eine Option für uns", sagte Finanzchef Falk Sand. Das seit 1998 profitable Unternehmen hat 2005 mehr als 100 Mio. Euro umgesetzt, nach 76 Mio. Euro im Jahr zuvor. Frisches Geld kann Solarwatt gebrauchen: Der Solarmodulanbieter nehme Bank- und Leasingverpflichtungen in Kauf, um mit dem Cashflow aus dem operativen Geschäft Vorprodukte zu kaufen, sagte Sand.
Der Internet-Reifenverkäufer Delticom gilt in Finanzkreisen ebenfalls als Kandidat für das zweite Quartal und wird geführt von Dresdner Kleinwort Wasserstein (DrKW) und Lehman Brothers. Zudem wolle vor der Fußball-WM Sportwettenanbieter Bet 3000 mit Hilfe von Morgan Stanley und Commerzbank an die Börse, heißt es. Bis Anfang April strebt das Softwareunternehmen Magix sein Börsendebüt an, betreut von DrKW, sagen eingeweihte Kreise. Außerdem prüfe Smartrac einen Börsengang, heißt es. Deutsche Bank und UBS beraten den von deutschen Ingenieuren gegründeten Anbieter von per Funk lesbaren RFIC-Chips, der seine Zentrale in Amsterdam und die Produktion in Thailand hat. Finanzkreise erwarten 100 Mio. bis 150 Mio. Euro Emissionsvolumen.
Der deutsche Anbieter von mobilen Navigationsgeräten Navigon prüft ebenfalls sein Börsendebüt. In Finanzkreisen wird mit einer Emission im September und einem Volumen von mehr als 100 Mio. Euro gerechnet. "Juni wäre bei einem idealen Ablauf aller Parameter möglich", sagte ein Insider. |